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Schneller als der Tod erlaubt. Ein Rettungssanitäter berichtet

Schneller als der Tod erlaubt. Ein Rettungssanitäter berichtet

Titel: Schneller als der Tod erlaubt. Ein Rettungssanitäter berichtet
Autoren: Georg Lehmacher
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dünnen Plastikschlauch in die Vene gelegt. Dann wird sie wieder herausgezogen, der Schlauch bleibt liegen. – Darüber geben wir dann Medikamente und unsere Infusionen …« Jetzt klingt er wie ein Mediziner.
    Er legt die Nadel zurück und öffnet die unterste Schublade. »… und hier ist das Zeug für die Intubation. Schon mal gehört?«
    Ich schüttele den Kopf.
    »Bei der Intubation schiebt man einen Schlauch in die Luftröhre. Dann kann man den Patienten während des Transportes sicherer beatmen. Selbst wenn er erbricht. Aber keine Sorge, das bleibt für dich Theorie. Das Zuganglegen und das Intubieren sind ärztliche Maßnahmen. Für uns Sanis ist beides streng verboten. Wenn du so was selbst machst und wenn dabei auch noch etwas schiefgeht, bekommst du es mit dem Staatsanwalt zu tun! Du musst nur lernen, was man dazu braucht, damit du dem Arzt assistieren kannst.«
    Er schaut auf meine Hand, mit der ich mir unwillkürlich an den Hals gefasst habe. Die Vorstellung, einen Schlauch in den Atemwegen zu haben, hatte mir kurz den Atem stocken lassen. »Muss man da nicht erst recht erbrechen?«
    »Das macht man natürlich nur, wenn der Patient nicht mehr bei Bewusstsein ist …« Frank grinst. »Oder man macht ihn eben vorher ›flach‹. Medikamentös.«
    »Flach … – Aha«, sage ich. Meine Stimme ist brüchig. Frank hat die Bemerkung wahrscheinlich gar nicht gehört, er räumt alles zurück in die Schublade.
    Ich hatte eigentlich gehofft, dass sich das flaue Gefühl in meinem Magen den Tag über verflüchtigen würde, doch jetzt ist es eher meine Neugierde, die nachlässt.
    Frank öffnet eine Klappe, die sich weiter oben im Fahrzeug befindet. »Da sind noch Laken, um die Trage frisch zu beziehen, Ersatzmaterial und eine kleine Sauerstoffflasche. Die gehört …« Er schließt die Klappe wieder und zeigt auf ein Gerät an der Wand des Fahrzeugs. »… zu diesem Beatmungsgerät.«
    Ich hätte gern mal eine Zwischenfrage gestellt, auch um diese Lehrstunde ein wenig aufzulockern, aber mein Kopf ist in dieser Hinsicht wie leer. Die vielen Details lassen keinen Platz mehr für Fragen.
    »Wenn das Beatmungsgerät in der Halterung ist, erhält es den Sauerstoff aus der großen Flasche an der Seite links im Wagen. Und hier ist noch das Absauggerät und der Notfallkoffer.« Frank zieht ihn aus der Halterung und steigt damit aus. »Den zeig ich dir draußen, und dann holen wir die Trage.« Er stellt den Notfallkoffer auf einen Tisch, von denen es einige in der Halle gibt. »Hier ist noch einmal alles Wichtige drin, was man an einem Unfallort eventuell braucht.«
    In meinem Schädel rauscht es. Hoffentlich benennt er nicht jeden einzelnen Gegenstand, das kann ich mir sowieso nicht alles auf einmal merken.
    Doch er schließt den Koffer wieder und beendet seinen Vortrag mit den Worten: »Vor ein paar Jahren noch hat man die Patienten schnellstmöglich in die nächste Klinik gefahren, aber wir versorgen sie nach Möglichkeit schon vor Ort so weit, dass sie stabilisiert transportiert werden können. Das kostet zwar ein paar Minuten. Aber was nutzt es, wenn du schnell in der Klinik bist, und der Patient ist tot?«
    Frank holt hinter dem Wagen ein Gestell mit Rollen hervor, dann zieht er die Trage hinten aus dem Auto und schiebt sie auf das Gestell. Es quietscht.
    Jeder von Franks Handgriffen sitzt. Auch das Zurückbefördern der Trage ins Auto sieht ganz einfach aus.
    »So«, sagt er. »Das übst du jetzt ein paarmal. Und schau dir an, wie man die Gurte der Trage auf- und zumacht.«
    Die Freude über eine praktische Aufgabe währt nicht lange. Mist, warum rutscht das blöde Gestell nur ständig weg … Na, jetzt aber! Beim dritten Mal endlich habe ich es heraus, das Gestell mit dem richtigen Knieeinsatz zu halten, während ich zugleich an der Trage ziehe.
    »Für den Anfang gut«, sagt Frank.
    Wie ein Lob klingt es nicht.
    »Und jetzt komm ins Führerhaus, dann erkläre ich dir, wie man die Fahrtenschreiberblätter wechselt. Wenn du Frühdienst hast, prüfst du als Erstes, dass die Blätter bei allen Fahrzeugen gewechselt sind. Wenn du damit fertig bist, kochst du Kaffee, wenn das bis dahin noch kein anderer gemacht hat.«
    Frank nimmt auf der Fahrerseite Platz, ich auf dem Beifahrersitz. Er zieht eine Tachoscheibe aus dem Seitenfach der Tür, um mir die Beschriftung zu erklären. »Die Türen bleiben auf, wenn wir rauchen«, sagt er und zieht eine Schachtel aus seiner Hemdtasche. »Bei der Fahrt öffnen wir die Fenster. Im
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