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Tod Im Anflug

Titel: Tod Im Anflug
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Prolog
    Der Tod kommt auf leisen Flügeln. Das war ihm bekannt. Nie und nimmer hätte er gedacht, dass es auch ihn treffen könnte.
    Schon gar nicht jetzt, auf diese Weise …
     
    Er fühlte sich nicht wohl an diesem späten Frühlingsabend. Nicht, dass er der Völlerei gefrönt hätte, wenn er auch sonst nie einen guten Bissen ausließ. Von einem Saufgelage konnte auch keine Rede sein. Und trotzdem – irgendetwas stimmte nicht.
    Rachen und Magen schmerzten, brannten regelrecht. Dass dieses Feuer in seinem Inneren nicht mit Wasser zu löschen war, das spürte er.
    Ein kleiner Spaziergang würde ihm vielleicht guttun.
    Zu seinem brennenden Magen kam jetzt noch ein unerträglicher Druck im Brustkorb hinzu. Mit seiner Lunge war auch etwas nicht in Ordnung. Das Atmen fiel ihm immer schwerer.
    Auf zittrigen Beinen schleppte er sich an Hecken vorbei, die seinen Weg linker Hand von hübschen Campingparzellen trennten. Zu seiner Rechten hatte er trotz Dunkelheit offene Sicht über die abschüssige Böschung hinweg auf den kleinen, schwach beleuchteten Hafen mit seinen dümpelnden Booten. Doch er würdigte sie keines Blickes. Ihm fehlte die Kraft dazu.
    Ruhig und friedlich war es, wie immer um diese nächtliche Stunde. Von Zeit zu Zeit gaben aufgescheuchte Blässhühner Klicklaute von sich. Schläfrige Enten baten sogleich schnatternd um Ruhe.
    Er hätte den Spaziergang genossen, wenn nur dieses Brennen und diese fürchterliche Atemnot nicht gewesen wären. Ihm wurde heiß, und sein Herz raste.
    Jäh wurde eine Wohnwagentür hinter ihm aufgerissen. Streitende Stimmen schwappten in die Dunkelheit, vertrieben die wohltuende Stille. Unwillkürlich zuckte er zusammen. Das hitzige Wortgefecht endete genau so abrupt, wie es begonnen hatte – mit dem heftigen Knallen der Wohnwagentür. Einzig eine immer noch erboste Stimme entfernte sich brummend und schimpfend.
    Linderung brachte ihm dieser Spaziergang nicht. Im Gegenteil, er fühlte sich immer schlechter. Er mobilisierte die kläglichen Reste seiner schwindenden Energie, um nach Hilfe zu rufen. Doch seiner Kehle entwich nur noch ein leises Krächzen.
    Er begann zu schwanken, sein Blick trübte sich. Dann wurde ihm schwarz vor Augen. Dumpf schlug er auf dem Boden auf und rutschte mit dem Kopf voran ein Stück den Hang in Richtung Wasser hinunter.
    Wenige Augenblicke später tat er seinen letzten Atemzug.

1
    In einer ausgedehnten Schleife überflog Tom an diesem späten Nachmittag den großen, idyllischen See. Blaues Wasser so weit das Auge reichte, umrahmt von dicht bewaldeten Ufern und smaragdgrünen Lichtungen.
    Tief unter sich sah er den Campingplatz mit seinen unzähligen Wohnwagen, Vorzelten und blumenverzierten Grillstellen. Auch der kleine Yachthafen mit den in der Sonne blitzenden weißen Booten war gut zu erkennen.
    Hier war sein Zuhause. Hier gehörte er hin.
    Langsam drosselte er das Tempo und setzte zum Landeanflug an. Er bereitete sich auf eine Wasserlandung vor, wobei er einen Pulk von Enten und anderen Wasservögeln ansteuerte, die in der Nähe des Schilfs schwammen. Je langsamer und präziser er flog, desto weicher und sicherer war die Landung. Kurz bevor er die Wasseroberfläche erreichte, veränderte er den Winkel der Flügel zum Rumpf, der Luftstrom fing sich in den Federn und bremste ihn ab. Mit gespreizten Zehen und gespannten Schwimmhäuten schlidderte er wie ein Wasserskiläufer einige Meter über den vom Wind leicht gekräuselten See, dann setzte sein Körper auf.
    »Hallo Tom, da bist du ja endlich. Wir haben schon auf dich gewartet«, wurde er sogleich vielstimmig begrüßt.
    Während Tom kleine Wasserperlen aus dem Gefieder schüttelte und einzelne Federn mit dem Schnabel wieder an die richtige Stelle bugsierte, suchten immer mehr Artgenossen seine Nähe.
    »Ist es wahr? Stimmt es? Du hast ihn gefunden?«, fragte Barkas, das Blässhuhn, ohne jegliche Zurückhaltung. Sein weißer Schnabel und das weiße Stirnschild hoben sich kontrastreich vom schwarzen Gefieder ab.
    Tom, ein junger, farbenprächtiger Ganter aus der Familie der Nilgänse, nickte. Es hatte sich also herumgesprochen – eigentlich kein Wunder, schließlich waren Gänse und Enten für ihre Schnatterhaftigkeit bekannt. Wenn eine von ihnen etwas erfuhr, wusste es zwei Minuten später der ganze See.
    »Erzähl mal. Klick-Klick. Wie sah er denn aus?« Bei jedem Wort nickte Barkas ganz nach Blässhuhnart mit dem Kopf vor und zurück. Kleine Klicks zwischen den Worten verrieten seine
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