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Schock

Titel: Schock
Autoren: Hunter Evan
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hing an einem Haken hinter der Bar; als Buddwing auf ihn zutrat, schaute er hoch, grinste freundschaftlich und sagte: »Was soll's denn sein?«
    »Was ist denn noch da?«
    »Schinken. Oder Käse mit Schinken. Bier oder Soda.«
    »Dann hätte ich gern ein Bier und zwei Schinken«, sagte Buddwing.
    »Braut oder Bräutigam?« fragte der Mann und drehte sich nach dem Bierfässchen hinter der Bar um.
    »Im Grunde beide«, sagte Buddwing.
    »Oh, Sie kennen beide, wie?« fragte der Mann und schenkte ein Glas Bier ein.
    »Mhm«, sagte Buddwing.
    »Rosie ist meine Cousine«, sagte der Mann.
    »Nettes Mädchen«, erwiderte Buddwing.
    »Wem erzählen Sie das? Ich kannte sie schon, als sie noch mit nassen Windeln herumlief. Und nun ist so also schon verheiratet!« Der Mann lachte. »Zwei Schinken, ja?« fragte er und stellte das Glas Bier auf die Bar. »Sind Sie aus dieser Gegend?«
    »Nein«, sagte Buddwing.
    »Dachte ich mir. Ich bin auch nicht von hier. Praktisch nicht von hier, meine ich. Ich bin aus Brooklyn. Aber sehen Sie meine Frau wohnte hier. Und als wir dann heirateten, sind wir hängen geblieben.«
    »So«, sagte Buddwing.
    »Wir wurden in der Kirche an der Hundertfünfzehnten getraut. Meine Mutter war völlig fertig, das können Sie mir glauben. Sie mußte den ganzen Weg von Brooklyn herüberkommen, wissen Sie – es hat ihr gereicht.«
    »Das kann ich mir denken«, sagte Buddwing lächelnd. »Meine Schwiegereltern wohnen in Mount Kisco; jedes größere Familienereignis findet natürlich bei ihnen statt.«
    »Natürlich«, sagte der Mann, griff in den großen Pappkarton hinter der Bar und reichte Buddwing zwei Sandwiches in Wachspapierbeuteln. »Aber es ist ja auch richtig so, nicht?«
    »Sicher«, sagte Buddwing und nahm einen Schluck Bier.
    »Das Bier ist gut.«
    »Noch nicht zu warm?«
    »Nein, gerade richtig.«
    »Ist nicht mehr viel im Fass. Aber wir machen auch bald Schluß. Sehen Sie sich die beiden Verrückten an! Sie sind immer noch nicht weg.«
    Buddwing schaute zur anderen Seite des Saals hinüber, wo Braut und Bräutigam sich unter den Gästen bewegten, Glückwünsche entgegennahmen und kleine weiße Schachteln mit Zuckermandeln verteilten. Wie bei der Hochzeit in Mailand, dachte er; doch dann verdrängte er Mailand aus seinen Gedanken.
    »Ist Ihnen nicht gut?« fragte der Mann hinter der Bar.
    »Wieso?«
    »Sie zwinkern dauernd mit den Augen.«
    »Ich habe ziemliche Kopfschmerzen, das ist alles.«
    »Warum essen Sie dann nicht? Vielleicht sind Sie nur hungrig.«
    »Ja, das bin ich.«
    »Also los, setzen Sie sich da drüben hin und essen Sie.«
    »Danke«, sagte Buddwing.
    »Und Sie fühlen sich wirklich nicht schlecht?«
    »Nein, danke.«
    »Ich meine, wenn Sie sich schlecht fühlten – sehen Sie den Mann da im blauen Anzug? Das ist Doktor Solomon; er hat Rosie zur Welt gebracht. Für den Fall, daß Ihnen nicht gut ist.«
    »Nein, danke, es geht schon wieder.«
    »Nun, dann setzen Sie sich trotzdem, ja? Sehen ein bißchen grün aus um die Kiemen.«
    »Okay, danke«, sagte Buddwing, nickte und ging von der Bar zu einem Tisch am hinteren Ende des Saales. Die Kapelle spielte Vicino il Mare, eine Mandoline führte die Melodie, begleitet von Klavier, Schlagzeug und Trompete. Irgendwer warf dem Bräutigam eine anzügliche Bemerkung zu; der junge Mann lachte laut auf, die Braut stand sittsam errötend daneben. Italienische Laute erfüllten die Luft ringsum, übertönt vom Pizzicato der Mandoline, von sprödem, hellem Lachen, vom einladenden Lärm der Festgäste. Der Mann hinter der Bar hatte gesagt, daß er ein wenig grün um die Kiemen aussähe; jetzt, da er einen Stuhl zum leeren Tisch rückte, fühlte er sich in der Tat matt, als wollten seine Knie jeden Augenblick nachgeben. Sie waren am Spätnachmittag im letzten Sommer in diese Mailänder Hochzeit geraten, als sie nach der erstickenden Hitze auf dem Dach des Domes eine Bar suchten. Auf dem Dach hatte er auf eines der steingemeißelten Engelsgesichter gezeigt und gesagt: »Sieht jemandem ähnlich, den ich gut gekannt habe.« Und Grace, den Rücken zur Sonne, ihr helles Leuchten im Haar, Metall auf Metall, hatte erwidert: »Du siehst auch jemandem ähnlich, den ich gut gekannt habe.«
    Er nahm ein Sandwich aus der Wachspapiertüte und biss hinein. Es war trocken, keine Butter, kein Salat, zwei magere Schinkenscheiben auf mehligem Brot. Er spülte den Bissen mit einem Schluck Bier hinunter. Die Kapelle spielte ein Potpourri italienischer Schlager, Torna
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