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Schneekuesse

Schneekuesse

Titel: Schneekuesse
Autoren: Gaby Hoffmann
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grinst schelmisch. „Ich werde den alten Brummbär schon auftauen!“ Sie fühlt sich zuversichtlich und stark. Die kalte Winterluft scheint ihren Unternehmungsgeist anzuspornen.
    „Gut! Ich stelle den Wasserkocher an und koche uns allen einen heißen Tee.“ Netty drückt Hannah einen großen Holzkorb in die Hand und weist ihr den Weg zum Eingang des Nachbarhauses.   
     
     An der Haustür hängt ein altmodischer Türklopfer, den Hannah nun mutig betätigt.
    Die Tür öffnet sich einen Spalt. Ein schlanker junger Mann mit verstrubbeltem, blondem Haar guckt sie fragend an.
    „Verzeihen Sie die Störung! Ich möchte zu dem Förster.“ Was für ein blöder Satz! Hannah stellt sich vor, wie sich nun im Hintergrund ein alter Mann mit weißem Bart mühsam aus einem Schaukelstuhl erhebt und grimmig zur Tür schlurft. 
    „Da sind Sie richtig“, erwidert der junge Mann knapp.
    „Äh, ja, ist er zu sprechen?“
    „Das tun Sie doch bereits!“
    „Wie bitte?“, Hannah kommt sich nun komplett dämlich vor. 
    „Also, was möchten Sie?“, der junge Mann wird unwirsch. „Es kommt jede Menge kalte Luft herein.“
    Kalte Luft ist ein Stichwort für Hannah, um sich zusammenzureißen. „Ich bin von nebenan. Das Holz ist feucht geworden, deswegen können wir nicht heizen ...“
    „Typisch, die Städter tauchen hier auf, wann es ihnen beliebt, und dann soll alles auf Knopfdruck funktionieren. Und wenn nicht, muss unsereins helfen.“
    Jetzt versteht Hannah endlich. Der junge Mann ist der Förster, zwar kein alter Griesgram, aber trotzdem unfreundlich. Offensichtlich hat er ein Stadt-Land-Trauma. Hannah dachte, das sei längst out. 
    Sie wirft den Kopf mit den glänzenden, dunklen Haaren zurück und lächelt ihr süßestes Lächeln. „Ich wusste gar nicht, dass es in der Neuzeit noch Menschen gibt, die Leute in Zwei-Klassen-Gesellschaften unterteilen.“
    „He?“ Jetzt guckt der Förster verdutzt.
    „Ja, diese altmodische Geschichte: Städter und Landbewohner. In den alten Kitschfilmen ziehen die Städter dabei stets den Kürzeren. Sie sind die Bösen, die irgendeinem armen Landbesitzer seine Scholle wegnehmen wollen, um dort ein Luxushotel zu errichten.“
    „Sie haben ja eine Fantasie!“
    „Ja, was ist jetzt mit dem Holz?“
    „Dreist sind Sie auch noch!“
    Hannah erwartet, dass der Förster ihr nun die Tür vor der Nase zuschlägt.
    Stattdessen macht er sie weiter auf und sagt: „Kommen Sie herein!“
     
    Zehn Minuten später steht Hannah triumphierend mit einem Arm voll Holz und dem Förster im Schlepptau, der einen ganzen Korb voller Holz mit seinen muskulösen Armen stemmt, vor Nettys Tür.
    Diese macht große Augen, als sie ihren Nachbarn hinter Hannah erblickt, und noch größere, als der Förster den Mund aufsperrt und grummelt: „Abend! Ich mache Ihnen das Feuer dann mal an. Ist ja wirklich verdammt kalt hier!“, schiebt er angesichts der kalten Luftschwaden, die ihm im Flur entgegenkommen, hinterher.
    Netty schluckt. Um ein Haar hätte sie geäußert: „Ach, Sie können ja sprechen!“ Bisher hat der Nachbar ihren Gruß höchstens mit einem knappen Nicken erwidert, und auf irgendwelche Gespräche mit Ulf oder ihr hat er sich überhaupt nicht eingelassen. Insofern hat sie ihn als wortkargen Einsiedler abgestempelt, den man besser in Ruhe lässt.
    Hannah hat ihn inzwischen zum Ofen geführt, vor dem die frierende Linda, in Decken eingehüllt, mit einer Tasse Tee sitzt.
    „Das ist ja nett! Ich schenke Ihnen auch einen Tee ein“, verkündet Netty rasch, während der Förster fachmännisch Zeitungspapier zu Kugeln rollt und sie im Ofen aufschichtet. 
    „Ja, Eric macht das schon, nicht wahr!“, strahlt Hannah ihn an und zwinkert Netty dabei vergnügt zu.
    Eric? Netty staunt. Was doch jugendlicher Charme alles anzurichten vermag!
    Der Förster namens Eric hat inzwischen seine Arbeit beendet. Ein schönes Feuer glimmt im Ofen. Nun stützt er sich etwas verlegen auf einem Regal an der Seite auf und weiß offensichtlich nicht, wie er vor so viel Weiblichkeit bestehen kann.
    „Trinken Sie ruhig! Der Tee ist ordentlich heiß“, Netty reicht ihm einen Becher. 
    „Ich glaube, ein bisschen Schuss würde der Dame gut tun“, Eric deutet auf die schweigende Linda, die ziemlich blass aussieht.
    „Schuss? Ach, Sie haben recht!“ Netty fasst sich an den Kopf, dass sie nicht gleich darauf gekommen ist. Rasch zieht sie aus einem Regal einen Likör hervor und macht damit nun die Runde.
    Linda würde
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