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Schmetterlingsschatten

Schmetterlingsschatten

Titel: Schmetterlingsschatten
Autoren: Veronika Bicker
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eines Mädchens, das Laura erschreckend ähnlich sah. Ein Mädchen in weißen Sommerhosen und mit einer bunten Bluse, wie Laura sie zuletzt getragen hatte.
    Es nützte nichts, früher oder später landeten ihre Gedanken doch wieder bei Laura und sie konnte nur mit Mühe verhindern, dass ihr dann Tränen in die Augen traten. Ein Glück, dass Mathe die letzte Stunde war. Vielleicht hätte sie einfach nach Hause gehen sollen. Das war ja wirklich kaum auszuhalten. Aber zu Hause wäre es sicher nicht besser gewesen und außerdem traute sich Elena sowieso nicht zu schwänzen.
    »Kommst du mit?«
    »Was?« Elena war wie in Trance aus dem Schultor gelaufen, den Kopf immer noch voller Erinnerungen. Verwirrt sah sie Vivienne an. Sie hatte überhaupt nicht mitbekommen, worum es ging.
    »Ob du noch mit zu mir kommst. Was essen und dann für Geschichte lernen. Du wolltest doch, oder nicht?«
    Stimmt, die Geschichtsarbeit morgen. Elena hatte ihre Mutter fragen wollen, ob sie zum Lernen zu Viv konnte. Nur war ihre Mutter gestern wieder einmal in so furchtbarer Stimmung gewesen, dass Elena sich nicht getraut hatte.
    »Ich hab vergessen zu fragen«, log sie. »Mama spielt verrückt, wenn ich einfach mitgehe, ohne Bescheid zu sagen.« Zumindest das war die Wahrheit.
    Vivienne seufzte. »Deine Mutter spinnt.« Sie hievte ihre schwere, lederne Schultasche auf die Schultern und stöhnte. »Das Teil bringt mich noch irgendwann um.«
    Elena zuckte mit den Schultern. »Ich komm nachher zum Lernen. Das sollte klappen. Ich kriege das schon hin.« Sie hoffte nur, dass das stimmte. Prinzipiell hatte ihre Mutter nichts dagegen, wenn sie zu Vivienne ging, aber dann musste Elena das spätestens am Tag vorher ankündigen. Und wenn sie gewusst hätte, dass die beiden danach mit Timo ins Schwimmbad gehen wollten, wäre sie ausgerastet. Sie schien jeden Jungen für eine potenzielle Gefahr zu halten, selbst Timo.
    »Das sagst du immer. Und meistens kriegst du’s dann nicht hin«, maulte Viv.
    »Doch ich schaff das schon. Ich weiß, wie ich meine Mutter rumkriege«, erwiderte Elena etwas ärgerlich. Fing jetzt Vivienne auch schon an, an ihr zu zweifeln? »Ehrlich«, fügte sie verstärkend hinzu, als Vivienne sie skeptisch ansah.
    »Okay.« Vivienne zuckte mit den Schultern und umarmte sie flüchtig. »Bis später dann.«
    Elena winkte ihr hinterher und trottete dann los, nach Hause.
    Auf dem kleinen Platz vor der Kirche lungerten ein paar Jugendliche herum. Zwei von ihnen hockten auf dem Brunnenrand und rauchten, die übrigen fünf hatten sich in mehr oder weniger lässigen Posen auf dem Asphalt breitgemacht. Elena kannte nur zwei von ihnen mit Namen, Kevin und Vanessa, die mit ihr zur Grundschule gegangen waren. Die übrigen waren älter, teilweise standen sie kurz vor dem Schulabschluss.
    Unwillkürlich senkte Elena den Blick und versuchte, möglichst unauffällig einen Bogen um die Gruppe zu schlagen. Sie gab es nicht gerne zu, aber insgeheim machten ihr diese Typen Angst. Immer wieder passierte es, dass sie Streit anfingen. Sie benahmen sich, als gehöre ihnen das gesamte Dorf und niemand könne ihnen Vorschriften machen. Elena hoffte nur, dass sie es schaffte, unbehelligt an ihnen vorbeizukommen. Aber da hatte sie sich wohl getäuscht.
    Einer der Jungen pfiff. Sie sah nicht auf, sondern beschleunigte stattdessen ihren Schritt noch.
    »Hey, Elena!« Sie erkannte Vanessas Stimme. Früher hatte Elena sie ganz gerne gemocht. Sie wohnte gegenüber von Vivienne und so hatten sie manchmal sogar zu dritt gespielt, aber seit sie mit diesen Typen rumhing, war sie ziemlich unausstehlich geworden. Elena antwortete nicht.
    »Hast du schon von der Leiche gehört? Sah bestimmt nicht schön aus. Wie deine Schwester!« Jemand lachte.
    »Die sah doch vorher schon nicht gut aus.« Noch mehr Lachen.
    »Ob da noch Blut ist, was meinst du? Alles verschmiert?«
    Elena zuckte mit den Schultern, weil sie sich seltsam verpflichtet fühlte, eine Reaktion zu zeigen. Sie hoffte darauf, dass sie zu faul waren, wirklich aufzustehen und ihr den Weg abzuschneiden. Sie hatte schon fast das andere Ende des Platzes erreicht. Stur sah sie weiter zu Boden.
    »Ich würde ja gerne mal eine Leiche sehen . . .« Kevin. Allerdings sprach er leise, schon wieder mehr zu den anderen gewandt als zu Elena. Offensichtlich hatten sie das Interesse verloren.
    Aufatmend bog sie in die nächste Seitenstraße ein. Es kam ihr so vor, als wäre sie ganz knapp einem Unglück entronnen.
    Immer, wenn
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