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Schmiede Gottes

Schmiede Gottes

Titel: Schmiede Gottes
Autoren: Greg Bear
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Hände bekommen könnte. Andererseits war er auch ein wenig ängstlich. Diese aufgeblähte Empfindung seiner Persönlichkeit konnte leicht einen Stich bekommen und zu nichts zusammenschrumpfen als eine Illusion von Behagen, Wärme und hohem intellektuellen Fieber.
    Während seiner sechsjährigen Laufbahn als Professor der Geologie hatte er noch niemals einen größeren Fehler in den vom U.S. Geological Survey herausgegebenen Karten des Death Valley gefunden. Die Mojave-Wüste und Death Valley waren das Mekka und Medina der Geologen in den westlichen USA. Schon seit mehr als einem Jahrhundert hatten sie diese Gebiete durchstreift, angezogen durch diese in ihrer Nacktheit geradezu schamlose Eigenart der Erde. Aus den Tiefen hatten Bergleute Borax, Talk, Gips und andere nützliche unansehnliche Mineralien herausgeholt. An manchen Stellen erstreckten sich Höhlen mit Salpeter an den Wänden Hunderte von Metern in die Erde. Ein Höhlenforscher brauchte nur etwa zehn Meter tief hineinzusteigen, um die Wärme zu fühlen. Unter Death Valley war die Schöpfung noch nahe.
    Es gab Hunderte von erloschenen Vulkanen, schwarz oder trüb rot auf der braunen, grauen und rosafarbenen Wüste, zwischen dem Stützpunkt am Furnace Creek und der kleinen Stadt Shoshone, aber jeder einzelne war schon kartiert und in irgendeinem Forschungsbericht abgehandelt worden.
    Dieser Berg war eine Anomalie.
    So etwas war unmöglich.
    Reslaw und Minelli hatten ihn achselzuckend als einen interessanten und vielleicht sogar einzigartigen Fehler auf den Karten abgetan, ein Versehen, wie die Entdeckung einer neuen Insel in einem Archipel, die den Eingeborenen bekannt, aber in einem Gewühl von Navigationskarten verlorengegangen war – eine Art Pitcairn unter den Vulkankegeln.
    Aber der Schlackenberg lag zu nahe an Routen, die jedes Jahr mindestens ein- oder zweimal passiert wurden. Edward wußte, daß es sich nicht um eine falsche Ortsangabe handelte. Er konnte sich nicht selbst betrügen, wie seine Freunde es taten.
    Aber er konnte auch keine andere Erklärung vorweisen.
     
    Am nächsten Vormittag schritten sie noch einmal die Basis des Hügels ringsum ab. Die Sonne stand schon hoch an dem offenen tiefblauen Himmel. Es würde ein heißer Tag werden. Der rothaarige, untersetzte Reslaw schlürfte Kaffee aus einer grün emaillierten Thermosflasche, einem nützlichen alten Stück, das er in einem Laden für Mineralien und Krimskrams in Shoshone erstanden hatte. Edward kaute an einem Nougatriegel und skizzierte Details in einem kleinen, in Leinen gebundenen Notizbuch. Minelli trödelte hinterher und hackte lässig mit einem Geologenhammer an Felsblöcken herum. Seine schlaksige Figur, das ungekämmte schwarze Haar und die blasse Haut ließen ihn wie einen an die falsche Stelle verschlagenen Stadtstreicher erscheinen.
    Er blieb zehn Schritte hinter Edward stehen und rief laut: »He, hast du dies gesehen?«
    »Was denn?«
    »Ein Loch.«
    Edward kam zurück. Reslaw warf ihnen einen Blick zu, zuckte die Achseln und setzte den Rundgang um den Hügel fort.
    Das Loch war ungefähr einen Meter weit und führte schräg aufwärts in die Tiefe des Hügels. Edward hatte es nicht gesehen, weil der Eingang in tiefem Schatten lag, unter einer von den warmen Sonnenstrahlen beschienenen Steinplatte. »Das ist keine Strömungsröhre. Sieh nur, wie glatt!« sagte Minelli. »Kein Einbruch, keine Spuren.«
    »Schlechte Geologie«, bemerkte Edward. Wenn der Hügel ein Schwindel ist, dann ist dies der erste Irrtum.
    »Hm?«
    »Das ist natürlich. Sieht so aus, als ob irgendein Schürfer vor uns hier gewesen wäre.«
    »Warum sollte er in einen Schlackenkegel ein Loch bohren?«
    »Vielleicht ist es eine Indianerhöhle«, schlug Edward lahm vor. Das Loch beunruhigte ihn.
    »Indianer mit Diamantbohrern? Unwahrscheinlich«, sagte Minelli leicht spöttisch. Edward ignorierte seinen Ton und stieg auf einen Lavablock, um besser in die Dunkelheit schauen zu können. Er zog eine Taschenlampe aus dem Gürtel und richtete den Lichtstrahl in die Tiefe. Glatte runde Lavawände mit matter Oberfläche absorbierten das Licht nach acht bis zehn Metern. Bis dahin war der Tunnel gerade und ohne Merkmale, mit einer Steigung von ungefähr dreißig Grad.
    »Riechst du etwas?« fragte Minelli.
    Edward schnüffelte. »O ja. Was ist das?«
    »Ich bin mir nicht sicher…«
    Der Geruch war schwach, sanft und angenehm, leicht säuerlich. Er lud nicht zu weiteren Nachforschungen ein. »Wie ein Labormief«,
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