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Schlecht aufgelegt (German Edition)

Schlecht aufgelegt (German Edition)

Titel: Schlecht aufgelegt (German Edition)
Autoren: Sven Stricker
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lange machst du das denn schon?», fragte Kuli und suchte nun offensichtlich nach einem Taschentuch.
    Paul seufzte. Höchste Zeit, eine rauchen zu gehen. «Zwei Jahre. Zwei Jahre Schichtdienst», versetzte er knapp, zeigte auf die Einweghandtücher an der Spüle und wollte schon den Raum verlassen, als ihm Sandy Schorndorf in die Quere kam.
    «Hi», sagte sie, lächelte ihn an, schob sich sehr nah an ihm vorbei durch den Türrahmen und bewegte sich in Richtung Kühlschrank. Paul beschloss, noch ein wenig zu bleiben.
    «Was hast du denn vorher gemacht?», fragte Kuli, schien aber ebenfalls leicht abgelenkt zu sein.
    «Was?»
    «Was du vorher gemacht hast?»
    «Studiert», sagte Paul.
    «Okay», sagte Kuli.
    Sandy Schorndorf hatte einen Apfel aus dem Kühlschrank genommen und grinste die beiden Männer an. «Ein Apfel», sagte sie treffend.
    Paul und Kuli nickten. Sie setzte sich an den Tisch.
    «Ich bin Kuli», sagte Kuli.
    «Okay», sagte Sandy Schorndorf und vertiefte sich in ihr Obst. Kuli wandte sich wieder Paul zu.
    «Was denn?»
    «Was denn, ‹was denn›?», fragte Paul.
    «Studiert. Du.»
    «Ach so. Germanistik, Psychologie und Politik.»
    «Was denn, du?»
    «Wieso denn nicht?», antwortete Paul barsch. «Traust du mir das nicht zu, oder was?»
    «Doch, na klar. Natürlich, wieso denn nicht. Studiert, klar. Ja, sicher. Aber …»
    «Was?»
    Kulis Lächeln ähnelte dem eines Buddhas. «Na ja … Keinen Job gefunden?»
    «Nee, keinen Abschluss gemacht. Hat mich genervt, an der Uni. Lauter Schwätzer.»
    Darauf wusste Kuli erst mal nichts zu sagen. Sandy Schorndorfs grüner Apfel trug mittlerweile leicht rote Spuren. Paul hoffte, es kam vom Lippenstift und nicht vom Zahnfleisch.
    «Ich bin ja gerade erst hierhergezogen», nahm Kuli den Faden wieder auf.
    «Soso.» Paul hatte jetzt wirklich keine Lust mehr. «Ich geh mal noch schnell eine rauchen», sagte er.
    Kuli reckte sich.
    «Aus Dortmund. War da beim Bund.»
    «Was? Du?», unterbrach ihn Paul.
    «Ja, wieso denn nicht?» Kuli war nun seinerseits beleidigt. «Was dagegen?»
    «Nee. Aber du wirkst so …»
    «Wie denn?»
    «Unsoldatisch.»
    Kuli schnaubte. «Kann ja nicht jeder immer sofort den einen Plan haben, der ihn ganz nach vorne bringt, oder?»
    «Nee, klar.»
    «Muss man sich ja erst mal ausprobieren. ’ne Idee kriegen.»
    «Klar. Aber du bist doch bestimmt … na ja, vierzig oder so.»
    Kuli zupfte an der Kordel seines Kapuzenpullovers. «Na und? Hab ja auch noch andere Sachen gemacht. Außerdem war das ein super Arbeitgeber.»
    «Klar.»
    «Gute Kameradschaft und so.»
    «Okay.»
    «Und viel an der frischen Luft war man.»
    «Na, prima», sagte Paul. «Alles genau wie bei uns.»
    Sandy Schorndorf kicherte. Kuli errötete. «Holger Staniak aus meiner Grundschule», sagte er nach einer kurzen Pause.
    Paul stöhnte innerlich auf. «Wer?», fragte er notgedrungen.
    «Holger Staniak. Der wollte Müllmann werden. Ganz viele wollten Müllmann werden.»
    «Ach?»
    «Ja, und der ist jetzt Zahnarzt, der Holger Staniak. Und ich finde übrigens überhaupt nicht, dass ich irgendwie gescheitert bin. Wollen wir mal weitermachen? Das reißt ja sonst ein hier.»

    D ie Stunden schlichen dahin, und da Kuli ein erstaunliches Computer-Verständnis offenbart und Paul sowieso keine Lust mehr hatte, ließ er Kuli nun schon seit etwa zwei Stunden alleine telefonieren. Paul hörte über seinen Kopfhörer zu und drückte hier und da mal ein Knöpfchen oder half bei der Eingabe von Abkürzungen und Städtenamen. Alles in allem, wenn man großzügig war, fünfe gerade sein ließ und allen Gleichmut zusammennahm, stellte sich Kuli insgesamt gar nicht mal so ungeschickt an. Gut, er brachte ständig alles durcheinander und verband Kunden, die eigentlich nur die Telefonnummer wollten, oder verschickte SMS mit Kundendaten an Leute, die diese weder erfragt hatten noch benötigten. Aber im Vergleich zu beispielsweise Frau Gutschmidt war er Weltklasse.
    «Schönen gut … guten Tag, T2-Vermittlung, was kann ich für Sie tun?», fragte Kuli ein weiteres Mal in das kühle Rauschen hinein, der seltsam monotone Singsang dieser Formel ging ihm immer besser über die Lippen.
    «Name», sagte Paul von der Seite.
    «Gib … mir … das Telefon!», hörten sie eine gepresst klingende, männliche Stimme am anderen Ende der Leitung. Kuli stutzte. Das schien nicht ihm zu gelten, das ergab ja sonst gar keinen Sinn, ihm musste man das nicht sagen.
    «Was?», sagte Kuli und meinte
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