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Schlagmann

Schlagmann

Titel: Schlagmann
Autoren: Evi Simeoni
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mussten.
    »Entschuldigung«, rief sie und warf einen Lappen in den Wassereimer auf ihrem Wagen. »Sie stören.«
    Ich holte Luft und wollte ihr gerade über den Mund fahren,als Ali mich aus dem Zimmer zog, wo die Putzfrau klatschend den triefenden Lappen auf den Boden warf. In scharfem Ton sagte ich zu Ali: »Sieht aus, als wäre die Zeit reif für unser ganz persönliches Großreinemachen.«
    Wir standen auf dem Flur und versuchten beide, unsere Lautstärke zu dämpfen.
    »Hör zu«, sagte er, immer noch in dem scheinbar geduldigen Ton, der mir zunehmend auf die Nerven ging. »Wenn ihm jemals ein Mensch hat helfen können, dann ja wohl seine Freundin. Du. Aber je mehr er dich brauchte, desto weiter hast du dich von ihm distanziert. Er liebt dich, aber du lässt ihn buchstäblich verhungern.«
    Ich schnappte nach Luft.
    »Er liebt mich? So etwas kann er nicht.«
    Ali war nicht aufzuhalten.
    »Ich frage mich manchmal, warum du überhaupt mit ihm zusammen warst. Vielleicht nur, um vor deinen Freundinnen mit ihm anzugeben.«
    Ich schnaubte und fragte mich gleichzeitig, ob Ali recht hatte.
    »So war das nicht.«
    »Ein bisschen mies ist das schon.«
    Drin klatschte die Putzfrau zum zweiten Mal den nassen Wischlappen auf den Boden. Ali wurde nervös. »Hören Sie«, rief er ungeduldig in das Zimmer hinein. »Bevor geputzt wird, muss das Bett aus dem Zimmer. Wie kann man nur so blöd sein.«
    Dann wandte er sich wieder mir zu.
    »Wo waren wir stehengeblieben?«
    Zum Zeichen, dass ich keine Lust mehr auf eine Fortsetzung hatte, kramte ich meinen Autoschlüssel aus der Umhängetasche. Natürlich war mir klar, dass ihm der Porsche-Anhänger auffallen würde, aber das war mir in diesem Moment recht.
    »Aha«, sagte er prompt. »Ein Porsche und ein dazu passender Modellathlet – da lacht das Frauenherz.«
    »Blödsinn«, sagte ich. »Ich war verliebt in Arne.«
    Ali lachte sarkastisch.
    »Also gut. Dann sehen wir es so: Liebe macht blind. Du hattest keine Ahnung.«
    Ich musste lächeln, aber nur über seine dämliche Formulierung. Wenn ich Schuld hatte, dann auch er.
    »Und was ist mit dem Sport, der euch Männer angeblich so eng zusammenschweißt? Was ist mit den Männergesprächen, die uns Frauen nichts angehen? Was ist mit diesem stillschweigenden Einverständnis unter Männern, die angeblich auch ohne Worte voneinander wissen, wie sie ticken?«
    »Was soll damit sein?«
    »Ist das nicht alles nur ein anderes Wort für Gleichgültigkeit?«
    Ich fühlte mich jetzt wirklich mies. Ali steckte die Hände in seine Kitteltaschen. »Wir hatten ein gemeinsames Ziel, das ist alles. Wir waren Leistungssportler, keine Selbsterfahrungsgruppe für Psychotiker.«
    Ich sah plötzlich wieder den Arne von damals vor mir, erfolgreich und strotzend vor Kraft. Wie beide, Arne und Ali, in ihrem Zweier vom Steg ablegten, mit konzentrierten Gesichtern und stoischer Haltung. Ich hörte die Anweisungen wieder, die der Trainer ihnen über Megafon von seinem Motorboot aus gab. Ihre Bewegungen, erst langsam und dann mit gesteigerter Intensität, ihre Hingabe und Unterordnung an etwas Höheres, von dem ich keine Ahnung hatte. Ich sah, wie sie von mir weg ruderten, mich am Ufer zurückließen mit einem Eis oder einer Cola, und ich schaute ihnen zu, obwohl sie mich längst vergessen hatten da draußen auf dem Wasser. Zwischendurch hörten sie auf zu rudern, ließen das Boot treiben und redeten miteinander. Ichwunderte mich dann, wie lebhaft Arne diskutierte und wie entschlossen seine Gesten waren.
    Einmal fragte ich sie, was sie auf dem hässlichen grauen Kanal so Interessantes zu bereden hätten, und warum sie das nicht an Land tun könnten, wo es bequemer war, aber beide gaben nur ausweichende Antworten. Mir war klar, dass ich in solchen Momenten ein Fremdkörper war.
    Ich ließ den Autoschlüssel zurück in die Tasche fallen. Mein Ärger über Alis Vorwürfe hatte sich zu meiner eigenen Verwunderung aufgelöst und wich einer seltsamen Resignation.
    »Ich weiß nicht, in welcher Welt Arne lebt«, sagte ich. »Ich weiß nur, dass es nicht meine ist.«
    Ali wollte nicht einstimmen in meinen Ton. Im Gegenteil.
    »Du kannst ruhig seufzen. Du und dein angebliches Verständnis. Lass uns doch einfach alle in Ruhe.«
    Die Ali-Version, die da sprach, hatte ich bisher noch nicht kennengelernt. Er wollte streiten. Also gut.
    »Uns? Sollte ich Arne nicht eben noch retten?«
    Ali blieb starr. »Das Leben ist keine Versuchsreihe für höhere Töchter. Weißt du,
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