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Schneenockerleklat

Schneenockerleklat

Titel: Schneenockerleklat
Autoren: Gmeiner-Verlag
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›Semmering Grand‹ durchführen zu wollen, war
Eberheim natürlich hellauf begeistert gewesen. Und hatte nicht lange mit seiner
Zusage gefackelt. Klar, wer zögerte schon, wenn es darum ging, nach den
Energie-Ferien noch eine Woche volle Auslastung realisieren zu können?
    Damals war von 120 bis zu150 Teilnehmern an der
Jahresversammlung die Rede gewesen. Dazu noch Angehörige und Tross,
Journalisten, Mitarbeiter etc., demnach also von insgesamt höchstens 300
Gästen.
    Ob nun der attraktive Ort, das schöne Hotel oder das
interessante Jubiläumsprogramm für das außerordentliche Interesse an dieser
Veranstaltung verantwortlich waren, darüber konnte nur spekuliert werden. Auf
jeden Fall war die Zahl der Anmeldungen mit derzeit insgesamt 688 auf deutlich
mehr als das Doppelte der maximalen Prognose angestiegen. Eine beeindruckende
oder Angst erregende Entwicklung, je nachdem, welchen Standpunkt der Betrachter
einnahm.
    Unter Berücksichtigung jener Teilnehmer, die in kleineren
Hotels und Pensionen untergebracht werden konnten, hatten Eberheim Mitte
Dezember des Vorjahres immerhin mehr als 200 Betten im eigenen Hause gefehlt.
Ein scheinbar unmöglich zu lösendes Defizit.
    Dennoch war dem gewieften Manager die Quadratur des Kreises,
ja, so konnte man diesen Geniestreich wohl nennen, durchaus gelungen.
    Er hatte es geschafft, für diese Woche mehr als die Hälfte
der im gleichen Gebäudekomplex wie das ›Semmering Grand‹ befindlichen privaten
Appartements anzumieten. Darüber hinaus hatte er die benachbarte
Hotelfachschule zu einer Verschiebung der Semesterferien überreden können.
Dadurch konnten die zwar etwas kleineren, aber sehr ordentlichen Zweibettzimmer
des der Schule angeschlossenen Internats ebenfalls berücksichtigt werden.
    Schlussendlich hatte Eberheim sämtliche 442 Gäste, die unbedingt
im ›Semmering Grand‹ logieren wollten, auch irgendwie adäquat untergebracht.
Zumindest im selben Gebäude.
    Dazu kamen noch knapp 250 weitere Gäste, die
anderswo am Semmering oder in einer der umliegenden Ortschaften Platz fanden.
    Wie gesagt, die Jubiläumskonvention der FECI würde die größte
Veranstaltung dieser Art sein, die je am Semmering stattgefunden hatte. Und
sein, Adrian Eberheims, Name würde damit untrennbar verbunden sein. Der alte
Hotelfuchs war ehrlich angetan, ja richtig berührt von sich und seiner
Leistung.
    Allerdings barg die erzwungene temporäre Aufblähung der
Kapazitäten des ›Grand‹ natürlich auch einige Gefahren in sich. Da sich die
Bettenkapazität für diese Woche nahezu verdoppelt hatte und in der Gastronomie
sowie bei den Veranstaltungen ebenfalls mit entsprechenden Zuwächsen gerechnet
werden musste, hatte er das Personal kurzfristig beträchtlich aufstocken
müssen. Mithilfe spezialisierter Agenturen sowie einiger direkt aufgenommener
Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen war das Problem rein formal einfach zu lösen
gewesen. Aber ob und inwieweit die Mitarbeiter auf Zeit auch den hohen
Qualitätsanforderungen des ›Grand‹ entsprechen würden? Trotz strikter
Aufnahmekriterien konnte Eberheim nur hoffen und beten.
    Am meisten irritierte ihn aber nach wie vor das
spurlose Verschwinden seiner Assistentin. Die 28-jährige Ingrid Warnicek,
absolvierte Hotelkauffrau mit ausgezeichnetem Abschluss und für ihr Alter
sagenhaften neun Jahren Auslandserfahrung in ersten Häusern in Rom, London und
Nizza, war am 13. Dezember auf Kurzurlaub nach Hause aufgebrochen. Konkret
hatte das Purkersdorf bei Wien bedeutet, wo sie vor mehr als einem Jahr das
kleine Häuschen ihrer Omi geerbt hatte. Ihrer Großmutter väterlicherseits, bei
der sie aufgewachsen war. Denn ihre Eltern waren bei einem Flugzeugabsturz ums
Leben gekommen. Ingrid hatte damals gerade zu laufen begonnen.
    Am 14. Dezember hatte die junge Frau noch mit Eberheim
telefoniert und ihre Rückkehr für den 16. Dezember mittags bestätigt. Das war
das letzte Mal gewesen, dass er etwas von seiner Assistentin gehört hatte.
    Trotz intensivster Nachforschungen waren die Bemühungen der
Polizei bisher erfolglos geblieben. Eine Schwierigkeit bei der Suche war auch,
dass die junge Frau dank ihrer langjährigen Auslandsaufenthalte in Österreich
so gut wie keine Bekannten hatte. Und für die wenigen entfernten Verwandten,
die noch existierten, war Ingrid Warnicek ein kleines Mädchen auf einer
vergilbten Fotografie. Langer Rede kurzer Sinn, kein Mensch wusste, wie die
junge Frau
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