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Julius Lawhead 2 - Flammenmond

Julius Lawhead 2 - Flammenmond

Titel: Julius Lawhead 2 - Flammenmond
Autoren: Pax Rebekka
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KAPITEL 1
    In der kleinen Werkstatt war es still geworden.
    Ambers Augen taten weh, von den Fingern ganz zu schweigen. Aber sie wollte den Bilderrahmen heute um jeden Preis fertigstellen. Er war mit Abstand die beste Arbeit, die sie in ihrer Zeit als Vergolderin je abgeliefert hatte. Die Figuren, die den Rahmen zierten, hatte sie in tagelanger Feinarbeit neu modelliert und in die alten Ornamente eingefügt. Jetzt galt es nur noch, die letzten matten Stellen mit Achat zu polieren, bis das neu aufgetragene Blattgold glänzte, als sei es massives Edelmetall.
    Wieder einmal hielt Amber inne, legte den Polierstein aus der Hand und bewegte die verkrampften Finger. Da klopfte es leise an der Tür.
    »Ja bitte?«
    »Ich bin es, wollte mal sehen. ob du nicht schon vor Erschöpfung zusammengeklappt bist.« John Lapiccola schob seinen Kopf durch den Türspalt. Er sah aus, als sei er mit ­einem Sack Mehl zusammengestoßen. Seine grauen Haare und auch der Bart waren durch den Kalkstaub noch eine Nuance heller geworden. Würziger, weicher Kaffeeduft wehte in den Raum, und Amber war sofort bei der Tür, um sie für ihren Chef zu öffnen. Er reichte ihr einen der dampfenden Becher und rieb die schwielige Hand an seiner Arbeitsschürze ab, wo sich der Kaffeefleck in Dutzenden anderen verlor.
    »Oh, danke. Genau den habe ich jetzt gebraucht.« Der Kaffeeduft weckte Ambers Lebensgeister. Doch sobald John näher an die Werkbank trat, wurde sie nervös.
    »Ich bin noch nicht ganz fertig, John.«
    »Natürlich bist du fertig, fertiger geht es nicht!« Er strich sich über den dichten grauen Bart, rückte dann seine Brille zurecht und beugte sich über den Rahmen. »Das hier ist hervorragende Arbeit, Amber Connan, aber das muss ich dir nicht sagen, nicht wahr? Unser Auftraggeber wird mehr als zufrieden sein.«
    »Danke«, antwortete sie erleichtert und spürte, wie sie rot wurde.
    »Wüsste ich nicht, welche Teile ergänzt wurden, ich könnte es beim besten Willen nicht unterscheiden. Womit wir bei einer anderen Sache wären. Hast du schon was für das Wochenende geplant, Amber?«
    Amber sah ihn irritiert an. Seit wann interessierte sich John dafür, wie sie ihre freien Tage verbrachte?
    Unweigerlich drifteten ihre Gedanken zu Julius. Mit ihrem Vampirfreund konnte sie mit Sicherheit nichts unternehmen, die Gesetze seines Clans wurden auch für gelangweilte Partnerinnen nicht gelockert. Julius hatte gegen einen Befehl seines Meisters verstoßen und war deshalb auf unbestimmte Zeit in einen Sarg eingesperrt worden. Freunde hatte sie so gut wie keine. »Nein, ich hab nichts vor.«
    »Erinnerst du dich, worüber wir vor einer Weile gesprochen haben? Dass du gerne auch Skulpturen restaurieren würdest?«
    Amber stockte der Atem. Das war ihr großer Traum, seit jeher. »Ja sicher.«
    »Wenn du mir über das Wochenende ein paar aussagekräftige Tonmodelle anfertigst, können wir darüber reden. Ich habe am Montag einen Besichtigungstermin. Meine ­alten Hände machen da leider nicht mehr mit, aber wenn du mir etwas lieferst, das mich überzeugt …«
    Amber fiel ihrem Chef um den Hals. »Oh, das wäre Wahnsinn!«
    »Dann nimm dir eine Packung von dem feinen weißen Ton mit und was du an Werkzeug brauchst, und dann ab mit dir nach Hause.«
    Amber war schon beim Werkzeugschrank, bevor John zu Ende gesprochen hatte. »Was soll ich machen?«, fragte sie ohne aufzusehen und suchte ein Sortiment Spatel zusammen.
    »Stell dich auf barocke Sakralkunst ein und überrasche mich.«
    »Eine Hand?«
    »Zum Beispiel«, lachte John und prostete ihr mit dem Kaffeebecher zu. »Dann wünsche ich dir ein schönes Wochenende. Ich mache mich auf den Heimweg. Wir sehen uns Montag.«
    »Ja, ja, danke, gleichfalls.«
    Amber hörte, wie er die Werkstatt verließ, und atmete tief durch. Sobald sie alleine war, stieß sie einen Jubelschrei aus und hüpfte ausgelassen durch den Raum. Endlich! Endlich bekam sie die Chance, auf die sie so lange gewartet hatte!
    »Glückwunsch!« , tönte plötzlich eine vertraute Stimme durch ihre Gedanken und erzeugte dabei einen Widerhall wie in einer Kathedrale.
    Amber erschrak. »Verdammt! Wie lange hast du schon gelauscht?«
    »Lange genug, um zu wissen, dass du einen Klumpen Ton meiner Gesellschaft vorziehst.«
    »Du bist unfair, Julius.«
    Ihr Vampirfreund schickte Amber eine Erinnerung an sein Lachen. »Ich freue mich für dich, ich freue mich wirklich. Aber versprich mir, dass du dich nicht bei deiner Mom in Silverlake versteckst,
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