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Schneekuesse

Schneekuesse

Titel: Schneekuesse
Autoren: Gaby Hoffmann
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Überhaupt die Bäume, das sind ehrliche Kreaturen, die hauen einen nicht übers Ohr. Wer braucht da noch menschliche Gesellschaft?“
    Netty blickt Eric in die bereits etwas alkoholgetrübten Augen. „Warum sollen einen denn alle Menschen übers Ohr hauen?“ 
    „Der Mensch ist eben so. Von Natur aus missgünstig und neidisch.“
    „Das ist Einsiedlerphilosophie“, kommentiert Hannah.
    „Gutes Wort! Sie sollten schreiben“, nickt Netty anerkennend in Hannahs Richtung. „Lindas Situation verstehe ich. Aber Sie ..., haben Sie keine Freunde?“, wendet sie sich an Eric.
    „Freunde! Pah!“, der junge Mann spuckt verächtlich aus. „Mein bester Freund ist mit meiner Frau durchgebrannt. Zuvor hat er sich noch Geld bei mir geliehen. Und ich Depp habe ihm geholfen, weil er so down war. In der Zwischenzeit hat meine Frau unsere gemeinsamen Konten geräumt, und hast du nicht gesehen sind die beiden nach Südamerika getürmt.“
    „Wie grässlich! Warum hat Ihre Frau das getan?“, erkundigt sich Linda, die es sichtlich genießt, nicht wie sonst alleine zu sein.
    „Sie hat mir per SMS mitgeteilt, das Leben in der Einöde mit mir sei ihr zu langweilig gewesen.“
    Hannah schwingt sich auf die Lehne ihres Sessels. „So etwas muss man doch merken! Ich finde, das ist wieder typisch Mann.“
    Netty nickt. „Ich könnte neben Ulf tot zusammenbrechen, er würde mich immer noch fragen, wann es endlich etwas zum Essen gibt.“
    „Aber Sie haben wenigstens jemanden. Familie, das ist wunderschön!“, ruft Linda enthusiastisch.
    „Und Sie haben Ihre Ruhe. Das ist auch etwas. Nein, das ist viel mehr. Das ist Luxus!“, Netty ist jetzt beinahe böse.
    „Wollten Sie deswegen hier alleine Heiligabend feiern?“, erkundigt sich Hannah vorsichtig.
    Netty antwortet nicht.
    „Ich gehe Heiligabend in den Wald und stelle dort jede Menge Futtergaben für die Tiere auf. Die sind dankbar, mit einfachen Dingen zufrieden, von denen können wir alle lernen.“ Eric legt ein Holzscheit nach. Das Feuer knackt. Die Wärme lullt den Raum allmählich ein und besänftigt die Gemüter.
    „Das muss schön sein! Vielleicht findet man so zu sich selbst“, überlegt Hannah ernst. „Ja, vielleicht entdeckt man tatsächlich in der Natur sein Glück.“
    „Ganz bestimmt sogar!“, ist Eric überzeugt und sieht in diesem Moment sehr zufrieden aus.
    „Ich möchte mitgehen!“, ruft Hannah aus. 
    Die anderen starren sie verwundert an.
    Hannah ist aufgesprungen: „Wir werden alle mitgehen!“
    „Wir alle?“, Linda guckt Hannah fragend an.
    „Ja, das ist die Lösung für jeden von uns: Sie entdecken in der Natur eine Gesellschaft, auf die Sie jederzeit zugreifen können, wenn Sie sich einsam fühlen.“ Hannah dreht sich zu Netty: „Sie genießen dort die Ruhe und Stille!“ Etwas leiser fügt sie hinzu: „Und ich ..., ja ich ..., vielleicht fällt mir dort etwas ein, was ich kann ...“
    Netty sieht ihren einsamen Heiligabend davonschweben. Aber möglicherweise hat diese junge Studentin ja auch irgendwie recht ... Sie gibt sich einen Ruck: „Also gut, feiern wir morgen gemeinsam Weihnachten. Sie sind meine Gäste und können hier übernachten.“ Sie stellt eine Packung trockene Kekse, die sie aus dem Küchenschrank geholt hat, auf den Tisch. 
    Hungrig langen sie alle so gierig zu, als würde es sich um eine Delikatesse handeln. 
    „Sind Sie damit einverstanden, uns mit in den Wald zu nehmen, wo Sie doch eigentlich am liebsten allein sein möchten?“ Netty spricht Eric an, der gerade wieder träumerisch Hannah mustert.
    Er fährt zusammen und erwidert hastig: „Äh ja, wenn Sie bereit sind, sich auf die Natur einzulassen, gerne!“
     
     

Kapitel 5
     
    Netty hat ausgeschlafen. Sie kann es kaum glauben. Das erste Mal seit ewigen Zeiten, dass sie kein Wecker, kein Kind und kein Mann geweckt haben. Sie reckt und streckt sich. Herrlich! Die Bettwäsche ist zwar etwas klamm und riecht nicht gerade frisch, weil sie seit Monaten ungelüftet in der Truhe lag, aber das ist egal. 
    In dem Augenblick steigt ihr Kaffeeduft in die Nase. Es ist wie im Film. Das klingt zwar etwas übertrieben, aber für Netty ist das tatsächlich so. 
    In eine Decke gehüllt, tappt sie auf Socken zu der kleinen Küchenzeile hinüber.
    Hier ist Linda am Wirbeln. „Möchten Sie gleich einen Becher Kaffee?“ Sie holt die Kanne aus der Maschine. „Es macht Ihnen doch nichts aus, dass ich einfach schon in Ihrer Küche herumwirtschafte?“
    Netty winkt ab. „Wo
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