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Schrecken der Nacht

Schrecken der Nacht

Titel: Schrecken der Nacht
Autoren: Jason Dark
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hatte.
    Bevor er den letzten Schritt ging, setzte er das Kreuz noch einmal kurz auf. Er schaute über den rechten Querbalken hinweg genau in das Gesicht des Vampirs.
    Eros grinste ihn an. So überheblich, so kalt und einfach nur widerlich.
    »Da!« schrie der Mönch.
    Er stieß die rechte Hand gegen die Kreuzmitte, und der schwere Gegenstand kippte nach vorn. Wenn der Vampir hätte ausweichen wollen, dann hätte er es genau in dieser Zeitspanne tun müssen. Nur dachte er nicht daran. Er fing das kippende Kreuz ab wie einen guten Freund, legte seine Arme über die beiden Querbalken und lachte...
    ***
    Es war ein Gelächter, das Radescu überfallartig traf. Damit hatte er nicht gerechnet. Dieses verdammte Lachen und auch die Tatsache, daß der Blutsauger sein Kreuz als Stütze benutzte, anstatt durch es vernichtet zu werden, ließ eine Welt für ihn zusammenbrechen. Das Bild allein jagte ihm einen Schrecken ein, denn das Lachen blieb, es war die pure Verhöhnung dessen, an das der Mönch in seinem bisherigen Leben geglaubt hatte.
    Das Feuer brannte auch jetzt noch. Die Flammenzungen streckten sich, sie huschten hin und her und schufen ständig neue Schattengestalten, als wären sie Leibwächter für den Vampir, der auch weiterhin das Kreuz als Stütze benutzte.
    Er hatte seinen Spaß. Er freute sich. Er ließ den Mönch nicht aus den Augen, und er merkte auch, daß für Radescu eine Welt zusammengebrochen war.
    »Nun, Mönch?« höhnte er. »Was ist jetzt geschehen? Was denkst du? Wie steht es jetzt um deine weiteren Pläne? Hast du nicht versucht, mich zu erledigen? Hast du nicht alles eingesetzt? War dein Leben nicht darauf fixiert, den Schrecken der Nacht zu vernichten?«
    Radescu hörte jedes Wort so überaus klar. Es traf ihn. Es waren Hammerschläge, die ihn erwischten und ihn praktisch in die Knie sacken ließen. Er fühlte sich verloren und zugleich verbittert, und er mußte leider zugeben, daß Eros nicht gelogen hatte.
    Es stimmte. Er hatte sich so viel vorgenommen. Er hatte alles genau geplant, er hatte sich mit dieser schrecklichen Gestalt beschäftigt und mußte nun einsehen, sich geirrt zu haben. Er hatte alles falsch gemacht. Er hatte vieles übersehen, und er fühlte sich wie weggetragen. Es war ihm auch nicht möglich, Eros eine Antwort zu geben, denn das Bild vor ihm hatte ihn sprachlos gemacht. So etwas durfte es nicht geben. Das stellte alles auf den Kopf. Ein Vampir, der ein Kreuz als Stütze benutzte, anstatt von ihm vernichtet zu werden.
    Im Schein der Flammen sah er noch schauriger aus. Die Schatten huschten auch über das Kreuz hinweg, so daß es aussah, als würde es sich bewegen.
    Plötzlich war seine Kehle frei. Nichts hielt mehr seine Stimme zurück. Die Worte mußten einfach heraus. »Teufel!« brüllte er dem Blutsauger ins Gesicht. »Du... du... bist ein Teufel!«
    Eros zeigte sich amüsiert. »Bin ich das?« höhnte er. »Bin ich das wirklich?« Er lachte jetzt und öffnete seinen Mund so weit wie möglich. Bisher hatte er sich damit zurückgehalten, nun schaute der Mönch zum erstenmal auf dieses weit geöffnete Maul, und er sah auch die beiden Zahnreihen unten und oben.
    Und er sah noch etwas!
    Zwei spitze Hauer, die aus dem Oberkiefer ragten und dabei leicht gebogen waren. Das Zeichen für den Vampir. Genau der Beweis, daß er es mit einem Blutsauger zu tun hatte, der trotzdem das Kreuz umklammert hielt und nicht verbrannt wurde.
    Hier stimmte etwas nicht. Hier waren alte Gesetze auf den Kopf gestellt worden. Das eine Wort rutschte ihm beinah wie von selbst über die Lippen.
    »Warum?«
    Eros hatte die Frage gehört und richtete sich auf. »Warum?« höhnte er und faßte das Kreuz jetzt anders an. Er drückte seine Hände unter den Querbalken. »Weißt du es nicht? Hast du dich nicht mit mir beschäftigt? Hast du nicht versucht, alles über mich zu erkunden, Mönch?«
    »Ja, schon, aber...«
    »Das ist aber wichtig. Du hast nicht alles über mich erfahren, und deshalb wirst du auch verlieren. Heißt es nicht bei Goethe »Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust«? Kennst du es? Ich gehe davon aus. Daher solltest du nachdenken.«
    »Zwei Seelen?«
    »Ja.«
    »Welche?«
    Eros lachte. »Du wirst es nie herausfinden, Mönch. Nie mehr. Ich gebe dir recht, dieser Ort hier ist ein guter Platz zum Sterben, aber nicht ich werde hier meinen Tod finden, sondern du. Und die Nachwelt wird erkennen, daß es nicht gut ist, wenn sich Menschen um Dinge kümmern, die sie nichts angehen.«
    Radescu
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