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Die Wächter von Jerusalem

Die Wächter von Jerusalem

Titel: Die Wächter von Jerusalem
Autoren: Franziska Wulf
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Prolog
    Auszug aus Fluch des Merlin ; Anhang zum Rezept für das Elixier der Ewigkeit, gefunden 1499 in Glastonbury, England:
    »… von einer häufigen oder gar regelmäßigen Einnahme des Elixiers unbedingt abzuraten ist, da sich die zum Teil überaus unangenehmen Folgen selbst von dem bereits erfahrenen Magicus nicht beherrschen lassen.
    Als unabwendbare Folgen sind zu nennen:
    Zum Ersten die lebensverlängernde Wirkung des Elixiers, die selbst in hohen Verdünnungen und bei seltener Einnahme eintritt und manchem Magicus gewiss als wünschenswert erscheinen mag. Die Dauer dieser Wirkung schwächt sich mit dem Grad der Verdünnung ab, woraus sich ergibt, dass eine Ausdehnung der Lebensspanne bis zur Ewigkeit aus der Einnahme des unverdünnten Elixiers resultiert. Auch fördert eine häufige Einnahme diese Wirkung in erheblichem Maße. Diese Verlängerung der Lebensspanne muss zum besseren Verständnis von dem Erreichen der Unsterblichkeit getrennt werden, da der regelmäßige Konsum des Elixiers den Körper keinesfalls vor Wunden oder tödlichen Verletzungen zu schützen vermag. Das Elixier der Ewigkeit verhindert – oder besser verlangsamt – lediglich den natürlichen Prozess des Alterns. Die sich daraus ergebenden Folgen seien hier nicht erwähnt. Jeder verständige Magicus mag sich hierzu seinen Teil denken.
    Zum Zweiten feit das Elixier der Ewigkeit vor Krankheiten und Zipperlein jedweder Natur, was unter Umständen bei ausweglos erscheinenden Erkrankungen seinen Einsatz als Heilmittel denkbar erscheinen lässt. Doch sei hier ausdrücklich erwähnt, dass sich diese Wirkung nur auf körperliche Gebrechen bezieht, die nicht als Folge von Gewalteinwirkung entstanden sind. So wird, wer vom Elixier der Ewigkeit trinkt, weder unter Gliederreißen leiden noch je vom Schlag getroffen werden. Auch die Pest oder andere tödliche Seuchen können keinen Schaden mehr anrichten. Ob sich diese Wirkung durch die Verlangsamung der Alterung erklären lässt, bleibt zur Zeit noch Gegenstand der Forschung. Jedoch sei auch hier vor einer unbedenklichen Anwendung des Elixiers gewarnt. Der kluge Magicus bedenkt stets die Folgen seines Handelns!
    Zum Dritten übt das Elixier der Ewigkeit eine verheerende Wirkung auf den Geist aus. Geist und Seele werden umso labiler , je öfter von dem Elixier getrunken wird. Die daraus resultierenden Erkrankungen reichen von leichten Gemütsverstimmungen und schwerer Melancholie über unkontrollierbare Wutausbrüche und schwerste Aggressivität bis hin zu Größenwahn . Dem uneinsichtigen und regelmäßigen Konsumenten des Elixiers droht schließlich völlige geistige Umnachtung. Auch sei dringend davor gewarnt, das Elixier der Ewigkeit zu benutzen, um sich selbst in der Vergangenheit zu begegnen. Je öfter man sich selbst besucht, umso labiler und empfänglicher wird der Geist für die oben bereits hinreichend beschriebenen Auswirkungen.
    Zum Vierten ist das Elixier der Ewigkeit tückisch wie eine Schlange oder eine schöne Frau. Seine Rezeptur ist so fein und ausgefeilt, dass sie weit besser mundet als der beste Wein. Selbst die Standhaftesten unter den Magiern können allein seinem Duft und seinem Wohlgeschmack verfallen und dadurch verleitet werden, das Elixier immer wieder zu sich zu nehmen.
    Deshalb an dieser Stelle eine Empfehlung: Das Elixier der Ewigkeit sollte auf keinen Fall öfter als fünfmal in der Lebensspanne eines Menschen eingenommen werden, dazu seien die Abstände der Einnahme noch so groß wie möglich.
    Wer es nicht vermag, sich an diese Weisungen zu halten oder bereits unter den Auswirkungen des Elixiers leidet, bevor er diese Warnungen gelesen hat, dem sei dennoch nicht jede Hoffnung genommen. Das Drachenöl, nicht weniger als fünf Tropfen zur besseren Bekömmlichkeit in ein Glas schweren Wein oder eine stark gewürzte Speise gemischt und dann eingenommen , ist zumindest in der Lage, die lebensverlängernde Wirkung des Elixiers der Ewigkeit sofort aufzuheben. Das Rezept zur Herstellung des Drachenöls findet man ebenfalls in diesem Buch.
    Dass der kluge Magicus sich peinlichst davor hütet, das Elixier der Ewigkeit zu benutzen, um die Vergangenheit nach seinem Gutdünken zu gestalten, ist selbstverständlich. Alle anderen jedoch sind hiermit dringend davor gewarnt: Verändert nie die Vergangenheit! Selbst die geringste Abweichung im Lauf der Geschichte kann unabsehbare Folgen nach sich ziehen.
    Dem umsichtigen Magicus, dem Berater von Königen und Herrschern, mag das
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