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Schließe deine Augen

Schließe deine Augen

Titel: Schließe deine Augen
Autoren: John Verdon
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bescheuertes Arschloch!«, brüllte Hardwick.
    Ashtons Vater griff in seine Strickjacke und zog etwas mit einem glitzernden Ende heraus. Als er die kleine Klinge aus dem Griff klappte, erkannte Gurney, was es war: ein schlichtes Taschenmesser, wie es ein Pfadfinder zum Schnitzen benutzte. Er hielt es seitlich angelegt und fixierte mit ausdruckslosem Gesicht die hohe Stuhllehne, die seinen Sohn verdeckte.
    Scott Ashton sah Gurney an. »Das ist nicht das Finale, das ich mir vorgestellt habe, doch dank Ihrer brillanten Einmischung hat es sich nicht vermeiden lassen. Es ist die zweitbeste Lösung.«
    Hardwick tobte. »Mein Gott, lass sie raus, du Scheißwichser!«
    »Ich habe mein Bestes getan«, bemerkte Ashton gelassen. »Ich hatte große Hoffnungen. Jedes Jahr wurde einigen geholfen; aber nach einer Weile musste ich einsehen, dass die meisten nicht geheilt wurden. Die meisten waren bei ihrem Abschied genauso krank wie bei ihrer Ankunft und sind in die Welt hinausgegangen, um andere zu vergiften und zu vernichten.«
    »Und dagegen konnten Sie nichts tun«, sagte Gurney.
    »Das dachte ich auch … bis ich meine Mission und meine Methode erkannt habe. Wenn sich manche Menschen unbedingt für ein unheilbringendes Leben entscheiden mussten, konnte ich zumindest den Zeitraum ihrer Schädlichkeit für andere begrenzen.«
    Das Rufen und Kreischen aus den Lautsprechern wurde immer chaotischer. Mit finsterer Miene machte Hardwick einen Schritt auf Ashton zu. Gurney hielt ihn mit einer Hand zurück, während Ashton ruhig die Waffe hob und auf Hardwicks Brust zielte.
    »Verdammt, Jack«, zischte Gurney. »Bitte keine Problemlösung mit Kugeln, wenn wir keine haben.«
    Mit mahlendem Kiefer stoppte Hardwick ab.
    Gurney bedachte Ashton mit einem bewundernden Lächeln. »Daher also die Abmachung mit Karnala.«
    »Ah, Mr Ballston hat geplaudert.«
    »Ja, ein wenig. Ich würde gern mehr darüber erfahren.«
    »Sie wissen doch sowieso schon so viel.«
    »Erzählen Sie mir den Rest.«
    »Eigentlich eine einfache Geschichte, Detective. Ich stamme aus einer zerrütteten Familie.« Sein grausiges Grinsen brachte das Albtraumhafte zum Ausdruck, das sich hinter diesem abgegriffenen Begriff der Populärpsychologie verbarg. Seine Lippen zuckten, als hätte er Insekten unter der Haut. »Zuletzt wurde ich gerettet und adoptiert. Bekam eine Ausbildung. Eine bestimmte Art von Arbeit hat mich angezogen. Doch zum größten Teil bin ich damit gescheitert. Meine Patienten haben weiter Kinder vergewaltigt. Ich wusste keinen Rat – bis mir einfiel, dass ich dank meiner Familienbeziehungen eine Möglichkeit hatte, die schlimmsten Frauen mit den schlimmsten Männern zusammenzubringen.« Wieder grinste er. »Condigna reparatio. Die perfekte Lösung.« Das Grinsen verblasste. »Die intelligente Jillian hat einen Tick zu viel herausgefunden. Hat ein paar Worte eines Telefongesprächs mitbekommen und ihrer unglückseligen Neugier nachgegeben. Dadurch wurde sie zur Bedrohung für das ganze Arrangement. Natürlich hat sie den Gesamtzusammenhang nie durchschaut. Trotzdem hat sie sich eingebildet, sie kann aus ihrem bruchstückhaften Wissen Kapital schlagen. Die Heirat war ihre erste Forderung. Mir war klar, dass es nicht dabei bleiben würde. Also habe ich die Sache auf eine Weise bereinigt, die ich besonders befriedigend und angemessen fand. Eine Zeit lang war alles gut. Doch dann sind Sie aufgetaucht.« Er richtete die Pistole auf Gurneys Gesicht.
    Auf dem Bildschirm brannten zwei Bänke, aus der Hälfte der Wandleuchter schlugen Flammen, mehrere Tücher schwelten. Die meisten Mädchen lagen auf dem Boden und bedeckten das Gesicht, atmeteten durch abgerissene Kleiderfetzen, weinten, husteten oder übergaben sich.
    Hardwick schien knapp davor zu explodieren.
    »Ja, dann sind Sie aufgetaucht. Der kluge, kluge David Gurney. Und das ist das Ergebnis.« Er fuchtelte mit der Waffe Richtung Monitor. »Warum hat Ihnen Ihr kluger Kopf nicht verraten, dass es auf diese Weise enden wird? Denn wie hätte es sonst enden können? Dachten Sie wirklich, ich lasse diese Mädchen einfach gehen? Ist der kluge, kluge David Gurney wirklich so dumm?«
    Mit wenigen kurzen Schritten huschte Hobart Ashton hinter den Stuhl seines Sohns.
    Hardwick brüllte: »Und das ist deine Lösung, Ashton? Du blöder Wichser! Hundertzwanzig halbwüchsige Mädchen verbrennen? Das ist deine Scheißlösung?«
    »Aber ja. Ja, das ist es! Dachten Sie wirklich, ich lasse sie frei, wenn ich in der Falle
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