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Schmetterlingsjagd (German Edition)

Schmetterlingsjagd (German Edition)

Titel: Schmetterlingsjagd (German Edition)
Autoren: Kate Ellison
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überrascht. Noch ein Mädchen, das gestorben ist, noch eine Stripperin im Drogenrausch.
    So läuft das eben.
    Aber mir reicht das nicht. Ich will mehr. Ich brauche mehr.
    Neue Suche: Neverland; Sapphire; Mord. Eine Reihe von Ergebnissen, die meisten Links zu dem Artikel, den ich gerade im «Plain Dealer», der größten Zeitung des Landes, gelesen habe. Aber dann fällt mir etwas Neues ins Auge, fett und in Großbuchstaben: B. HORNETS NEVERLAND VERBRECHENSBLOG. Meine Kehle ist wie zugeschnürt.
    Klick.
    Die Seite baut sich auf und sieht aus wie von der Superhausfrau Martha Stewart designt, um damit eine neue Tapetenkollektion zu bewerben: alles in Pastellrosa und -blau, eine Zierleiste mit blühenden Hyazinthen, Osterglocken, Glockenblumen; in jeder Blüte sitzen Comic-Hornissen mit riesigen Stacheln und grinsen. Die zartrosa Überschrift lautet: Alles, was Sie schon immer über Mord, Selbstmord und andere aufsehenerregende Vorkommnisse wissen wollten, sich aber nie zu fragen trauten. Ich finde in der linken oberen Ecke: Neverland-Morde. Zwischen meinen Ohren wird ein Summen lauter, eine starke, wilde Hitze.
    Klick.
    Eine neue Seite lädt, mit denselben gruseligen Pastellblüten, aber diesmal stehen sie vor einem Hintergrund aus grausigen fingernagelgroßen Fotos. Eine Namensliste in gefetteten Buchstaben wölbt sich wie ein gebogenes Rückgrat über die Mitte der Seite. «Sapphire: 19 Jahre, zu Hause ermordet; Lourraine Street.» steht gleich oben. Mein Herz setzt einen Schlag aus. Immer noch nur Sapphire, kein Nachname. Daneben blinkt ein Banner mit der Aufschrift: NEUZUGANG!!!, als handele es sich um eine Werbung für einen Staubsauger oder ein neues Spülmittel.
    Klick.
    Ganz oben: eine selbstgezeichnete Straßenkarte mit der Überschrift: Neverland und Umgebung. Darunter noch mehr Fotos, alle offenbar von außen geschossen und teilweise unkenntlich durch die Lichtreflexe auf der Fensterscheibe: ihre Wohnung, durchwühlt und geplündert, der Fußboden bedeckt mit Kleidern und umgeworfenen Möbeln, ein Blutfleck an der Schlafzimmerwand. Die Fotos sind grobkörnig, als wären sie mit einem Handy aufgenommen.
    Ich stelle mir vor, wie sie in diesem hellblau gestrichenen Zimmer vor dem Spiegel sitzt und sich schminkt, Schicht für Schicht das Make-up aufträgt, als ob sie eine Geburtstagstorte verziert. Wie sie ihre blauvioletten Lippen aufeinanderpresst, um den Lippenstift zu verteilen. Ich stelle mir vor, wie eine Blutwelle hinauf zu ihren Fußgelenken schwappt, hoch zu ihren Knien, bis zum Hals – alles in ihrem Zimmer tanzt auf dieser blutigen Flut wie Bojen im Hochwasser.
    ***
    Um mich zu beruhigen, bevor ich ins Bett gehe, stelle ich die Kupferelefanten näher an die Kasperlefiguren heran und die Kasperlefiguren näher an die hölzernen Schaukelstühle, die zum Puppenhaus gehören. Ich habe ein nervöses Gefühl im Magen und muss die Gegenstände wieder neu ordnen.
    Normalerweise beruhigt mich das, aber ich kann mich diesmal nicht konzentrieren, und es hilft nicht. Irgendwas stimmt nicht; alles in meinem Zimmer ist falsch, nicht dort, wo es hingehört. Verdreht. Zerschmettert. Nackt.
    Ich kann es einfach nicht richtig machen.

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel 3
    Ich wache von den Sonnenstrahlen auf, die durch meine Jalousien dringen, rolle mich auf den Rücken und recke mich. Der Samstag hat seinen ganz eigenen Geschmack: Er schmeckt nach den Brombeeren, die Mom und ich jede Woche pflücken gegangen sind, als wir die drei Monate in Kuna, Idaho, wohnten. Damals war ich zehn Jahre alt. Ich erinnere mich noch, wie ungeheuer stolz ich war. Ich hielt den vollen Korb mit meiner Ernte vor der Brust und stopfte den ganzen Tag lang Brombeeren in mich hinein.
    Samstag ist Flohmarkttag, der heiligste aller Tage.
    Dann spüre ich das Pochen in meiner Hand. Der Schnitt. Das Glas. Der Knall . Es ist also wahr.
    Ich steige in meine Cargohose und rolle den viel zu weiten Bund herunter, damit sie nicht rutscht. Darüber ziehe ich meinen warmen grünen Kapuzenpullover, der wie die meisten meiner Klamotten weit genug ist, um meine Brüste zu verstecken. Ich habe mich immer noch nicht an sie gewöhnt. Vielleicht werde ich das nie tun. Sie kamen ungefähr in der neunten Klasse, dritte Woche, ohne mich vorher zu fragen – erst die rechte, dann die linke, die wuchs, genau so groß wie die rechte wurde und sie dann überholte. Die beiden haben irgendwie einen Wettstreit ausgetragen, glaube ich.
    Ich schaue in meinem Schuh nach,
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