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Schlüsselherz (German Edition)

Schlüsselherz (German Edition)

Titel: Schlüsselherz (German Edition)
Autoren: Liv Abigail
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stehlen und sie Melissa einzupflanzen.
    Es gelang ihm kaum, still abzuwarten, bis die Männer die Treppe hochgegangen waren. Doch er durfte sich nun nicht erwischen la s sen. Er glaubte, eine Pistole beim Doktor gesehen zu haben, und konnte nichts riskieren, wenn er das Leben von Cera und Melissa retten wollte. Noch einmal atmete er tief durch und lief dann leise durch den Gang in den Raum, aus dem die beiden gekommen waren.
    Gleißend helles Licht aus rechteckigen Scheinwerfern beleuchtete einen Metalltisch, auf dem sie Cera an Armen, Beinen und an der Stirn mit Riemen festgeschnallt hatten. Valender taumelte vor En t setzen. Sie war nackt und … Gott, sie musste tot sein. Jemand hatte ihr den Brustkorb aufgeschlitzt wie einem erlegten Tier. Etliche m e tallene Röhrchen und durchsichtige Plastikschläuche führten aus ihrem Herzen heraus und leiteten einen zartblauen, schimmernden Nebel aus ihrem Körper in gläserne Flaschen, die neben dem Tisch auf einem kleinen Rollwagen standen. Ihm stieg Galle die Kehle hoch, als er erkannte, dass auch in ihren halb offenen Augen Kan ü len steckten. Die blaue Substanz rann wie eine Flüssigkeit hindurch. Über ihre fein geschwungenen Schläfen waren Tränen gelaufen und auf ihrer Haut getrocknet.
    Zitternd vor Verzweiflung trat er näher. Sie reagierte nicht, als er ihre Schulter berührte, ihr Gesicht, die Lippen. Kalt lag sie da, ihr mechanisches Herz stand fast still. Sein Körper war so taub, dass er sie kaum spüren konnte. Er bewegte sich wie durch Watte, die alles dämpfte und seine Emotionen aus ihm heraus sog wie Blut aus off e nen Wunden.
    Sie musste tot sein.
    Und Valender hasste sich mit einem Mal, weil er sie nicht hatte b e schützen können. Weil er ihr nie gesagt hatte, was er wirklich für sie empfand. Weil er vor seinem Vater und dem Ruf vor Leuten g e kuscht hatte, die ihm nichts bedeuteten, statt die Konventionen zu ignorieren und sie zu bitten, seine Frau zu werden. Und nun war es vorbei. Er hatte sie im Stich gelassen.
    Doch das blaue Schimmern tröpfelte noch immer stetig aus ihr heraus. War das nicht ein Zeichen, dass da noch irgendetwas sein musste? Wenn es sich um ihre Seele handelte, dann …
    Hastig drehte er die Rädchen an der Maschinerie zu, die mit den Schläuchen verbunden war. Was immer noch in ihr war – es musste dort bleiben.
    „ Cera!“, sagte er leise, löste einige der Riemen und tätschelte leicht ihre Wange. Keine Reaktion. Er musste deutlicher werden. Hart biss er sich auf die Unterlippe und versetzte ihr eine Ohrfeige.
    Nur einen Lidschlag später zuckten Ceras Arme. Ihre Hände schossen zu ihrem Gesicht und sie riss sich mit einem heiseren Schrei die Kanülen aus den Augen. Er konnte sie nicht aufhalten, sie war zu schnell. Blaue Tränen rannen ihr über das Gesicht. Leere Bl i cke jagten panisch im Raum umher. Die Laute, die sie ausstieß, eri n nerten an ein Tier.
    „ Cera“, flüsterte er und hielt sie so fest er konnte, ohne ihr wehz u tun. „Alles wird gut, ich bin es, Valender.“
    „ Valender …“
    „ Du lebst. Gott sei Dank!“ Wenn Valender auch nie ein gläubiger Mann gewesen war, so glaubte er nun, und sei es bloß, weil er j e manden brauchte, dem er danken konnte. „Cera, ich danke dir so, dass du durchgehalten hast. Danke, dass du lebst, Cera. Ich …“
    „ Scht“, machte sie und ließ sich erschöpft auf den Rücken sinken. „Später. Jetzt ist es wichtiger …“ Das Sprechen musste ihr schrec k lich schwerfallen, er verstand ihre Worte kaum.
    „ Ganz ruhig. Ich bringe dich fort von hier. Es wird alles gut.“
    Schwach, aber nicht minder energisch schüttelte sie den Kopf. Flüssigkeit verklebte ihre Wimpern. Ob ihre dahinter liegenden A u gen wohl zu retten waren?
    „ Valender, hör mir zu. Sie haben Melissa. Bring sie weg.“
    „ Cera!“
    „ Schwör es mir!“
    Er versuchte, sie ein Stück in die Aufrechte zu ziehen. Vielleicht konnte er beide tragen. Er musste, es war doch nicht anders möglich!
    Cera entzog sich ihm. „Hör auf. Mein Uhrwerk läuft aus. Wenn ich mich nicht mehr bewegen kann, wird es zu schwer, mich zu tragen. Ich …“, ihre Stimme wurde so leise, dass er sich über sie beugen musste, um sie noch zu verstehen. „Ich schaff es nicht mehr.“
    „ Das will ich nicht hören.“
    „ Valender. Melissa muss gerettet werden. Ich will nicht weiterl e ben, wenn sie dafür …“ Sie hielt inne, tastete nur nach seiner Hand und drückte sie. „Bring sie weg. Du kannst danach …
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