Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schiffsdiebe

Schiffsdiebe

Titel: Schiffsdiebe
Autoren: Paolo Hannes; Bacigalupi Riffel
Vom Netzwerk:
gefühlt, als ich aus dem Ölreservoir rausgekommen bin. Oder als wir Nitas Wrack entdeckt haben. Ich war am Leben und er nicht, und ich habe mich stark gefühlt. Wirklich stark!«
    » Und jetzt?«
    » Ich weiß nicht …« Nailer zuckte mit den Achseln. » Erst Blue Eyes. Und jetzt er.« Er senkte den Blick. » Als ich Blue Eyes erstochen habe, hat Tool gesagt, ich wäre genau wie mein Vater …«
    » Das stimmt nicht …«
    » Und wenn doch? Ich empfinde rein gar nichts. Und ich war froh, als er tot war. Und jetzt fühle ich mich nur noch leer. So leer.«
    » Und das macht dir Angst.«
    » Du hast gesagt, dass mein Vater rein gar nichts empfunden hat, wenn er anderen wehtat.«
    Sadna hob die Hand und umfasste Nailers Kinn, damit er sie wieder anschaute. » Hör zu, Nailer. Du bist nicht dein Vater. Wenn du dein Vater wärst, dann wärst du jetzt unten am Strand, um mit deinen Freunden zu trinken und nach einem Mädchen Ausschau zu halten, mit dem du die Nacht verbringen könntest, und du wärst äußerst zufrieden mit dir selbst. Du würdest dir keine Gedanken darüber machen, warum es dir nicht schlechter geht.«
    » Yeah. Gut möglich.«
    » Ich bin mir da sehr sicher. Glaub wenigstens mir, wenn du dir schon nicht selbst glaubst. Es dauert seine Zeit, über etwas hinwegzukommen. Das passiert nicht von heute auf morgen. In einem Jahr geht’s dir vielleicht wieder besser. In einem Jahr hast du wahrscheinlich das meiste vergessen. Aber nicht alles. Schließlich klebt Blut an deinen Händen.« Sie hob die Schultern. » Das hat seinen Preis. Und ganz vergisst man es nie.« Sie wies mit einer Kopfbewegung zu den Bäumen hinüber, wo Nailer einen Schrein zu Ehren der Parzen errichtet hatte. » Bring den Parzen ein Opfer dar. Sei dankbar, dass du schnell warst und klug. Und dass du Glück hattest. Und dann mach etwas aus dir!«
    » Mehr nicht?« Nailer lachte. » Mach etwas aus dir?«
    » Willst du, dass dich jemand verprügelt? Dass Lucky Strike dir ein Auge aussticht, vielleicht?«
    » Keine Ahnung.« Nailer zuckte wieder mit den Achseln. » Kurz vor seinem Tod …« Er hielt inne und atmete bebend aus. » Kurz vor seinem Tod war er wieder wie früher. Da wusste er, wer ich war …« Nailer schwieg eine ganze Weile, bevor er fortfuhr. » Er war nicht nur böse.« Er schüttelte den Kopf. Seine Gedanken bewegten sich im Kreis. Warum wiederholte er das nur immer wieder? Warum setzte ihm das so sehr zu?
    Warum bin ich nicht einfach froh, dass er tot ist?
    » Das wird besser.« Sadna packte ihn an der Schulter. » Glaub mir.«
    » Yeah. Danke.« Er atmete tief durch, den Blick noch immer auf die blauen Wellen gerichtet. Eine lange Zeit sagten sie nichts mehr.
    Schließlich kam Pima herbeigelaufen und hockte sich neben sie. » Seid ihr beiden so weit?«
    Sadna nickte. » Ich muss nur noch mit ein paar Leuten reden.« Sie klopfte Nailer auf den Rücken. » Pass auf ihn auf.« Sie erhob sich und schlenderte über den Strand davon.
    Pima fläzte sich neben ihn. Ohne etwas zu sagen. Sie wartete einfach nur. Geduldig.
    Gemeinsam beobachteten sie das geschäftige Treiben draußen in der Bucht. Die Dauntless war fast damit fertig, frische Vorräte an Bord zu nehmen. Das Schiff würde Kurs nach Norden nehmen und zu Nitas Familie zurückkehren. Sie hatte Kontakt zu ihrem Klan aufgenommen, und die Nachricht von ihrem Überleben und von Pyces Verrat hatte bereits zu einer Machtverschiebung geführt. Die Leute, die Nita und ihrem Vater gegenüber loyal waren, rangen darum, die Kontrolle über den Konzern zurückzuerlangen. Wählergruppen wechselten die Seiten, hatte Nita gesagt. Was auch immer das bedeuten mochte. Sie wirkte erleichtert, also war es wohl etwas Gutes.
    » Das ist wirklich eine seltsame Welt dort draußen«, sagte Nailer.
    » Yeah. Und du wirst sie kennenlernen. Bist du bereit?«
    Nailer zögerte und nickte dann. » Glaube schon.«
    Sie standen auf und gingen den Strand entlang. Barkassen brachten unter Aufsicht von Lucky Strike Frachtgut und frisches Wasser zur Dauntless hinüber. Lucky hatte nicht lange gezögert, mit den Siegern des Seekampfs handelseinig zu werden – einmal mehr war das Glück ihm treu geblieben. Nita hatte erzählt, dass er sich sogar die Bergungsrechte an der gesunkenen Pole Star gesichert hatte, wenn es ihm denn gelingen sollte, sie zu heben.
    Die Dauntless funkelte im Sonnenschein. Nailer konnte Kapitän Candless auf Deck stehen sehen. Er trug weiße Verbände um Brust und Hals. Reynolds
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher