Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schiffsdiebe

Schiffsdiebe

Titel: Schiffsdiebe
Autoren: Paolo Hannes; Bacigalupi Riffel
Vom Netzwerk:
Welle auf Welle brandete gegen ihren Rumpf. Auf Deck herrschte emsige Betriebsamkeit. Wie Ameisen liefen die Menschen wild durcheinander. Das Schiff drehte sich ein Stück und hielt dann wieder inne. Eine riesige Welle krachte dagegen. Und noch eine. Das Schiff drehte sich ein Stück weiter, bis es ihnen die Breitseite zeigte. Dann hing es wieder fest, wahrscheinlich auf der Spitze eines der versunkenen Hochhäuser. Eine riesige Welle krachte gegen den Rumpf, und das ganze Schiff krängte.
    Reynolds lachte und klopfte Nailer auf die Schulter. » Die haben jetzt alle Hände voll zu tun!«, schrie sie über das Brüllen des Sturms. » Bringen wir die Sache zu Ende!«
    Sie rannten zu den Booten. Nailer kletterte hinter Reynolds über die Bordkante. Die kleine Barkasse hing an Tauen über dem aufgewühlten Meer. Knot, Vine, Candless und ein Dutzend andere kauerten bereits darin. Zwei weitere voll besetzte Boote wurden ein Stück weiter vorne an der Seite der Dauntless heruntergelassen. Biodieselmotoren heulten auf, und die Schrauben drehten sich immer schneller. Auch der Motor ihrer Barkasse kam auf Touren, und das ganze Boot vibrierte.
    Die anderen Boote wurden losgemacht und fielen wie Steine auf die Wellen. Sie schossen vorwärts, der sinkenden Pole Star entgegen.
    » Los!«, rief Reynolds. Haken wurden gelöst. Nailers hatte das Gefühl, sein Magen würde ihm am Gaumen kleben. Ihr Boot krachte aufs Wasser. Nailer wurde nach vorne geworfen, gegen Vines breiten Rücken. Er verspürte einen stechenden Schmerz – er hatte sich auf die Lippen gebissen. Das Boot machte einen Satz nach vorne, und er hielt sich krampfhaft an der Bordwand fest, während sie beschleunigten.
    » Waffen überprüfen!«, rief Candless. Nailer griff nach der Pistole, die er am Gürtel trug. Das Herz hämmerte ihm in der Brust. Trimble, der neben ihm hockte, grinste ihn an.
    » Geht doch nichts über ein Enterkommando bei Sturm, was, mein Junge?«
    Nailer nickte schwach. Das kleine Boot schoss durch die Gischt, von Reynolds mit sicherer Hand gesteuert. Sie näherten sich dem Bug der krängenden Pole Star. Die gegnerischen Seeleute säumten das Deck. Nailer glaubte, die Kapitänin zu erkennen, die ihre Leute verzweifelt anschrie, sie sollten das Wrack stabilisieren. Er spürte ein Gefühl von Überlegenheit in sich aufsteigen. Gerade war sie noch so siegesgewiss gewesen, und jetzt war sie bestimmt völlig verzweifelt. Obwohl der Regen ihm ins Gesicht peitschte, lachte er laut. Das hatten sie ihm zu verdanken.
    Die Barkasse krachte gegen den Rumpf der Pole Star. Knot schleuderte einen Wurfhaken, an dem eine Strickleiter hing, über die Reling und kletterte hinauf, dicht gefolgt von Vine. Der Rest der Mannschaft folgte ihnen, die Pistolen und Macheten kampfbereit in den Händen.
    Reynolds versetzte Nailer einen Schlag auf den Rücken. » Mach schon, los!«
    Nailer packte die Leiter und kraxelte hinauf. Auf Deck sah er, dass Kapitän Candless in ein Handgemenge mit der Kapitänin der Pole Star verwickelt war. Candless machte eine Drehung, und die Frau stürzte über die Reling. Sie landete im Meer und versuchte fieberhaft, sich über Wasser zu halten. Candless richtete seine Pistole auf die übrige Mannschaft.
    » Ergebt euch!«, brüllte er über das Tosen des Sturms hinweg, und selbst wenn jemand ihn nicht verstand, seine Pistole sprach eine eindeutige Sprache. Nailer schaute zu den tobenden Wellen hinab, konnte die Kapitänin jedoch nirgendwo entdecken. Sie war fort, von der Strömung zwischen die Zähne gesaugt.
    Sie hatten die Pole Star eingenommen.
    Nailer wollte sich gerade mit einem Lächeln zu Reynolds umdrehen, als eine Gruppe von Halbmenschen aus dem Frachtraum gestürzt kam und wild um sich feuerte. Candless ging mit einem Schrei zu Boden. Reynolds stieß Nailer beiseite, und ihre Pistole krachte. Nailer hob seine eigene Waffe und schoss durch den Regen. Er war sich fast sicher, dass er nicht traf, aber er feuerte trotzdem. Eine gewaltige Welle krachte gegen das Schiff, und das Deck der Pole Star kippte zur Seite hin weg. Ein Teil der Kämpfenden schlitterte ins Meer.
    Nailer konnte sich gerade noch an der Reling festhalten. Seine Pistole wurde ihm aus der Hand gerissen und fiel ins Wasser. Halb baumelte er über der Bordkante. Die Wellen zerrten an seinen Beinen und drohten, ihn jeden Moment zu verschlingen. Nailer zog sich aus dem Strudel und klammerte sich an der Reling fest. Der große Klipper, der ihm gerade noch unbezwingbar
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher