Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schmetterlingsjagd (German Edition)

Schmetterlingsjagd (German Edition)

Titel: Schmetterlingsjagd (German Edition)
Autoren: Kate Ellison
Vom Netzwerk:
er fort. «Was, wenn es die eigene Religion verbietet zu duschen? Was, wenn man nicht will, dass die anderen Kinder den eigenen unanständig haarigen Körper zu sehen bekommen, weil man weiß, dass sie es hinterher gegen dich verwenden und absurde Primatenvergleiche anstellen werden?»
    «Nein», sage ich, «man muss nicht hinterher duschen, wenn man nicht will.»
    «Puh», sagt er, nimmt die Bärenmütze ab und fährt sich mit der Hand durch die Dreadlocks.
    Wir erreichen die Auffahrt, die sich über den Rasen bis zur Sporthalle schlängelt. Ihr Eingangsbereich ist mit blinkenden weißen Lichtern geschmückt. Flynts Hand drückt meine – vielleicht ist er genau so nervös wie ich –, und wir laufen den Betonweg hoch.
    Andere Schüler drängen sich an uns vorbei, als wir an der Treppe ankommen. Es sind fast nur Mädchen in langen, glitzernden Roben, die viel zu viel Lidschatten tragen und das Haar steif auf die Köpfe getürmt haben. Sie sind mit Strass beladen und haben die Brüste mit blassrosa Korsagen hochgedrückt. Die Jungs tragen alle die gleichen schwarzen Smokings, wie Pinguine, Lackschuhe, Haargel und viel zu viel Rasierwasser. Alle sind viel zu steif, einige von ihnen offenbar schon betrunken. Manche Mädchen frischen auf dem Weg immer noch ihr Make-up auf oder halten sich unsicher an ihren Täschchen fest.
    Es erinnert mich an das Tens – die Gerüche und die Show, das Versprechen von Sex in der Luft –, und ich muss einfach kichern.
    Camille Allen sieht mich und bleibt am Eingang stehen. Sie wirft sich das spaghettiglatte Haar über die Schulter und richtet ihre Perlenkette. Sie beugt sich zu Carly und Taylor und flüstert extra laut: «Offenbar kapieren es manche Schlampen einfach nicht und tauchen einfach auf, obwohl sie nicht willkommen sind.»
    Carly und Taylor lachen sich kaputt. Sie tragen passende rosafarbene Handtaschen mit passendem rosafarbenem Nagellack. Camille fährt fort: «Was sie übrigens so ziemlich nirgendwo wären.»
    Hau ab, Schlampe. Die Worte, die jemand auf meine Jahrbuchfotos gekritzelt hat. An meinem Spind. Ich keuche auf und verstehe – sie wollte, dass ich mich von Keri fernhalte und von Jeremy. Sie hatte Angst, ich könnte das empfindliche Gleichgewicht der beliebten Schüler durcheinanderbringen. Vielleicht dachte sie sogar, dass sie Keri einen Gefallen täte.
    Sie wendet sich um und will schon hineingehen, immer noch grinsend, da bricht es aus mir heraus:
    «Hey, Camille.»
    Sie dreht sich zu mir um und stemmt eine Hand in die Hüfte. «Was?»
    «Du hast recht», sage ich und spüre, wie der Drang nach meiner Kehle greift und ich es noch ein Mal sagen muss und noch ein Mal. «Du hast recht. Du hast recht.» Ich halte inne, balle die Fäuste und zwinkere sechs Mal. «Ich hätte nicht kommen sollen. Weil manche ‹Schlampen› eigentlich auch gar nicht willkommen sein wollen , wo Menschen wie du sich rumtreiben.» Um mich herum kichern die Leute. Ich sehe noch, wie sich Camille abwendet, mit geblähten Nasenflügeln und glänzenden Lippen, die sie zu einer geraden, harten Linie zusammengepresst hat, und mit ihrer Armee in das grelle Licht und das Geplärre der Abschlussballwelt tritt.
    Allein der Gedanke, dass mich meine eigene Mitschülerin bedroht und solche Mühen auf sich genommen hat, um mich zu erschrecken, bringt den Drang wieder zurück. Das Bedürfnis, zu tip tip tip tip tip tippen. Die Leute gucken, aber ich kann es nicht unterdrücken, ich kann mich nicht zusammenreißen. Sie werden alle erfahren, was ich bin. Sie haben es immer gewusst: Penelope Marin, Oberschenkeltipperin, Wortewiederholerin, Durch-und-durch-Freak.
    In dem Moment, in dem ich das Gefühl habe, dass mein Wille schwindet – mein Wille, hier zu sein, teilzunehmen, nicht zurückzuweichen  –, legen sich Flynts Finger um meine. Sein Daumen streicht zärtlich über meine Handlinien. «Wollen wir einfach gleich zur After-Party übergehen?», fragt er und versucht, locker zu klingen. «Das ist doch sowieso der beste Teil des Festes.»
    «Ja.» Erleichterung durchströmt mich wie eine Welle, und plötzlich geht mir auf, was ich gerade getan habe. Ich habe Camille Bescheid gestoßen, vor der halben Klasse. Und es war toll. «Die After-Party ist genau das, was ich brauche.»
    ***
    «Folge mir», sagt Flynt und scheucht mich von der Treppe. Wir gehen zwischen den Fußballfeldern Nummer eins und zwei hindurch, an dem kleinen Flüsschen vorbei, das am Rande des Carver-Campus fließt und in dem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher