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Schneebraut

Schneebraut

Titel: Schneebraut
Autoren: Ragnar Jónasson
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Saal und im Eingangsbereich, unter anderem eines, auf dem dein Schirm an einem Haken in der Garderobe hing«, sagte Ari. »Nína brach sich das Bein wegen des Glatteises auf dem Nachhauseweg … auf der Flucht sozusagen, nachdem sie bei mir eingebrochen war – ich hatte sie gehört, hatte sie beinahe auf frischer Tat ertappt. Das Krankenhaus hat es mir bestätigt, dass sie sich in derselben Nacht gemeldet hat … Ich habe Ugla die Bilder vom Tatort gezeigt, sie sagte mir, dass es dein Regenschirm sei – ein gepunkteter Regenschirm, ziemlich leicht zu erkennen, zudem habe ich gehört, dass Ugla und du die Einzigen der Dorfbewohner seid, die noch einen Schirm benutzen.« Er schaute Ugla an, dann Nína. »Ist das nicht korrekt?«
    Tómas warf Ari einen bösen Blick zu, sagte aber nichts. Ari war sich bewusst, dass er einen Rüffel dafür bekommen würde, dass er Ugla die Bilder aus einer Polizeiermittlung gezeigt hatte, in die sie selber involviert war.
    Nína kam näher, zögerte, schaute weiterhin auf Pálmi.
    »Doch. Aber ich habe es getan … für ihn«, sagte sie mit fester Stimme.
    »Hattest du den Schirm?« Pálmi schaute sie vorwurfsvoll an. »Ich habe nicht verstanden, wo er abgeblieben war …«
    »Ich wollte ihn dir heute Abend geben, wollte dir sagen … dir sagen, dass ich alles weiß.« Fügte dann hinzu: »Lieber Pálmi. Das war unser Geheimnis.«
    »Unser …?« Er schaute sie verwundert an.
    Ari übernahm die Führung und sagte zu Pálmi: »Du bist also zum Essen gegangen und dann wiedergekommen …«
    »Ja, ich hatte das Textbuch vergessen. Úlfur und Hrólfur waren mit irgendwelchen minimalen Korrekturen darin beschäftigt und hatten mich vor der Probe am Abend darum gebeten, es in der Essenspause mitzunehmen, um neue Endversionen verteilen zu können … Ich war bereits auf halbem Weg nach Hause, als es mir wieder einfiel. Als ich zurückkam, war Hrólfur alleine auf dem Balkon. Nína war nicht im Ticketverkauf.«
    »Ich war unten im Keller«, unterbrach Nína. »Hörte den Lärm eines Streites. Du warst schon weg, als ich wieder von unten kam, aber ich habe überhaupt nicht bemerkt, dass du deinen Schirm vergessen hattest, bis die Polizei da war.« Sie war offensichtlich zufrieden damit, dass Pálmi nun endlich erfuhr, wie sehr sie sich für ihn verausgabt hatte.
    »Hast du Hrólfur danach gefragt?« Ari richtete die Frage an Pálmi.
    »Ja. Ich fragte ihn ganz direkt – ob er das Buch von meinem Vater gestohlen habe. Er lachte nur, hatte bereits ein bisschen zu viel getrunken. Sagte, dass man das nun kaum als Diebstahl bezeichnen könne – eher als Rettung. Er habe das Buch bewahrt, ihm neues Leben eingehaucht. Er sagte, dass mein Vater nie ein solches Buch hätte verkaufen können, aus ihm etwas Wertvolles hätte machen können. Er sagte, dass er genauso viel an ihm besitze wie mein Vater, nachdem er es gewesen sei, der es verbreitet hätte – in Wahrheit besäße er sogar mehr Anteil daran. Du kannst wahrscheinlich verstehen, dass ich das nicht schweigend und kommentarlos akzeptiert habe. Ich nannte ihn einen verdammten Dieb und Lügner. Fragte ihn, ob er ein einziges Wort in diesem Buch selbst geschrieben habe. Nein, das war ja so toll von deinem Vater, sagte er grinsend, dass ich nichts ändern musste. Sagte mir dann, ich solle mich entspannen – er habe mir ja beim Theaterverein eine Chance gegeben. Der Lohn des Lohns. Vater habe ihn zum Autor gemacht, und er habe mich dafür zum Theaterautor gemacht.« Pálmi schwieg, seine Hände hatten angefangen zu zittern vor Wut.
    Rósalinda und Mads beobachteten verwirrt ihren Gastgeber, der die Kontrolle über sein Temperament zu verlieren schien.
    »Ich fragte ihn, ob Vater ihn darum gebeten habe, das Buch herauszugeben – das gab er dann auch zu«, fuhr Pálmi fort. »Der verdammte Kerl. Mein Vater wollte das Buch herausgeben – und er hat ganz besonders darum gebeten, dass sie …« – er deutete auf Rósalinda, die offensichtlich von allem gar nichts verstand – »… ganz sicher ein Exemplar erhalte. Hrólfur hat in allem betrogen – hat einen sterbenden Mann betrogen. Er gab sogar zu, ein besonderes Augenmerk darauf gelegt zu haben, dass die Rechte niemals nach Dänemark verkauft würden.« Pálmi schwieg, fügte dann hinzu: »Ich bin froh, dass alles ans Tageslicht gekommen ist – jetzt kann ich ihr die Wahrheit sagen, sie hat dann die Gelegenheit, das Buch zu lesen, das mein Vater ihr gewidmet hat.« Er lächelte Rósalinda an. Sie
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