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Schönbuchrauschen

Schönbuchrauschen

Titel: Schönbuchrauschen
Autoren: Dietrich Weichold
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zum Straßenrand vor.
    »Nichts Auffälliges, gar nichts«, stellte er fest. »Ein paar kleine Fetzchen von Vespertüten und Schokoladenpapier. Dass das was bringt, glaube ich absolut nicht.«
    An den glatten Pfosten der Überdachung waren Fingerabdrücke zu finden, aber gleich wieder so viele, dass der Erfolg einer Auswertung zu bezweifeln war.
    »Wenn ich hier jemanden umbringen würde, würde ich da sowieso nicht mit bloßer Hand hinfassen.«
    »Und ich würde hier keinen Müll zurücklassen«, sagte der andere mit einem schiefen Blick auf Kommissar Merz.
    »Wenn er überhaupt umgebracht wurde, dann vielleicht gar nicht hier«, fügte er noch hinzu.
    »Das sehe ich anders«, widersprach ihm Merz. »Bis zum nächsten Parkplatz sind es fast drei Kilometer, so weit hat den niemand hergeschleppt. Und ich halte es für absolut unmöglich, dass man den Toten mit dem Auto hergebracht hat. Das Risiko wäre auf diesen gesperrten Sträßchen viel zu groß.«
    »Dann hoffen wir mal, dass uns die Rechtsmediziner sagen, dass er einfach gestorben ist oder wenigstens selbst Schluss gemacht hat. Dann sind wir ihn los.«
    »Das würde Ihnen so passen«, sagte Merz gereizt, der eigentlich auch nicht erwartete, dass sich aus diesem Müll ein Hinweis ergeben würde. Doch er hatte für Gründlichkeit zu sorgen. Und das hieß eben auch, ekelhafte Objekte zu sichern, auch wenn man ihnen zunächst gar keine Bedeutung beimaß.
    »Ich bringe Sie zu den Waldarbeitern. Steigen Sie bei mir ein«, sagte Schroeder zu Schnaidt und ging auf seinen Jeep zu. Sein Hund, der immer noch angebunden war, fing laut an zu bellen.
    »Oh, den hätte ich jetzt fast vergessen. Das ist mir ja noch nie passiert.«
    Der Hund wedelte aufgeregt mit dem Schwanz und sprang an ihm hoch. Schroeder schnallte ihn los.
    »Geh zum Auto. Platz!«
    Der Hund lief geradewegs zu Schroeders Jeep, setzte sich und schaute seinem Herrn erwartungsvoll entgegen.
    »Den haben Sie gut abgerichtet«, sagte Schnaidt anerkennend.
    »Er ist nicht immer so folgsam. Aber wenn er merkt, dass er im Auto mitfahren darf, dann hört er aufs Wort. Er ist noch jung und sehr verspielt.«
    Schroeder hatte seinen Sitz noch nicht vorgeklappt, da versuchte der Hund schon, sich zwischen der Rückenlehne und dem Türholm durchzudrängeln.
    »Ruhig, Arno«, sagte Schroeder und machte ihm den Weg frei. Der Hund setzte sich auf den Rücksitz. Kaum hatte Schnaidt sich auf den Beifahrersitz gesetzt, spürte er die nasse Hundeschnauze in seinem Genick. In einem Reflex zog er den Hals ein, und die Hundezunge feuchtete seinen Haaransatz an.
    »Arno, Platz«, sagte Schroeder scharf, der diese Annäherung aus dem Augenwinkel beobachtet hatte. Der Hund legte sich und winselte.
    Als Schroeder anfuhr, schaute Schnaidt aus dem Fenster und überlegte.
    »Ich fände das schon absolut dreist, jemand gerade hier unten umzubringen. Da kann doch jederzeit einer vorbeikommen. Vielleicht ist es doch kein Mord.«
    »Ich halte das nicht für unmöglich«, meinte Schroeder. »In dieser Jahreszeit kommt hier in der Woche so gut wie niemand vorbei. Außer meinen Arbeitern sehe ich manchmal tagelang keinen Menschen hier unten. Samstags und sonntags ist das natürlich anders. Da kommen die Rentnerscharen mit ihren Stöcken. Aber zurzeit ist es sehr ruhig hier.«
    »Und wer weiß das?«
    »Gute Frage. Da muss jemand die Gegend gut kennen.«
    »Stimmt. Und das wäre schon einmal ein Anhaltspunkt: Wir suchen jemanden, der eine konkrete Vorstellung davon hat, wie einsam es an Novemberwochentagen im Goldersbachtal ist.«
    Der Hund setzte sich wieder auf und streckte seinen Kopf zwischen Schnaidt und Schroeder nach vorne. Schroeder gab ihm einen kleinen Klaps.
    »Platz, Arno. Platz.«
    Der Hund protestierte winselnd, drehte sich einmal um seine eigene Achse und legte sich wieder hin. Als der Jeep anhielt und Schroeder ausstieg, kam er sofort hoch, drängelte sich zwischen den beiden Rückenlehnen durch und sprang ins Freie.
    Vor ihnen lag ein weiter Kahlschlag, der zum Mischwald aufgeforstet wurde. Ein paar Arbeiter waren damit beschäftigt, junge Bäume gegen Wildverbiss zu schützen, indem sie jeder einzelnen Pflanze eine Hose aus Maschendraht anzogen.
    »Wo ist der Kehgreiß Heiner?«, fragte Schroeder einen jungen Azubi.
    »Weiter oben, wo sein Auto steht.«
    Sie brauchten nicht lange zu gehen. Der Gesuchte hatte offensichtlich in seinem Abschnitt die Arbeit erledigt und kam ihnen entgegengefahren. Er hielt an und öffnete das
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