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Schiffsdiebe

Schiffsdiebe

Titel: Schiffsdiebe
Autoren: Paolo Hannes; Bacigalupi Riffel
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hinausschwimmen müssen. Er fragte sich, ob es ihm wohl gelingen würde, sich durch die Trümmer und die Wellen zu kämpfen.
    » Verflucht will ich sein«, riss ihn eine wohlvertraute Stimme aus seinen Gedanken. » Hallo, Lucky Boy.«
    Nailer wandte sich um. Seine Nackenhaare hatten sich aufgerichtet.
    Sein Vater stand in dem überfluteten Korridor. Er hatte sich Nita über die Schulter geworfen, geknebelt und an Hand- und Fußgelenken gefesselt. Wasser rann ihm übers Gesicht, und in seiner Hand blitzte eine Machete.
    Entsetzt wich Nailer einen Schritt zurück. Sein Vater lächelte. Selbst im trüben Schein der LED s konnte Nailer erkennen, das Richard Lopez high war. Seine Pupillen waren geweitet, seine Augen leuchteten, und er hatte das animalische Grinsen der Slide-Süchtigen.
    » Heilige Scheiße«, sagte er. » Dich hätte ich hier wirklich nicht erwartet.« Er ließ Nita kurzerhand fallen und schwang die Machete hin und her. » Dachte nicht, dass ich dich noch mal wiedersehe.«
    Nailer versuchte, mit den Achseln zu zucken, darum bemüht, keine Angst zu zeigen. » Yeah. Geht mir genauso.«
    Sein Vater lachte laut, ein Geräusch, das in dem engen Korridor unangenehm hallte. Die Drachen zeichneten sich deutlich auf seinen nackten Armen ab und wanden sich wie Stacheln um seinen Adamsapfel. Unter seiner Brustmuskulatur traten seine Rippen hervor.
    » Hast du vor, hier dumm herumzustehen, oder hilfst du mir vielleicht?«
    Nailer sah ihn verwirrt an. » Dir helfen? Ich soll dir mit dem Mädchen helfen?«
    Sein Vater grinste. » War nur Spaß. Ich hätte dich verrecken lassen sollen, als wir den Klipper gefunden haben. Hätte wissen müssen, was für ein undankbarer kleiner Scheißer du bist.«
    » Lass sie frei«, sagte Nailer. » Du brauchst sie nicht.«
    » Nein.« Sein Vater schüttelte den Kopf. » Ich brauche sie nicht. Aber ich will nicht mit leeren Händen von hier verschwinden, und etwas Besseres als sie habe ich nicht gefunden.«
    » Sie werden dich kriegen!«
    » Wer denn?« Lopez lachte. » Das interessiert doch niemanden mehr. Hier versucht jeder nur noch seine eigene Haut zu retten.« Er zuckte mit den Achseln. » Denen ist es egal, was mit ihr passiert. Da kann ich sie genauso gut an die Organhändler verkaufen.« Er blickte auf das Mädchen hinab. » Früher war sie vielleicht mal ’n Bonzenmädchen. Aber jetzt ist sie nur noch zum Ausschlachten gut.«
    Nailer folgte dem Blick seines Vaters. Nita war bei Bewusstsein, wie er überrascht feststellte. Sie versuchte verzweifelt, sich von ihren Fesseln zu befreien.
    Nailers Vater versetzte ihr einen Tritt. » Halt still«, sagte er.
    Nita stieß ein Keuchen aus, und als sie wieder Luft bekam, fing sie an zu schluchzen. Richard wandte seine Aufmerksamkeit wieder Nailer zu und drehte die Machete hin und her. » Was denkst du, mein Junge? Willst du mir mit deinem Messerchen an die Gurgel? Willst es mir wohl heimzahlen, was?«
    Er hob die Machete, bis die Spitze direkt auf Nailer zeigte. » Na los, komm schon. Mann gegen Mann. Wie im Ring.« Er bleckte seine gelben Zähne. » Ich werd deine Gedärme auf dem Boden zertreten.«
    Er holte aus und stieß zu. Nailer sprang beiseite – die Machete verfehlte ihn nur knapp. Sein Vater lachte. » Gut gemacht, mein Junge! Du bist ganz schön schnell!« Die Klinge sauste erneut durch die Luft, und Nailer verspürte ein Brennen am Bauch. » Fast so schnell wie ich!«
    Nailer taumelte nach hinten. Der Schnitt war nicht tief – bei der Arbeit mit der Leichten Kolonne hatte er sich Schlimmeres zugezogen –, aber die Behändigkeit seines Vaters machte ihm Angst. Er war genauso tödlich wie die Halbmenschen. Richard Lopez bedrängte ihn und stieß immer wieder mit der Machete zu. Nailer wich weiter zurück. Er täuschte selbst mit seinem kleinen Messer an, kam jedoch nicht an der Machete vorbei, und dann fuhr ihm die Klinge über die Wange.
    » Du wirst langsam, mein Junge.«
    Nailer bemühte sich, seine Furcht niederzuringen. Hastig wischte er sich das Blut ab, das ihm über das Gesicht rann. Gegen seinen Vater hatte er keine Chance – er war so sehr mit Amphetaminen vollgepumpt, dass er fast übermenschliche Kräfte entwickelte. Nailer musste daran denken, wie Lopez einmal drei Männer gleichzeitig im Ring besiegt hatte, nur um eine Wette zu gewinnen. Die anderen waren stärker gewesen als er, aber am Ende waren sie bewusstlos und blutig auf dem Boden gelegen, und er hatte sich in seinem Sieg gesonnt. Richard Lopez war
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