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Schneenockerleklat

Schneenockerleklat

Titel: Schneenockerleklat
Autoren: Gmeiner-Verlag
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rascher oder auch öfter in den
Besitz der zunehmend begehrter werdenden Süffigkeiten zu gelangen. Gleichzeitig
posierten sie mit den anwesenden Honoratioren der Stadt und buhlten um die
Wette um einen guten Platz im Blitzlichtgewitter.
    Eine Damenkapelle, die Badner Madln, spielte dazu
Operettenmelodien und andere Ohrwürmer, mit einem Wort, es war eine Riesenhetz.
    Die, und auch darauf war Palinski sehr stolz,
keinen Cent kostete außer einem Schmattes [2] für die flott aufspielenden Musikantinnen, die mit ihren trotz der niedrigen
Temperaturen doch sehr ansprechenden Dekolletés bei dem vor allem männlichen
Publikum großen Anklang fanden.
    Kurz gesagt, war die Stimmung im Zug, der sich inzwischen
langsam, aber sicher der nächsten Station näherte, ausgezeichnet und stimmte
Palinski vorsichtig optimistisch. Falls es nur einigermaßen so weiterging, dann
würde der Event ein Riesenerfolg werden.
    Inzwischen hatte der Crime Express den Bahnhof von
Wiener Neustadt erreicht. Die Rezeptionistinnen des ›Semmering Grand‹ waren bereits
an Bord gegangen und begannen, die vorbereiteten Schlüsselkarten an die Gäste
zu verteilen sowie die unbedingt notwendigen Formalitäten zu erledigen.
    Nach der Abfahrt sollte die von einer Wiener Großbäckerei mit
erheblichen Exportambitionen gesponserte Wiener Jause mit Kaffee, Schlagobers,
Gugelhupf und Strudel beginnen. Dazu würde jeder Gast auch noch ein Körberl mit
einem Viertel Wiener Mischung, einem kleinen Marmorgugelhupf und, als große
kleine Überraschung, ein Original Kaffeehäferl mit dem Namen des jeweiligen
Empfängers erhalten.
    Also, wenn das nichts war!
    So konnte jeder jederzeit überprüfen, ob er auch wirklich der
war, für den er sich hielt.
    Dem Vernehmen nach sollten sechs Mitarbeiter des
Sponsors die letzte Nacht damit verbracht haben, die Häferlparade mit der
Teilnehmerliste auf Richtigkeit und Vollständigkeit zu überprüfen. Was für eine
Herausforderung.
    Palinski fand diese Aktion ein wenig übertrieben. Schon
irgendwie lieb, aber doch übertrieben. Ihm konnte es recht sein. Wenn sich der
Sponsor etwas davon versprach, warum nicht? Hauptsache, das Budget der FECI war
davon absolut nicht berührt worden.
    Langsam setzte sich der Zug wieder in Bewegung, holperte
leicht über einige Weichen und nahm schließlich Fahrt auf.
    Es war genau 16.54 Uhr, und der Crime Express hatte noch
knapp zweieinhalb Stunden Fahrt vor sich.

     
    *

     
    Karl Schönberg, in der heimatlichen Stanz auch
als der Koglbacher bekannt, war jetzt plötzlich wieder Carlo Montebello.
Einfach so, von einer Sekunde zur anderen. Wenn auch vorerst nur psychisch.
    Der Anruf von vorhin, diese Stimme aus seiner Vergangenheit
hatte eine Zeitreise und damit auch diesen Identitätswandel ausgelöst.
    Carlo war sehr stolz darauf, reaktiviert worden zu sein, wenn
auch nur für einen Auftrag. Vorläufig zumindest, denn falls er …, er wagte gar
nicht weiterzudenken. Auf jeden Fall würde er wieder einmal mehr als sein
Bestes geben.
    »Diese Aufgabe ist sehr, sehr wichtig. Molto importante, die
wichtigste Sache in deinem Leben überhaupt!«, hatte ihm die Stimme aus der Vergangenheit
versichert. Ja, förmlich beschworen, obwohl das überhaupt nicht notwendig
gewesen war. Denn Carlo hätte jeden Auftrag angenommen. Na, vielleicht nicht
wirklich jeden, aber fast jeden. Jeden zumindest, der seinen ganz speziellen
Talenten auch nur in etwa entsprochen hätte.
    Aber das, was man jetzt von ihm erwartete, war der Traum
jedes professionellen Problemlösers, wie er einer war. Und zwar einer der
besten. Der Auftrag war so etwas Ähnliches wie ein Lifetime Oscar, also die
Auszeichnung für ein Lebenswerk. Sein Lebenswerk mit dem Academy Award zu
vergleichen, war gar nicht so abwegig. Denn Carlo verstand sich nicht als
Handwerker, als Erfüllungsgehilfe, nein, überhaupt nicht. Sondern als Künstler,
als einer der wenigen, die den Übergang von einer Seinsebene in eine andere
nicht als bloßen Gewaltakt ansahen. Sondern als metaphysisches Ereignis.
    Als einmalige Chance, den Tod eines Menschen und den Weg
dorthin als originäres künstlerisches Ereignis zu inszenieren.
    Nun hatte der ehemalige Koglbacher ein einem Gitarrenkasten
ähnliches Behältnis aus einem Verschlag im Keller geholt und auf den Holztisch
in der Küche gelegt. Vorsichtig öffnete er die beiden Metallverschlüsse und
klappte den Deckel hoch.
    Dann nahm er das längliche, in Öltuch
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