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Schluß mit cool (German Edition)

Schluß mit cool (German Edition)

Titel: Schluß mit cool (German Edition)
Autoren: T.C Boyle
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Espenstämmen, an denen noch die Rinde hing. Vier, fünf weiße Plastikeimer voll Wasser säumten die Wand, die mit dem üblichen Trapperkram dekoriert war: Schneeschuhe, Fallen, Felle, der ausgestopfte Kopf eines kümmerlichen Karibus, den Bud bei irgendeinem Privatflohmarkt aufgestöbert haben dürfte. Aber Bud sah ich nicht. Und Jordy ebensowenig. Dann wurde mir klar, daß sie im hinteren Zimmer sein mußten – im Schlafzimmer –, und davon bekam ich ein höchst eigenartiges Gefühl: etwas schnürte mir die Kehle zu, so als ob mich jemand zu erdrosseln versuchte.
    Der Schnee fiel jetzt ziemlich heftig, er lag schon mindestens fünfzehn Zentimeter hoch, als ich mich zum hinteren Fenster vorarbeitete, um die Hütte herum. Die Nacht war pechschwarz, der Himmel so nahe, daß er für mich atmete, ein und aus, ein und aus, und der Schnee hielt alles im kalten Griff der Stille gepackt. Im Schlafzimmer brannte eine Kerze – ich wußte, daß es eine Kerze war, weil das Licht so flackerte, auch als ich noch nicht vor dem Fenster stand –, und dann hörte ich auch die Musik, viele Geigen im Unisono, genau die Sorte Gedudel, wie man es von einem Schrumpfhirn wie Bud erwartet hätte, und daneben Stimmen, ein leises, vertrauliches Raunen. Beinahe hätte mich das von allem abgebracht, dieses vernuschelte Gemurmel von Jordys Tonfall und das tiefere Dröhnen von Bud, und einen Augenblick lang hing alles in der Schwebe. Ein Teil von mir wollte von diesem Fenster verschwinden, sich zum Kanu zurückschleichen und die ganze Geschichte einfach vergessen. Aber das tat ich nicht. Ich konnte einfach nicht. Ich hatte sie zuerst gesehen – hatte ihr die Hand gedrückt, das Anstecksträußchen überreicht und ihr handgeschriebenes Namensschild bewundert –, und es war nicht recht so. Das Stimmengemurmel schwoll in meinem Kopf an wie ein Kreischen, und dann gab es nichts mehr zum Nachdenken.
    Meine Schulter krachte knapp oberhalb des Riegels gegen die hintere Tür und ließ das Ding aus den Scharnieren fliegen, als wär’s ein Spielzeug, und da stand ich auf einmal im Raum, schwer atmend und kreidebleich im Gesicht. Ich sah sie miteinander im Bett liegen und hörte Jordys leisen, vogelartigen Schrei und Buds Fluchen, und dann kam der Hund aus dem vorderen Zimmer hereingeschossen wie von einer Kanone abgefeuert. (Hier sollte ich erwähnen, daß ich Hunde gern mag und niemals einem meiner eigenen Hunde auch nur ein Härchen gekrümmt habe, aber diesen hier mußte ich einfach ausschalten. Mir blieb gar keine andere Wahl.) Ich packte ihn, als er gerade zum Sprung ansetzte, und schleuderte ihn gegen die Wand hinter mir, wo er als schlaffer Haufen zu Boden ging. Jordy kreischte jetzt, kreischte mit spitzen Schreien, fast hätte man meinen können, ich sei hier der Böse, aber ich versuchte, sie zu beruhigen. Ihre Arme waren nackt, die Bettdecke hatte sie hochgezogen, um ihre Brüste zu verbergen, und Buds Plastikfüße standen wie Pantoffeln auf dem Boden vor dem Bett, ich redete wie ein Wasserfall auf sie ein, ich würde sie beschützen, alles sei okay, und ich würde dafür sorgen, daß Bud die volle Härte des Gesetzes zu spüren bekam, die volle Härte, doch inzwischen fummelte Bud unter der Matratze etwas hervor, ganz die Schlange, die er war, und ich packte sein schmächtiges Handgelenk, in dem er jetzt eine blauschwarze Achtunddreißiger hielt, ich drückte fest zu, bis seine andere Hand hochkam, und die packte ich ebenfalls.
    Jordy flüchtete in das andere Zimmer, und ich sah, daß sie nackt war, wobei mir sofort klar wurde, daß er sie vergewaltigt haben mußte, denn es war ja unmöglich, daß sie mit einem solchen Schwein jemals freiwillig irgend etwas angefangen hätte, nicht Jordy, nicht meine Jordy, und der Gedanke an das, was Bud ihr angetan hatte, machte mich wütend. Der Revolver lag auf dem Boden, ich stieß ihn unters Bett und ließ Buds Handgelenke los, um seinen steten Strom von Beschimpfungen und wüsten Flüchen mit einem raschen Schlag gegen den Nasenrücken abzuwürgen, das war fast wie ein Reflex. Von der Wucht meines Schlags erschlaffte er, und ich war sauer, das gebe ich zu, ich war stinksauer darüber, was er dieser Frau angetan hatte, und es erschien mir völlig natürlich, ein wenig Druck auf seine Kehle auszuüben, bis die unfertig wirkenden Stümpfe seiner Beine völlig reglos auf der Decke lagen.
    Hier wurde ich mir wieder der Musik bewußt, aus einem schwarzen Plastikrecorder auf dem Regal schwollen die
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