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Schlecht aufgelegt (German Edition)

Schlecht aufgelegt (German Edition)

Titel: Schlecht aufgelegt (German Edition)
Autoren: Sven Stricker
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Telefonnummer vom Block.
    «Aber warum denn wir? Warum nicht die Polizei? Rufen wir die jetzt?», fragte Kuli hilflos.
    «Moment.» Paul stand auf und ging zu Martin Schulte hinüber, der das irgendwie geahnt zu haben schien und zu diesem besonderen Anlass – Paul war noch nie freiwillig auf ihn zugegangen – sogar seine Schuhe wieder angezogen hatte. Paul hasste das, was nun folgen würde, aber ein Mann musste eben tun, was ein Mann tun musste.
    «Du hast doch einen Kumpel bei unserer Kundenbetreuung im dritten Stock?», brachte er mühsam hervor, während Martin Schulte seine Mundwinkel zu einem triumphierenden Lächeln nach oben zog. «Ich habe meine Kumpel überall, man trifft sich, man hilft sich, man ist füreinander da», ölte er und genoss den Moment, gebraucht zu werden. Paul würgte innerlich und grinste äußerlich. «Ich habe hier eine Telefonnummer. Du könntest mal herausfinden, ob der bei T2-Mobilfunk-Kunde ist.»
    «Lass mich raten», sagte Martin Schulte. «Der Anrufer, den der Neue eben angebrüllt hat, will sich über ihn beschweren. Ich soll für euch ermitteln, wie er heißt, wo er wohnt, wie seine E-Mail-Adresse lautet und wie hoch seine Handyrechnung ist. Und dann schreibt ihr ihm eine Entschuldigungsmail vom Firmen-Account, damit er Ruhe gibt.» Martin Schulte freute sich über seine Schläue.
    «Handyrechnung ist egal», grinste Paul und beugte sich verschwörerisch nach vorn. «Aber mit dem Rest hast du den Nagel auf den Kopf getroffen.»
    Martin Schulte beugte sich nun seinerseits vor. «Nageln ist meine Stärke», sagte er und fand sich und seinen Witz einfach großartig. Paul lachte laut auf, aber er wusste, es würde ihre letzte direkte Begegnung in diesem Berufsleben bleiben, soweit er es irgendwie beeinflussen konnte. Martin Schulte wurde abrupt ernst. «Was kriege ich dafür?»
    «Bitte?» Pauls Lachen erstarb.
    «Ich hab gesehen, du hast am Samstag Spätschicht, Paul. Die will ich haben. Du kriegst meine Frühschicht.»
    «Aber das geht nicht. Ich habe am Freitag Mittelschicht, und die dauert bis acht, und die Frühschicht beginnt um sechs, und da müssen elf Stunden dazwischen sein, und ich hab auch was total Wichtiges …», protestierte Paul, aber Martin Schulte winkte ab.
    «Ich hab doch gesagt, ich hab meine Kumpel überall. Das wird kein Problem sein. Deal?»
    Er streckte Paul die Hand hin.
    Paul schlug ein, aber da war nicht viel zu schlagen. Martin Schulte kam sozusagen ohne Händedruck aus, dafür schwitzten seine Innenflächen stark. So musste es sich anfühlen, einem gerade aus dem Wasser gezogenen Aal die nicht vorhandene Flosse zu schütteln.
    Martin Schulte drückte seinen schon seit Ewigkeiten unverschämt hartnäckig klingelnden Anrufer aus der Leitung und wählte eine interne Nummer an.
    «Manuel», frohlockte er. Paul stellte sich vor, wie besagter Manuel in diesem Moment in einen Eimer kotzte. «Alles klar? Super. Hör mal, du alter Hecht», sagte Martin Schulte und gab Manuel die Nummer durch, die Paul auf den Zettel geschrieben hatte. Er notierte sich ein paar Daten und zwinkerte Paul dabei immer wieder zu. «Danke, mein Bester», sagte er abschließend. «Ach, das mit dem Rettungswagen Freitagabend geht klar. Kannste einfach mitkommen, ich freu mich! Aber schön anschnallen, freitags geht’s immer richtig ab!» Er lachte sich halb tot, und Paul ertappte sich bei dem Gedanken, dass er das «halb» gerne gestrichen hätte.
    «Hast Glück gehabt. Die ist sogar Gold-Kundin bei uns. Lisa Gerhard heißt sie», sagte Martin Schulte. «Wohnt gleich hier um die Ecke. Ich hab’s dir aufgeschrieben. Hat ’ne ziemlich hohe Handyrechnung. Aber immer liquide.»
    «Alles klar, danke.»
    «Denk an Samstag, Paul.»
    «Alles klar, danke.»
    «Jederzeit wieder.»
    «Alles klar.»
    Martin Schulte zog zufrieden seine Schuhe aus, legte die Füße auf den Tisch und grinste selbstgefällig in sich hinein. Dann winkte er Paul hinfort wie ein Sonnenkönig den ungewaschenen Küchenjungen und meldete sich bei seinem nächsten Anrufer, wie stets mit einem gewinnenden und gütigen Grinsen im Gesicht.
    Paul schleppte sich zurück zu Kuli, der immer noch wie paralysiert auf seinen Monitor starrte. Er fragte sich, warum sich der Gewinn des Namens und der Adresse trotzdem wie eine Niederlage anfühlte.
    «Lisa Gerhard heißt die», sagte er mürrisch. «Pestalozzistraße wohnt die. Hier bei uns in Berlin.»
    «Wo ist das denn?», fragte Kuli.
    Paul sah den anhaltenden Schock in seinen
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