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Schnabel, Andreas

Schnabel, Andreas

Titel: Schnabel, Andreas
Autoren: Tod inclusive
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ratlos an. »Entschuldigung, aber die Mutter und die Tante bekomme ich nicht unter einen Hut.«
    »Zumal sie biologisch gesehen nichts von beidem ist«, warf Berger ein. »Dennoch besteht zwischen den beiden eine immer fester werdende Nabelschnur. So wie auch zwischen Rosa und Anatol.«
    »Dann ist Anatol Ihr Vater?« Crasaghi hatte etwas Mühe zu folgen.
    Berger grinste. »Nein, er ist Tantchens Butler.«
    »Aber sagten Sie nicht gerade, es bestehe eine Nabel–«
    »Nein, sie springt ihm zur Begrüßung nur um den Hals und drückt dem armen Mann vor lauter Liebe die Luft ab. Aber das liegt daran, dass Anatol die einzige Instanz ist, von der Rosas Tantchen einen – wenn auch zarten – Widerspruch duldet.«
    Crasaghi schaute abwechselnd von Berger zur Gräfin. »Wir sprechen doch von dem ebenfalls reichlich in die Tage gekommenen Diener der Großherzogin?«
    Mit größtem Vergnügen malte sich Berger aus, was in dem Mann vorging. Er warf Rosa einen belustigten Blick zu. »Vielleicht sollten wir die moralischen Qualen, die dieses sakrale Hirn momentan zermartern, lieber beenden. Ja, die beiden haben etwas miteinander.«
    »Moment«, protestierte die Gräfin. »So einfach kann man das nun auch wieder nicht sagen.«
    Berger lenkte ein. »Okay, er ist nicht ihr offizieller Lover, die neunzigsten Geburtstage der Großherzogin werden aber schon zusammen gefeiert.«
    »So alt ist sie doch noch gar nicht«, wandte Crasaghi verwirrt ein.
    »Nein, aber gelegentlich gibt es ein ›Dinner for One‹ – inklusive Tigerfell.«
    Jetzt musste sogar der Bischof herzlich lachen. »Dann lassen Sie sie in Gottes Namen feiern. Solange ich dabei nicht den Mister Pommeroy geben muss, soll mich das nichts angehen.« Er schmunzelte noch immer, als er den Blick auf Rosa richtete und hinzufügte: »Wo wir schon beim Thema sind: Sie wissen, dass die Großherzogin ihr Vermögen gern einem männlichen Erben hinterlassen würde?«
    »Dafür scheint es ein wenig spät, finden Sie nicht?«, kam es vom lachenden Berger. »Aber die Hoffnung stirbt zuletzt.« Er kicherte albern.
    Rosa jedoch wurde hellhörig. »Wenn ich Ihre Worte richtig interpretiere, hat sie schon jemanden im Auge.«
    Berger lachte weiter. »Und wer soll das bitte sein? Doch wohl kaum ein kleiner Großherzog Anatol zu Schleswig-Holstein-Gottorf.«
    Nun machte die Unterhaltung zur Abwechslung mal Crasaghi einen diebischen Spaß. »So ein seltsamer Expolizist aus Bonn ist in der engeren Wahl«, sagte er lächelnd.
    Auch die Gräfin verfolgte mit Vergnügen, was sich in dem völlig entgeisterten Gesicht ihres Freundes abspielte. Zuerst blickte der Residente den Bischof an, als würde er den Sinn seiner Worte überhaupt nicht verstehen, dann kam ein leicht debiler Gesichtsausdruck hinzu, der von Bergers bleichem, wächsernem Teint noch unterstützt wurde. Darauf folgte die wundersame Metamorphose vom Idioten zum Racheengel, dem – Rosa glaubte sie in diesem Augenblick wirklich sehen zu können – leichte Rauchwölkchen der Wut aus der Nase stoben.
    »Na, so was.« Crasaghi sonnte sich in Bergers Überraschung. »Da scheine ich jemanden auf dem völlig falschen Fuß erwischt zu haben. Hat die Großherzogin denn noch nicht über ihren Adoptionsplan mit Ihnen gesprochen?«
    Gräfin Rosa winkte ab. »Über solche Nebensächlichkeiten pflegt mein Tantchen keinerlei Worte zu verlieren. Das wird einfach so gemacht, wie sie sich das vorstellt, und damit basta.«
    Crasaghi lachte herzlich. »Nicht einmal die Betroffenen werden eingeweiht?«
    »Wozu? Die zicken ja doch nur rum, wenn sie es zu früh erfahren.« Sie zeigte amüsiert auf Berger. »Schauen Sie sich Seine Königliche Hoheit in spe doch mal an. Diese Bürde hat ihm glatt die herzögliche Petersilie verhagelt.«
    Berger drehte sich beleidigt zum Fenster. »Ihr könnt den Erbprinzen alle mal kreuzweise.«
    Bischof Crasaghi schaute eine Weile vergnüglich die ebenfalls grinsende Gräfin an und beugte sich dann zu ihr vor. »Durchlaucht, entschuldigen Sie die indiskrete Frage: Als ich Sie vorhin anrief, in was für einem Meeting waren Sie da? Ich hoffe sehr, dass Ihnen durch meine Einmischung kein Geschäft vermasselt wurde.«
    Sie errötete etwas. »Es war nichts Geschäftliches, Exzellenz. Mir wurde lediglich eine sehr private Audienz gewährt.«
    Eine knappe Stunde später betraten sie in Santanyí Bergers geliebte Bar »Sa Seu«. Ein lang gezogenes »Uep, bon dia« ließ ihn aufhorchen. Die Stimme kannte er doch? Genau so hörte
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