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Schneller als der Tod erlaubt. Ein Rettungssanitäter berichtet

Schneller als der Tod erlaubt. Ein Rettungssanitäter berichtet

Titel: Schneller als der Tod erlaubt. Ein Rettungssanitäter berichtet
Autoren: Georg Lehmacher
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würde, und ich hatte mich daraufhin an der Fachhochschule eingeschrieben. Ich wollte Grafik-Designer werden und freute mich auf das Studium und das Miteinander mit anderen Studenten. Doch kaum hatte das Semester begonnen, lag ein graues Amtsschreiben in meinem Briefkasten. Die Einberufung. Und wieder umdenken und Pläne ändern … All die schönen Zukunftsentwürfe zurückstellen und erst einmal Rettungsdiensthelfer werden. Immerhin fühle ich mich als Zivildienstleistender bei einer Rettungswache nicht als »Drückeberger«, wie Zivis gern mal bezeichnet werden. Ein Mitarbeiter im Rettungsdienst trägt Verantwortung …
    Die letzten Wochen war ich ein paarmal aus dem Schlaf aufgeschreckt, als ein Martinshorn die Stille der Nacht durchschnitten hatte. Ob ich den Anforderungen gewachsen sein würde? , hatte ich mich dann immer gefragt.
    Und jetzt saß ich in solch einem Krankentransportwagen, der im Notfall auch mit Blaulicht und Sirene unterwegs wäre.
    Das Langsamerwerden des Wagens holt mich aus meinen Gedanken zurück. »Bayern 33/39, Stadtkrankenhaus an«, höre ich Frank am Funk sagen, die Scheibe ist wieder aufgeschoben. Es klingt lässig, wenn für mich auch noch irgendwie kryptisch. »33 steht für den Leitstellenbereich, 39 ist unsere Wagennummer«, erklärt mir Christian. Im Patientenraum riecht es jetzt doch nach Rauch.
    Als wir aus dem Wagen gestiegen sind und nun auf die Pforte des Krankenhauses zugehen, reicht Christian mir ein paar Formulare. »Wie das mit dem Ausfüllen geht, kannst du dir später in der Wache genauer anschauen«, sagt er. »Nur den Namen, die Adresse und das Geburtsdatum des Patienten trage bitte jetzt gleich ein. Hier links.« Er deutet auf den obersten Zettel.
    »Na, da seid ihr ja!«, ruft uns eine Krankenhausmitarbeiterin zu. »Euer Patient wartet schon. Da vorn im Rollstuhl.«
    »Papiere?«, fragt Christian.
    »Hat er bei sich. Und die braune Tasche müsst ihr mitnehmen.«
    Frank ist schon zu dem älteren Herrn vorgegangen, dem die fehlende Morgensonne an diesem kalten Wintertag aus dem Gesicht zu strahlen scheint. Ob er sich so sehr auf die Rückkehr ins Heim freut?
    »Na, Opa?«, höre ich Frank sagen.
    Trotz dieser respektlosen Begrüßung strahlt der ältere Mann Frank weiter an. Der bemerkt kurz darauf meinen irritierten Blick.
    »Das ist Herr Huber. Wir kennen uns.«
    Frank und Herr Huber lachen.
    »Franks Familie wohnte neben uns«, beginnt der alte Mann zu erzählen. »Frank hat oft bei uns im Garten mit den Hasen gespielt.«
    »Ja, ja, schon gut, Opa.« Frank winkt lachend ab, nimmt die Tasche des alten Herrn mit der einen Hand und lenkt mit der anderen den Rollstuhl gekonnt zum Ausgang.
    »Wenn es wahr ist, wird man es wohl sagen dürfen? Oder?« Herr Huber klingt vergnügt.
    Am KTW angekommen, helfen ihm Frank und Christian auf den Rücksitz, Frank klappt den Notsitz runter und setzt sich dazu. Ich nehme vorn neben Christian Platz, und wir starten. Christian redet nicht viel. Ich schaue auf den Tacho und den Fahrtenschreiber, die fast zehn Kilometer pro Stunde unterschiedlich anzeigen. Weiter oben am Armaturenbrett, da wo normalerweise das Radio ist, sind einige schwarze Schalter eingebaut. Ich schaue auf die unterschiedlichen Symbole, Zeichen für Martinshörner, ein Lautsprechersymbol, eines für ein Mikrofon. Links davon ist ein länglicher Knopf, auf dem in senkrecht untereinander geschriebenen Buchstaben » ALARM « steht, daneben drei Leuchtdioden, die aber dunkel sind.
    »Was hast du bisher gemacht?«, fragt Christian unterwegs.
    »Ich habe studiert. Kommunikationsdesign. Aber dann kam gleich im ersten Semester die Einberufung.«
    »Kommunikationsdesign?«, fragt er.
    »Ja … Ich werde Grafiker.«
    »Ach so. So einen hatten wir schon mal als ZDL . War ein ziemlich fauler Hund.«
    Ich frage mich, ob er nun meint, alle Grafiker oder Designer seien …
    »Dann kannst du vielleicht ein paar Schilder für die Wache machen. Und eine Kopiervorlage für die Einladung zu unserer Weihnachtsfeier?«
    »Klar. Gern.«
    »Nachher fahren wir dann zur Buchhandlung und holen dir den ›Leitfaden für den Sanitätsdienst‹. Dann kannst du schon mal das ein oder andere nachlesen. Das Buch bekommst du bei dem Lehrgang zwar auch, aber bis dahin dauert es ja viel zu lang. Wenn die dir den Leitfaden dann geben, stellst du ihn in der Wache in den Schrank. Für alle. Dann können wir das Uraltexemplar, das bei uns rumsteht, entsorgen.«
    Es ist bereits nach zwölf Uhr, als wir auf
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