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Schmetterlingsschatten

Schmetterlingsschatten

Titel: Schmetterlingsschatten
Autoren: Veronika Bicker
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Rucksack. Ihre Mutter würde sich wieder Sorgen machen, wenn sie zurückkam. Und natürlich würde Elena Ärger bekommen. Aber immer noch besser, als den ganzen Tag zu Hause zu sitzen.
    Leise zog sie die Tür auf und schlängelte sich nach draußen. Als sie auf die Straße trat, konnte sie gar nicht anders, als erleichtert aufzuatmen. Entkommen! Mit einem Gefühl des Triumphes machte sie sich auf den Weg die Straße hinunter.
    Rasche, leise Schritte und eine Bewegung, die sie nur aus den Augenwinkeln erkennen konnte, ließen sie innehalten. Auf der anderen Straßenseite konnte sie gerade noch eine hochgewachsene Gestalt hinter einer der Platanen verschwinden sehen, dann lag die Straße wieder ruhig im Julisonnenschein. Im Garten der Nachbarn schnatterten die Enten lautstark. Hatte sie sich das eingebildet? Sah sie jetzt auch schon Gespenster? Oder war das am Ende sogar der komische Anrufer von vorhin?
    Elena starrte zu den Platanen hinüber, bis ihre Augen von der Sonne schmerzten, doch nichts rührte sich.
    »Perversling!«, rief sie über die Straße, aber selbst in ihren eigenen Ohren hörte sich ihre Stimme unsicher an. Keine Reaktion. Und doch war sie sich sicher, dass dort jemand war. Sie konnte seinen Blick beinahe spüren.
    Langsam wandte sie sich ab und begann, betont gelassen die Straße herunterzugehen. Erst, als sie um die nächste Straßenecke gebogen und außer Sicht war, begann sie zu rennen, so schnell sie konnte. Sie flog an Vorgärten und Garagen vorbei, als gelte es ihr Leben. Ihre trommelnden Schritte durchbrachen erschreckend laut die Stille des Julinachmittags. Erst vor Viviennes Haustür hielt sie inne und schnappte nach Luft. Unwillkürlich sah sie sich um, ob ihr jemand gefolgt war, aber die Straße wirkte genauso ausgestorben wie zuvor.
    Ärgerlich über sich selbst, schüttelte sie den Kopf. Dummkopf, wer sollte dich schon verfolgen und warum überhaupt?
    Aber das ungute Gefühl blieb.

Kapitel 2
    Montag, 22. Juli 2005
    Ich weiß nicht, wie lange ich das noch durchhalten kann. Immer wieder taucht dieses Gesicht in meiner Erinnerung auf, manchmal voller Entsetzen, manchmal mit diesem anklagenden Blick, den ich kaum ertragen kann.Ich weiß, dass ich etwas unternehmen sollte, aber mir ist auch bewusst, dass sie mich beobachten. Ich weiß nicht, was sie tun werden, wenn ich … Manchmal frage ich mich, ob ich nun auch in Gefahr bin.
Vielleicht hilft es, wenn ich einfach nicht mehr daran denke.
    »Na in den Wald natürlich.«
    »Spinnst du, oder was? Was sollen wir da?« Elena starrte Timo entgeistert an. Der verschränkte lässig die Arme vor der Brust und machte ein betont gleichmütiges Gesicht.
    »Ich finde das spannend. Vielleicht finden wir raus, was passiert ist.«
    »Quatsch, wenn die Polizei nichts herausgefunden hat, werden wir bestimmt nicht über einen Hinweis stolpern. Und außerdem muss ich nach Hause.«
    »Weiß deine Mutter, dass Sport ausfällt?«, hielt Timo dagegen.
    Elena biss sich auf die Lippe. Was sollte sie darauf sagen? Sie hatten ja selbst gerade erst erfahren, dass der Nachmittagsunterricht wegen der Hitze gestrichen worden war. Ihre Mutter würde sie frühestens gegen halb fünf zu Hause erwarten und jetzt hatten sie gerade ein Uhr.
    »Ich will da nicht hin, Timo«, gab sie zu.
    »Hast du Angst? Die Leiche liegt nicht mehr da, die ist in der Pathologie.« Er lächelte überlegen. Elena hätte ihn am liebsten geohrfeigt. Begriff er denn nicht, dass sie keine Lust hatte, den Leichenfundort zu besichtigen? Sie wollte nicht so nahe an dem Ort sein, an dem Laura gestorben war. Seit Tagen schon ärgerte sie sich darüber, dass alle nur noch darüber redeten. Warum musste ausgerechnet Timo wieder damit anfangen?
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich hab keine Angst. Ich will da nur nicht hin. Ich seh nicht, was das bringen soll, außer, dass du vor den anderen Jungen damit angeben kannst, wie cool du bist.« Am liebsten hätte sie sich die Zunge abgebissen. Jetzt war er bestimmt sauer. Aber sie war eben überreizt.
    Timo schnaubte ärgerlich. »Dann halt nicht. Bist eben genauso feige wie die anderen Mädchen.«
    Brüsk wandte er sich um und marschierte auf die Fahrradständer zu. Verärgert sah Elena ihm nach. Blöder Idiot. Mach doch, was du willst. Mir kannst du jedenfalls gestohlen bleiben. Enttäuscht lief sie auf das andere Ende des Schulhofes zu.
    »He, Elena!« Der Ruf ließ sie innehalten. Aus dem Schulhaus kam jemand quer über den Hof auf sie zugeeilt. Sie brauchte
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