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Schmetterlingsjagd (German Edition)

Schmetterlingsjagd (German Edition)

Titel: Schmetterlingsjagd (German Edition)
Autoren: Kate Ellison
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schluckte dieses Gerücht das andere. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Leute in der Schule gar nichts über mich wissen, es ist ihnen auch egal. Wahrscheinlich wissen sie nicht mal, wie ich heiße. Für die bin ich ein Geist. Sie machen sich nicht einmal die Mühe, über mich zu lästern. Falls sie von Oren gehört haben – und sie müssen von ihm gehört haben –, wissen sie nicht, dass er mein Bruder war. Sicher haben sie nicht mal gemerkt, dass ich letztes Jahr einen ganzen Monat gefehlt habe.
    Keri sagt: «Hier ist es irgendwie schräg, oder?» Sie schenkt mir ein Lächeln und zeigt dabei ihre perfekten blendend weißen Zähne. «Camille wollte unbedingt hierher. Sie will ein Geschenk für ihre Oma finden oder so.» Sie schiebt ihre riesige, makellose Handtasche in die Beuge des linken Arms und redet sofort weiter, sodass ich keine Zeit habe, etwas zu sagen: «Also, ich war ja total weggetreten im Kurs von Keller am Freitag. Nicht, dass es so schwierig gewesen wäre oder so. Ich meine, ich kapier das normalerweise schon, aber im Ernst, glaubt Mr. Keller ernsthaft, dass wir uns auf Ableitungen konzentrieren können, so kurz vor dem Wochenende?» Sie schüttelt den Kopf und wirft mir einen wissenden Blick zu, als ob ich verstehen müsste , wie schwierig es ist, an einem Freitag im Unterricht aufzupassen – bei all den Partys und Besäufnissen und Sex am Hotelpool, die an meinen Wochenenden normalerweise stattfinden.
    «Ja», sage ich, «genau.» Ich nicke nachdrücklich. Viel zu nachdrücklich. Ich zwinge mich, wieder stillzuhalten, streiche meinen Pony nach links und starre auf die Kappen meiner abgewetzten Chucks. Das schöne Sonnabend-Gefühl verflüchtigt sich. Die verdammte Keri Ram hat es mit ihrem glänzenden Haar und ihrer makellosen Stirn und ihrer geraden Nase und dem fröhlichen Paisley-Kleidchen kaputt gemacht.
    «Ich weiß. Ich meine, es ist wirklich total leicht und außerdem noch langweilig.» Keri betont so, dass es total leicht ist, damit ich sehe, was für eine kluge und beeindruckende und starke Führungspersönlichkeit sie sein wird, wenn ich sie im Mai zur Jahrgangssprecherin wähle ( Nur noch zwei Monate bis dahin! Es ist nie zu früh, an die Wahlen zu denken! ) – da bin ich ganz sicher. Ich schaue zu ihr hoch. Sie wirft ihr Haar über die rechte Schulter und beißt sich auf die Unterlippe. «Hast du es geschafft, die Hausaufgaben zu machen oder so? Ich hasse Mathe, aber ich brauche die Eins, oder meine Alten bringen mich um, weißt du?» Sie schaut mich erwartungsvoll an.
    «Wir. Eigentlich hatten wir nichts auf. Ich meine, nicht wirklich nichts, aber eigentlich war es nichts.»
    Keri sieht verwirrt aus. «Warte mal – also haben wir gar nichts auf? Oder doch?»
    Auf ihrem Kinn sprießen drei Pickelchen. Sie hat zwar Abdeckcreme aufgetragen, aber ich erkenne sie trotzdem. Ich starre die Pickel an und antworte. «Na ja, Mr. Keller sagte nur, wir sollten uns Kapitel zwölf noch mal anschauen, wenn wir uns bei der Berechnung von Grenzwerten noch nicht sicher fühlen oder so.»
    Keri lächelt, und ihre Pickelchen wandern auseinander. «Oh. Hammermäßig.» Sie streicht ihr Kleid glatt und seufzt glücklich. «Keller ist vielleicht doch nicht so ein Arsch, wenn man’s recht bedenkt.»
    Sie schaut über ihre Schulter, denn Camille ruft von einem Stand in der Nähe nach ihr. Dann wendet sie sich wieder mir zu und sieht erleichtert aus, jetzt einen Grund zu haben, mich loszuwerden. «Also, sieht so aus, als ob Camille was für ihre Oma gefunden hätte … danke für die gute Nachricht, Mädchen.»
    «Lo», sage ich, als sie gerade gehen will.
    Sie hält inne, dreht sich noch einmal um und schaut mich mit eigentümlichem Gesichtsausdruck an. «Was?»
    «Ich heiße Lo», sage ich und spüre, wie mir die Röte ins Gesicht steigt.
    Sie schaut mich mit zusammengekniffenen Augen mitleidig an. «Ich weiß, wie du heißt. Wir haben ungefähr vier Kurse zusammen.» Sie schüttelt den Kopf und runzelt die Brauen, dann rennt sie durch die Menge auf Camille zu, als hätten sie sich seit Jahren nicht mehr gesehen.
    Ich beobachte, wie Camille in meine Richtung schaut und auf mich zeigt, sobald Keri bei ihr angekommen ist. Keri schlägt Camilles Hand herunter, flüstert ihr etwas ins Ohr. Beide schütteln den Kopf und lassen sich mit der Menschenmenge in Richtung Ausgang treiben.
    Ich schlendere weiter und warte, dass sich die schlechten Gefühle verziehen. Hoffentlich sind die Leute so sehr mit
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