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Schmiede Gottes

Schmiede Gottes

Titel: Schmiede Gottes
Autoren: Greg Bear
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gewollt?« fragte sie.
    »Europa ist verschwunden«, sagte Arthur.
    »Europa?« Francine grinste über die Schulter und reichte ihm den Sack.
    »Ja, Europa, der sechste Mond des Jupiters.«
    »Ach. Wie denn?«
    Arthur zog eine Grimasse und zuckte die Achseln. Er nahm das Teleskop und seinen grau gestrichenen Metallfuß und trug die Sachen nach draußen. Gauge folgte ihm schnaufend auf den Fersen.
    »Oho, Kinder, Papa ist in Robotstimmung«, rief Francine aus dem Schlafzimmer. »Was hat Chris nun wirklich gesagt?« Sie folgte Arthur die Treppe hinunter auf den Rasen, wo er den Fuß des Stativs in den weichen, mit Gras bewachsenen Boden drückte.
    »Das ist es, was er wirklich gesagt hat«, antwortete Arthur und fügte den großen roten Körper des Reflektors in die drei hohlen Stativbeine.
    Der ergraute, würdevolle Grant und die kleine blonde Danielle standen auf der östlichen Seite der hinteren Balustrade am Geländer und blickten über den Hof und den Pflaumenbaum. Danielle hielt Grant am Arm und sagte: »Es ist eine wunderschöne Nacht.« Arthur fand, daß sie Modellen in Immobilienanzeigen der besseren Kategorie ähnlich sahen. Aber es waren nette Menschen. »Wollen wir die Sterne anschauen?«
    »Es ist doch nicht etwa geheim oder so?« fragte Francine.
    Arthur antwortete: »Ich bezweifle sehr, daß so etwas geheim gehalten werden kann«, und blickte ins Okular.
    »Einer der Jupitermonde ist verschwunden«, rief Francine zu ihnen hinauf.
    »Oh«, sagte ihre Schwester. »Ist das möglich?«
    »Wir haben einen Freund oder eher einen Bekannten. Der und Arthur halten einander über gewisse Dinge auf dem laufenden.«
    »Dann hält er also jetzt danach Ausschau?« fragte Danielle.
    Grant fragte: »Könnt ihr den Jupiter von hier aus sehen – ich meine heute abend?«
    »Ich denke schon«, antwortete Francine. »Europa ist einer der Galileischen Monde, einer von den vier, die Galilei entdeckt hat. Die Kinder wollten gerade…«
    Arthur hatte den Jupiter im Gesichtsfeld, ein heller Fleck inmitten des blaugrauen nebeligen Hintergrundes mit einzelnen erkennbaren Sternen. Auf der einen Seite des viel helleren Planeten waren deutlich zwei punktförmig erscheinende Monde unterschiedlicher Helligkeit zu sehen. Der schwächere war entweder Io oder Callisto, der hellere wahrscheinlich Ganymed. Ein dritter lief entweder gerade, für das kleine Instrument unerkennbar, über die Scheibe des Jupiters oder er befand sich in seinem Schattenkegel und hatte eine totale Sonnenfinsternis. Arthur versuchte, sich die Regel von Laplace bezüglich der ersten drei Galileischen Monde ins Gedächtnis zu rufen: Die Länge des ersten Satelliten, abzüglich der dreifachen Länge des zweiten, vermehrt um die doppelte des dritten, ist immer gleich dem halben Umfang… Er hatte das in der Oberschule auswendig gelernt, und jetzt konnte er es gut anwenden. Er murmelte die Konsequenzen der Regel vor sich hin: »Die ersten drei Galileischen Monde – dazu zählt auch Europa – können nie alle gleichzeitig verfinstert werden und auch nicht alle zugleich vor der Scheibe stehen. Wenn Io und Europa gleichzeitig verfinstert sind oder vor der Scheibe durchlaufen… Ach, zum Teufel!« Er konnte sich nicht an die Details erinnern. Er würde einfach dasitzen und darauf warten müssen, daß alle vier zugleich sichtbar würden, oder daß nur drei auftauchen sollten.
    »Können wir einmal schauen?« fragte Marty.
    »Gewiß. Ich werde wahrscheinlich die ganze Nacht hier draußen verbringen«, sagte Arthur.
    »Aber nicht Becky«, erklärte Danielle.
    »Ach Mama! Darf ich sehen?«
    »Komm schon!« redete Arthur ihr zu und lehnte sich zurück. Marty hockte dicht beim Teleskop und zeigte seiner Cousine, wie man ins Okular schaute. »Nicht dranstoßen!« warnte Arthur sie. »Francine, kannst du mir den Feldstecher bringen?«
    »Wo ist er?«
    »In dem Schrank in der Diele, über dem Campingzeug, in einem schwarzen Lederetui.«
    »Was könnte einen Mond verschwinden lassen? Wie groß ist der?« wollte Grant wissen.
    »Für einen Mond ist er ganz hübsch groß«, sagte Arthur. »Felsen und Eis, wahrscheinlich mit einer Schicht flüssigen Wassers unter einer Eiskruste.«
    »Er ist also nicht so wie unser Mond?« fragte Danielle.
    »Nein, ganz anders«, sagte Arthur. Francine gab ihm den Feldstecher, und er richtete ihn auf den Himmel in der allgemeinen Nähe des Jupiters. Nachdem er ihn kurze Zeit hin- und hergeschwenkt und scharf eingestellt hatte, fand er den Lichtpunkt.
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