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Schlangen im Paradies

Schlangen im Paradies

Titel: Schlangen im Paradies
Autoren: Mary Higgins Clark
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gesund und einigermaßen zufrieden. Mir kommt es vor, als ob ich Leila von Tag zu Tag mehr vermisse, und ich kann nur erahnen, wie Ihnen zumute ist. Ich bin überzeugt, daß alles besser wird, sobald der Prozeß hinter Ihnen liegt.
    Es hat mir gutgetan, für Min zu arbeiten, trotzdem denke ich, daß ich den Job bald aufgeben werde. Ich habe mich nie richtig von der Operation erholt.

    Elizabeth drehte das Blatt um, las ein paar Zeilen auf der Rückseite; dann schnürte es ihr die Kehle zu, sie schob die Salat-schüssel weg.

    Sie wissen ja, daß ich Leilas Fanpost weiterhin beantwortet habe. Es bleiben immer noch drei große Säcke zu erledigen.
    Ich schreibe Ihnen, weil ich gerade auf einen sehr beunruhigenden anonymen Brief gestoßen bin. Er ist gemein und bösartig und gehört offenbar zu einer ganzen Serie. Diesen hier hatte Leila nicht geöffnet, aber die vorhergegangenen muß sie gesehen haben. Vielleicht wären die eine Erklärung dafür, warum sie in jenen letzten Wochen so völlig durcheinander war. Das Schreckliche daran ist, daß der Brief, den ich entdeckt habe, eindeutig von einem Menschen stammt, der sie gut kannte. Eigentlich wollte ich ihn diesem Brief beilegen, aber da ich nicht weiß, wer während Ihrer Abwesenheit Ihre Post für Sie aufbewahrt, wollte ich lieber vermeiden, daß ihn womöglich ein Unbefugter zu Gesicht bekommt. Rufen Sie mich an, sobald Sie wieder in New York sind?
    Herzlichst Ihre
    Sammy.

    Je öfter Elizabeth diesen Brief las, desto mehr versetzte er sie in kaltes Grausen. Leila hatte also sehr beunruhigende, bösartige anonyme Briefe erhalten von einem Menschen, der sie genau kannte. Sammy, die nie zu Übertreibungen neigte, hielt es für denkbar, daß sich Leilas psychischer Zusammenbruch dadurch erklären ließ. In all diesen Monaten hatte Elizabeth in schlaflo-sen Nächten darüber nachgegrübelt, was Leila wohl zur Hysterie getrieben haben könnte. Gemeine anonyme Briefe, verfaßt von jemand, der sie gut kannte. Wer? Warum? Ob Sammy irgendeine dunkle Ahnung hatte?
    Sie griff zum Telefon und wählte die Nummer des Büros in Cypress Point Spa. Hoffentlich meldet sich Sammy, dachte sie.
    Doch am Apparat war Min. Sammy sei verreist, teilte sie Elizabeth mit. Zu Besuch bei einer Kusine, irgendwo in der Nähe von San Francisco. Sie käme Montagabend zurück. «Du siehst sie ja dann.» Mins Tonfall verriet Neugier. «Du klingst so aufgeregt, Elizabeth. Was gibt’s denn so Dringendes mit Sammy zu reden?»
    Das war der geeignete Augenblick, Min mitzuteilen, daß sie nicht käme. «Der Staatsanwalt …», wollte Elizabeth gerade an-heben, als ihr Blick auf Sammys Brief fiel. Sie mußte sie unbedingt sehen, nichts konnte sie daran hindern. Es war der gleiche zwanghafte Impuls, der sie in jener verhängnisvollen Nacht zu Leilas Apartment jagen ließ. Also sagte sie statt dessen: «Das eilt überhaupt nicht, Min. Auf Wiedersehen bis morgen.»
    Ehe sie zu Bett ging, schrieb sie ein paar Zeilen an William Murphy mit Adresse und Telefonnummer des Kurzentrums.
    Gleich darauf zerriß sie den Zettel. Wozu diese Warnung?
    Schließlich war sie keine Zeugin gegen die Mafia und wollte weiter nichts als alte Freunde besuchen – Menschen, denen sie Liebe und Vertrauen entgegenbrachte, Menschen, die sie liebten und sich Sorgen um sie machten. Sollte er doch ruhig denken, sie sei in Easthampton.

    Seit Monaten wußte er, daß es unerläßlich war, Elizabeth zu töten. Tag und Nacht hatte ihn der Gedanke an die Gefahr, die sie darstellte, begleitet. Ursprünglich hatte er geplant, sie in New York aus dem Weg zu räumen.
    Der Prozeß stand unmittelbar bevor, so daß sie zweifellos jene letzten Tage innerlich immer wieder durchlebte, Sekunde um Sekunde. Dabei würde ihr unausweichlich klar werden, was sie ja bereits wußte – und mit diesem Erkennntnisprozeß wäre sein Schicksal besiegelt.
    Ihr Tod würde in Kalifornien weniger offiziellen Verdacht erregen als in New York. Es gab verschiedene Möglichkeiten, sie in Cypress Point Spa zu beseitigen und das Ganze als Unfall zu tarnen. Er vergegenwärtigte sich ihre persönlichen Eigenheiten und Gewohnheiten, um den geeigneten Weg zu finden.
    Ein Blick auf die Uhr. In New York war es jetzt Mitternacht.
    Träume süß, Elizabeth, dachte er.
    Deine Zeit läuft ab.

    Sonntag, 30. August 1987

    Das Wort zum Tage:
    Wo sind sie, die Liebe, Schönheit und Wahrheit, die wir suchen?
    SHELLEY
    Guten Morgen, lieber Gast!
    Wir wünschen Ihnen viel Freude für den
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