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Schluss mit der Umerziehung!

Schluss mit der Umerziehung!

Titel: Schluss mit der Umerziehung!
Autoren: Gisela A. Erler
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der Pflege und Betreuung älterer Menschen. Der Anteil von Männern wird wohl in Zukunft noch wachsen – gerade im Bereich der Kindertagesstätte und Schule ist es ein vordringliches Ziel, mehr männliche Pädagogen zu gewinnen. Die gezielte Förderung von Jungen in den weiblich dominierten Bereichen von Kindertagesstätten und Schulen ist uns ein programmatisches Anliegen.
    Doch die ersten prägenden Jahre, in denen die Organisationsstrukturen und Arbeitsweisen des Unternehmens sich entwickelten, waren ausschließlich von Frauen bestimmt. Die Firma war und ist deswegen eine Art Laborversuch, an dem wir beobachten können, wie sich Frauen aufstellen und organisieren, wenn sie selbst die Regeln entwickeln. Die Unterschiede zu einem von Männern bestimmten Unternehmen im Hinblick auf das, was Frauen motiviert, was sie antreibt, wie sie miteinander umgehen und Prozesse organisieren, wie sie sich Ziele setzen, was sie als Erfolg definieren, aber auch, wo sich Konflikte bilden, wie sie gelöst oder ausgetragen werden, sollten sich in einem solchen Umfeld klar ablesen lassen. Es wird sich dann vielleicht auch die Frage beantworten lassen, ob und wie es gelingen kann, mehr Männer in ein so geführtes Unternehmen gut zu integrieren, ohne dass die speziellen Stärken der Firma, besonders bei der Personalentwicklung und dem Freisetzen von Motivation und Kompetenzen von Frauen, geschwächt werden.
    Gerade durch das Fehlen von Männern in unserem Unternehmen haben Frauen ganz selbstverständlich alle Aufgaben und Hierarchiestufen besetzt und gestaltet. Den krassesten Ausdruck fand dies im IT- Bereich. Die Beratung und Vermittlung im Auftrag von Familien erfordert, besonders wenn sie überregional erfolgt, umfassende Datenbanken – mit allen Familien und Kindern, die uns nutzen, allen Betreuungspersonen, die wir vermitteln, allen Einrichtungen, die uns bekannt sind. Das Ganze muss verknüpft werden mit den Unternehmen, die uns beauftragen – und es muss erkennbar sein, wer wann was für wen erledigt hat.
    Die erste Software in unserem Haus wurde von einer Kollegin eingeführt, die noch bei ihrer Einstellung die Bedingung gestellt hatte, niemals mit einem Computer arbeiten zu müssen. Jedoch nicht nur hatte sie nach kurzer Zeit gelernt, einen Computer zu bedienen, sondern auch erkannt, dass wir die engen Grenzen unserer Dokumentation überwinden mussten, um leistungsfähiger zu werden – ein Fall von Empowerment einer Frau und pragmatischer Eroberung eines Feldes, das sie vorher weder kannte noch sich zutraute. 3
    Für unsere internen Zwecke wählten wir schließlich eine Datenbank, die unter Programmierern sehr umstritten ist, dafür aber einen für unser Frauenunternehmen unschätzbaren Vorteil bot: Sie ließ sich schnell anpassen und umprogrammieren, wenn neue Anforderungen gestellt wurden. Dafür müssen die Programmierer keine IT- Expertinnen sein; das Wissen lässt sich mit Motivation, Geduld und praktischer Intelligenz selbst aneignen, wobei eine Kollegin dabei ganz ungewöhnliche strategische und konzeptionelle Fähigkeiten einbrachte. Immer wieder stieß unser weibliches IT- Team auf Erstaunen in der Außenwelt, nicht nur weil es sich um junge Frauen handelte, sondern auch wegen der unkonventionellen Arbeitsweise: Bei den Datenbankbesprechungen zum »Aktionsprogramm Mehrgenerationenhäuser« im Familienministerium erschien unsere langhaarige blonde Kollegin mit ihrem starken bayerischem Akzent und setzte neue Wünsche an die Datenbank auf dem Laptop noch vor Ort um, was mit »normalen« Datenbanklösungen niemals möglich wäre.
    Markenzeichen unserer von Frauen für die Praxis entwickelten IT- Lösungen ist die sehr enge Verknüpfung von Inhalt und Programmierung. Die übliche Trennung zwischen denen, die die Abläufe kennen, oft Frauen, und denen, die diese Abläufe programmieren, gab es bei uns nicht. Genau diese Trennung ist jedoch Quelle zahlloser Störungen und Probleme der Anwender mit Datenbanken in der Welt von SAP und anderen. Dieser weiblich-pragmatische Zugang hat uns befähigt, eine ungeheuer leistungsstarke Datenplattform herzustellen. Mit dieser Eigenentwicklung unserer Software durch Frauen, die niemals eine IT- Ausbildung genossen hatten, die zugleich die datentechnische wie auch die inhaltliche Seite vollständig beherrschten, haben wir einen großen Beitrag zur Öffnung
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