Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schlüsselherz (German Edition)

Schlüsselherz (German Edition)

Titel: Schlüsselherz (German Edition)
Autoren: Liv Abigail
Vom Netzwerk:
die Vorla u testen von ihnen versicherten, der Geist hätte sich längst zum menschenfre s senden Dämon manifestiert. Vor allem, so hieß es, tauchte er in re g nerischen Nebelnächten auf, was Valender amüsierte, wusste doch jeder, dass englischer Regen jeden Nebel in kürzester Zeit fortwusch. Doch den Geist, den wollten vi e le wirklich gesehen haben, es hatte Schwüre im Griff des Lügend e tektors gegeben. Ve r mutlich auf das Leben der einen oder anderen Schwiegermutter. Valender schmu n zelte in sich hinein. Selbstredend war auch er in seiner Jugend hier auf Geisterjagd gewesen, aber ein prominenter Verblichener oder gar ein D ä mon war ihm nie über den Weg gelaufen. Der Abenteurer in ihm bedauerte das zutiefst.
    Neugierig beobachtete er die Frau. In eleganten Schritten tippelte sie auf spitzen, nassglänzenden Lackstiefeletten die Straße entlang, wobei sie kein Zeichen von Nervosität offenbarte und sich auch vom Regen nicht gestört zeigte. Sie hielt den Kopf gerade und zog weder den Hut in die Stirn noch den Kopf zwischen die Schultern. Zwar schenkte sie ihm keine Beachtung und ließ ihn nur einen ku r zen Blick auf einen dichten Kranz gesenkter Wimpern, braunes Haar und elegante Kleidung erhaschen, aber sie machte auch keinen B o gen um Valender. Und das, obschon er wie ein Tunichtgut vor dem Kirchportal herumlungerte und, wie er vermutete, ein wenig dreckig lächelte. Sie trug nämlich auch keinen Schirm und die Nässe schmiegte ihr Cape äußerst ansehnlich um ihre Brüste.
    Was suchte die Kleine hier? Diese junge Frau war auße r ordentlich couragiert oder bemerkenswert dumm, und Valender war Fraue n kenner genug, um die Vorzüge von beidem zu schätzen zu wissen. Er beschloss, ein paar Wasserflecken in seinen Neuerrungenschaften hinzunehmen und die Frau anzusprechen. Zu verführerisch schwang ihre Hüfte, sodass die Röcke bei jedem ihrer Schritte raschelten. Ihr Schatten tanzte regelrecht neben ihr her. Gerade wollte er ihr ein unaufdringliches ‚Warten Sie einen Moment, Miss‘ nachrufen, da blieb sie plötzlich wie zu Eis gefroren stehen. Reglos betrachtete sie eine Litfaßsäule , und nur ihr Schatten zitterte ein wenig im Schein der flackernden Straßenlaterne. Valender grübelte eine Sekunde, ob dort etwas Besonderes angeschlagen stand, was junge Frauen starr wie königliche Bobbys machen konnte. Stand eine neue Vereinigung oder Trennung von Take That bevor, war Prinz Harry auf Brau t schau oder gab es irgendwo einen Ausverkauf von Sch u hen?
    Doch dann sah auch er den großen, dunkel gekleideten Mann, der träge hinter der Säule hervorschritt, das Gesicht von einer Hutkre m pe beschattet. Valenders Nackenhärchen richteten sich auf. Da stimmte etwas nicht.
    Nichts überstürzen, mahnte er sich, machte aber ein paar Schritte nach vorn, um besser sehen zu können. Der Fremde trug wie er e i nen langen Mantel und einen dunklen Hut; außerdem ein klobiges Kreuz, das an einer soliden Kette auf seiner Brust ruhte. Er redete mit der Frau, aber auf die Entfernung war nicht zu verstehen, was er sagte. Vielleicht kannten die beiden sich? Der Gedanke huschte Va l ender davon, ehe er ganz ausgedacht war, denn die Frau schrak mit einem Ruck aus ihrer Reglosigkeit und begann zu rennen, ohne einen Laut von sich zu geben. Bloß ihre Schuhe klapperten ein Stakkato auf dem Kopfsteinpflaster der Straße, in die sie einbog. Die Lady konnte nicht von hier sein, sonst hätte sie gewusst, dass sie auf di e sem Weg in ihr Unglück rannte. Die Fashion Street war nichts als eine schmale, dunkle Gasse zwischen alten Geschäftsräumen, in d e nen nur noch Ratten ein- und ausgingen. Bis auf zerschlagene Fen s terscheiben hinter Eisengittern, zugemauerte Eingänge und einen türkischen Supermarkt, der zu dieser Zeit alle Rollläden g e schlossen hatte, gab es dort nichts, vor allem niemanden, der ihr he l fen konnte. Wenn sie die dahinter liegende Straße und deren Imbis s buden und Bars nicht erreichte, ehe der Mann sie einholte, war sie ihm ausgeli e fert. Der Fremde schien das zu ahnen. Eilig setzte er ihr nach, sein Mantel flatterte und schlug peitschenähnliche Laute. Valender übe r legte keinen Augenblick und nahm die Verfolgung auf.
    „ He“, rief er, so laut er konnte. „He, bleiben Sie stehen!“
    Der Fremde warf einen Blick über die Schulter und fluchte. Er musste Valender im Schatten der Kirche übersehen haben, wie Va l ender auch ihn zunächst nicht bemerkt hatte.
    „ Lassen Sie die Frau in Ruhe“,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher