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Schluß mit cool (German Edition)

Schluß mit cool (German Edition)

Titel: Schluß mit cool (German Edition)
Autoren: T.C Boyle
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nicht sich selbst, und jetzt hatte er sich Jordy geschnappt, diese süße verträumte Englischlehrerin, die wahrscheinlich glaubte, bei uns hier oben sei alles genau wie in Ausgerechnet Alaska : lauter lustige exzentrische Typen, die einander mit witzigen Sprüchen bombardierten. Ich kannte Bud. Ich konnte mir vorstellen, wie er ihr seine illegal errichtete verfallene Scheißhütte geschildert hatte, zu der es in seinen Worten sicher gerade mal ein Hüpfer über den Fluß war, nicht die fast zwanzig Kilometer, die man tatsächlich zurücklegen mußte – aber was sollte sie schon tun, wenn sie das erst herausfand? Ein Taxi rufen?
    Solcherart waren meine Gedanken, als ich durch Fairbanks fuhr, in südöstlicher Richtung auf dem Alaska Highway, und endlich an die Abzweigung nordwärts nach Boynton kam. Es war später Nachmittag, und es lagen noch dreihundert Kilometer Schotterstraße vor mir, bevor ich auch nur Boynton erreicht, geschweige denn Bud eingeholt hätte – ich konnte nur hoffen, daß er wie üblich ein Päuschen im Nougat einlegte, um seinen Wodkaspiegel zu halten, doch die Chancen darauf standen schlecht, denn er würde ja Jordy möglichst fix den Fluß runterbringen wollen, bevor sie einen Begriff davon bekam, was er für einer war und was überhaupt ablief. Und noch etwas gab mir zu denken: ihr Verhalten war mir unverständlich. Einfach unverständlich. Okay, er hatte das höchste Gebot abgegeben, und sie war keine Spielverderberin – aber die ganze Nacht hindurch mit diesem Schleimer im Auto fahren? Sich viele öde Stunden lang seine gequirlte Scheiße anhören, vielleicht sogar darauf reinfallen? Arme Jordy. Arme, arme Jordy.
    Ich fuhr ununterbrochen mit Bleifuß, erreichte Boynton in Rekordzeit und ließ den Kies auf dem Parkplatz vor meinem Laden knirschen. Es standen nur drei andere Wagen dort, jeder war mir so vertraut wie mein eigener, und Ronnie Perrault, den ich gebeten hatte, mir übers Wochenende auszuhelfen, hielt die Stellung hinter dem Tresen der reichlich ruhigen Bar (die Hälfte der Männer im Ort war für die große Party nach Anchorage gezogen, dank Peters unermüdlichem Rühren der Reklametrommel). »Ronnie«, sagte ich, als ich in die Bar kam, wo gerade Lyle Lovett Mackie Messer mit einer Stimme sang, als wäre er halb tot, »hast du Bud gesehen?«
    Ronnie saß bei einer Zigarette und einem Meyers Dark mit Cola und hielt liebevoll Händchen mit Louise. Er hatte eine Baseballkappe der Seattle Mariners verkehrt herum aufgesetzt und starrte vage ins Leere, der Blick eines Mannes im Rum-Nirwana. Am anderen Ende des Tresens saß Howard Walpole, siebzig Jahre alt, schlimmer Rücken und triefende Augen, am Tisch beim Ofen spielte Roy Treadwell mit Richie Oliver Karten. Ronnie reagierte langsam und zähflüssig, wie der Grenadinesirup hinten in der Speisekammer, der kaum jemals Wärme abkriegt. »Ich dachte«, sagte er und kaute bedächtig seine Worte, »ich dachte, du kommst erst Dienstag zurück?«
    »Neddy!« rief Roy und quetschte die Koseform mit einem Kreischen heraus, »wie viele hast du abgeschleppt?«
    »Bud«, wiederholte ich und sprach jetzt den Raum als Ganzes an. »Hat irgendwer Bud gesehen?«
    Tja, da mußten sie erst mal stark nachdenken. Alle waren ziemlich bedüdelt – ist die Katz aus dem Haus, tanzen die Mäuse –, aber Howard riß sich als erster zusammen. »Klar doch«, sagte er, »hab ihn gesehen«, und dabei beugte er sich so weit über seinen Drink, daß ich Angst bekam, er könnte reinfallen, »heute morgen, ziemlich früh war das, in einem brandneuen Toyota Land Cruiser, keine Ahnung, wo er den herhat, und neben ihm saß eine Frau.« Und dann, als erinnerte er sich an ein nebensächliches Detail: »Ach übrigens, wie war denn der Fleischbasar? Bist du schon verheiratet?«
    Louise kicherte, Ronnie stieß ein Gelächter aus, aber ich war nicht in Stimmung. »Wo ist er hin?« fragte ich hoffnungsvoll, immer noch hoffnungsvoll, aber ich kannte die Antwort bereits.
    Howard zappelte mit seinem Bein, ein Tick, den er sich angewöhnt hatte, um die Rückenschmerzen zu lindern. »Hab nicht mit ihm geredet«, sagte er. »Aber ich denk mir mal, er ist den Fluß runter.«
    Zu dieser Jahreszeit war der Fluß nicht allzu wild, schoß aber trotzdem mit nettem Tempo dahin, und ich muß zugeben, daß ich nicht gerade ein Weltmeister im Kanufahren bin. Ich bin einfach zu groß für so kleine Dinger – da lob ich mir ein Motorboot mit Außenborder – und immer irgendwie
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