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Schmiede Gottes

Schmiede Gottes

Titel: Schmiede Gottes
Autoren: Greg Bear
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nassen Blätter. Die feuchten runden braunen Augen des kleinen Hundes reflektierten paarweise den Sternenschimmer. »Der Ruf der Wildnis«, sagte Arthur zu dem Welpen. »Hier draußen in der rauhen freien Natur.« Gauge sprang davon und stupste seine Vorderfüße ins Wasser.
    Arthur hatte in seinem Leben drei Hunde besessen. Den ersten, eine alte zottige Colliehündin, hatte er beim Tode seines Vaters geerbt, als er gerade so alt war wie Marty jetzt. Sie war das Ein und Alles seines Vaters gewesen; und diese Beziehung hatte sich auf ihn übertragen, noch ehe er deren Bedeutung voll ermessen konnte. Nach einiger Zeit hatte Arthur sich gefragt, ob sein Vater nicht einen Teil seiner selbst in das alte Tier übertragen hätte, weil es so besonnen und beschützend wirkte. Er hoffte, daß Marty mit Gauge eine ähnlich enge Beziehung finden würde.
    Hunde konnten einen wilden Jungen besänftigen oder einen scheuen aufmuntern. Arthur war besänftigt worden. Marty – ein fröhlicher, ruhiger Knabe, acht Jahre alt und mager wie ein Gespenst – begann sich schon zu entfalten.
    Er spielte mit seiner Cousine auf dem Rasen unterhalb und östlich der Terrasse. Becky, eine hübsche Range, die mehr Energie als Verstand aufwies – für ihr Alter verzeihlich –, hatte eine Handpuppe in Form eines Affen mitgebracht. Dessen Stimme ahmte sie mit schrillen schnatternden Tönen nach, die mehr nach Vogel als nach Affe klangen.
    Martys aufgeregtes mädchenhaftes Gekicher stieg bis zu den Baumwipfeln empor. Er war hoffnungslos in Becky verknallt. Hier in der Einsamkeit, wo es niemanden gab, der sie ablenken konnte, wies sie ihn nicht zurück; aber sie zankte ihn in gesetztem Tone oft wegen seines »miesen« Benehmens aus. »Mies« konnte alles mögliche bedeuten, aber nie etwas Gutes. Marty ließ sich diese Bemerkungen mit säuerlichem Schweigen gefallen. Er war noch zu jung, um zu erkennen, wie tief sie ihn verletzten.
    Die Gordons lebten schon seit sechs Monaten in dem Häuschen, seit Arthurs Tätigkeit als wissenschaftlicher Berater des Präsidenten der Vereinigten Staaten ein Ende gefunden hatte. Er hatte diese Zeit genutzt, um sich mit Lektüre aufs laufende zu bringen, und täglich astronomische und naturwissenschaftliche Zeitschriften im Werte eines ganzen Monats verschlungen. Einen oder zwei Tage in jeder Woche fungierte er als Berater für Projekte der Luft- und Raumfahrt, und er flog monatlich einmal nach Seattle im Norden oder südlich nach Sunnyvale oder El Segundo.
    Francine hatte sich nach der stürmischen Zeit in der Hauptstadt mit Vergnügen wieder ihren Studien über alte nomadische Steppenvölker zugewandt, von denen sie weit mehr wußte und verstand, als er von den Sternen. Sie hatte an diesem Projekt seit ihren Tagen bei Smith gearbeitet, wobei sie langsam und stetig ihr Material sammelte, das zu der (wie sie meinte, recht offenkundigen) Schlußfolgerung führte, wonach die große ökologische Produktionsstätte der zentralasiatischen Steppen praktisch jede große Bewegung in der Geschichte hervorgebracht oder angeregt hätte. Schließlich wollte sie alles zu einem Buch machen. Tatsächlich hatte sie schon über zweitausend Seiten auf Disketten. In Arthurs Augen machte diese Zweigleisigkeit einen Teil von dem Charme seiner Gattin aus: Draußen eine hilfreich beflissene Mutter, drinnen eine sture Forscherin.
    Das Telephon läutete dreimal, ehe Francine von der Terrasse aus herangehen konnte. Ihre Stimme kam aus dem offenen, dem Fluß zugewandten Fenster des Schlafzimmers. »Ich werde ihn schon finden«, sagte sie dem Anrufer.
    Er stand seufzend auf und zupfte an dem Cordsamt über seinen Knien.
    »Arthur!«
    »Ja?«
    »Chris Riley vom CalTech. Bist du zu sprechen?«
    »Sicher«, sagte er – weniger widerstrebend. Riley war kein enger Freund, sondern bloß ein Bekannter; aber im Laufe der Jahre hatten sie einen Pakt geschlossen, wonach jeder den anderen über interessante Entwicklungen informieren würde, ehe die meisten Wissenschaftler oder gar die allgemeinen Medien davon Wind bekommen könnten. Arthur stieg leise vor sich hin pfeifend im Dunkeln den schmalen Weg vom Ufer hoch. Er kannte jede Wurzel und jede durch Schlamm und Blätter rutschige Stelle. Gauge tobte durch die Farnbüsche.
    Marty sah ihm von der Rasenkante her unter einem wilden Pflaumenbaum wie eine Eule zu. Die Affenpuppe baumelte schlaff und grotesk an seiner Hand. »Ist Gauge bei dir?«
    Der Hund kam hinterher, Ohren und Augen fest auf den Affen
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