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Schottisches Feuer

Titel: Schottisches Feuer
Autoren: Monica Mccarty
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wusste, wie viel ihn diese Worte kosteten.
    »Warum sollte ich dir helfen? Ich dachte, ich hätte dich verraten.« Sie konnte nicht verhindern, dass ein Hauch Bitterkeit in ihrer Stimme mitschwang.
    In seiner Miene regte sich nichts. »Und ich dachte, du hättest das Gegenteil behauptet«, gab er herausfordernd zurück.
    Kraftlos sackte er nach hinten und sank zu Boden, doch sie machte keine Anstalten, ihm zu helfen. Jede Spur Mitleid, die sie möglicherweise empfand, weil sie auf ihn geschossen hatte, verblasste angesichts der Gefahr, die seine Rückkehr darstellen konnte. Er hatte sie schon einmal beinahe vernichtet, und er würde niemals die Gelegenheit bekommen, es wieder zu tun.
    Und nun war es nicht mehr nur allein ihr Leben, das auf dem Spiel stand.
    Ihre Augen wurden schmal. »Jetzt willst du mir also zuhören?« Sie lachte schroff. »Dafür bist du zehn Jahre zu spät. Du hättest niemals zurückkommen sollen, Duncan. Das Einzige, was auf dich wartet, ist eine Schlinge. Und ich werde mit Freuden dafür sorgen, dass man sie dir um den Hals legt.«

Kapitel 2
    Zehn Jahre früher
Stirling Castle, Stirlingshire, Spätsommer 1598
    Vielleicht würde das hier gar nicht so schlimm werden.
    Jeannie Grant stand zwischen ihrem Vater und ihrer Tante in der Mitte des großen Saals von Stirling Castle und spürte, wie sich ihre Anspannung in Schultern und Nacken allmählich löste. Eine kurze Weile später ertappte sie sich sogar dabei, dass sie einen der Höflinge, denen sie vorgestellt wurde, anlächelte – wirklich anlächelte –, und sie stellte fest, dass sie sich tatsächlich amüsierte.
    Hatte sie sich umsonst Sorgen gemacht?
    Als ihr Vater, der Chief of Grant of Freuchie, darauf bestanden hatte, dass sie ihn begleitete, wenn er der Vorladung von King James nachkam, hatte sie sich gesträubt, da sie das Schlimmste befürchtete. Heimliche Blicke. Verstohlene Bemerkungen. Geflüster, das sie verfolgte wie damals, als sie noch ein Mädchen gewesen war.
    Doch seit ihre Mutter in Ungnade gefallen war, waren acht Jahre und viele, viele Skandale ins Land gegangen. So unausweichlich wie die Morgendämmerung waren neue Unglücke am Horizont aufgetaucht und hatten ihren Platz eingenommen. Tatsächlich sprach bei ihrer Ankunft die ganze Burg über eine Hofdame der Königin, die in Schande vom Hof verbannt worden war.
    Jeannie wusste nichts über die näheren Umstände, doch sie könnte niemals Vergnügen am Leid eines anderen empfinden. Ihr halbes Leben hatte sie im Schatten des Skandals ihrer Mutter gelebt. Janet Grant war mit einem »verdammtenEngländer« (für ihren Vater waren die beiden Wörter untrennbar verbunden) durchgebrannt, als Jeannie gerade neun Jahre alt war.
    Sie hatte nur allzu deutlich am eigenen Leib erfahren, wie Klatsch und Skandale jeden, den sie berührten, ins Elend stürzten – sogar die Unschuldigen. Ganz besonders die Unschuldigen.
    Da ihr Vater und ihre Tante gerade in eine Unterhaltung mit einem alten Bekannten vertieft waren, nutzte Jeannie den freien Augenblick, um tief durchzuatmen. Neugierig sah sie sich in dem riesigen, funkelnden Saal um, der bis unter die hölzernen Dachsparren mit farbenprächtig gekleideten Höflingen vollgestopft war – ein wahrer Augenschmaus aus Samt und Seide. Um ihre Mundwinkel zuckte es. So viel zu der »kleinen Gesellschaft«, die ihr Vater versprochen hatte.
    Immer noch darauf wartend, ihren ersten Blick auf King James und Queen Anne werfen zu können, sah sie zu der Menschenmenge am anderen Ende des Saales hinüber. Doch bisher hatte sie noch keine Lücke in der seidenen Mauer aus den Reifröcken und Pluderhosen der Höflinge entdecken können, die das schottische Königspaar umringten.
    Über dem lauten Stimmengewirr vernahm sie schwach die sanften Klänge der Laute und die bewegende Melodie von »Greensleeves«, ihrem Lieblingslied – auch wenn es von einem Engländer geschrieben worden war. Die vertrauten Worte klangen ihr durch den Kopf:
    O weh, mein Lieb, tust Unrecht mir,
grob fortzustoßen mich im Streit.
So lange hielt ich treu zu Dir
voll Glück an Deiner Seit.
    Sie wedelte sich mit dem Fächer ein paarmal vor den geröteten Wangen, um Bewegung in die stehende, warme Luft zu bringen. Vier gewaltige Kronleuchter hingen von der Decke, beladen mit Unmengen von Kerzen, die einen magischen Schimmer über den Raum warfen. Doch so schön all diese Kerzen auch waren, sie heizten den Raum auf. Und die Hitze und der Lärm trugen nur noch zu dem Gefühl der
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