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Schiffbruch

Schiffbruch

Titel: Schiffbruch
Autoren: Sissi Kaipurgay
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Ich dreh ihm den Rücken zu.
     
    Logbuch Tag 16:
    Heute Nacht ist es passiert: Tomaso hat mir das Bäumchen geschüttelt. Einfach so hat er zugepackt und es mir richtig besorgt. Ich habe natürlich so getan, als wenn ich schlafe, was ganz schön schwer war. Offenbar habe ich meinen Part aber gut hinbekommen, denn er ist fröhlich wie immer und wirkt nicht die Spur verlegen. Oder habe ich alles nur geträumt? Wie immer nach meinem Rundgang am Strand habe ich den Sender überprüft. Noch zeigt er keine Ermüdungserscheinungen, was mich ein wenig stutzig macht, denn die Batterien müssten langsam leer sein, doch daran will ich lieber nicht denken.
     
    „Du brauchst dich im Übrigen nicht mehr zu verstecken, wenn ich gerade bade“, erklärt Tomaso vom Fluss her, wo er gerade unsere Wäsche einweicht. „Ich weiß, dass du mir zuguckst.“
    Mir fällt der Stift aus der Hand und ich verstecke das Gesicht in meinen Händen.
    „Ist schon okay, mir macht es nichts aus.“ Tomaso lacht hell auf. „Bin nicht das erste Mal begafft worden.“
    Begafft! Ich stöhne entsetzt auf bei diesem Wort. Enttarnt als Spanner und Lügner. Blut schießt mir in die Wangen und mein Kopf sinkt noch tiefer.
    „Hey, Daniel, nicht so wild“, sagt Tomaso direkt vor mir.
    Er kniet sich hin und zieht mir die Hände weg, sodass ich ihn ansehen muss.
    „Ist doch normal. Du bist ein gesunder Mann und ich die einzig verfügbare Frau – mit leichten Makeln, wie einem Penis.“ Er grinst schief. „Wenn du dir das Teil wegdenkst, würdest du mich dann ficken wollen?“
    Schluck! Entgegen allem, was ich jetzt als Reaktion von mir erwartet hätte, ist es mein Schwanz, der eifrig ein ‚Ja‘ nickt. Nun habe ich es amtlich: Ich bin genauso schwul wie Tomaso.
    „Willst du mich ficken?“, wiederholt er und neigt dabei den Kopf allerliebst zur Seite.
    „Ich – weiß nicht – gib mir Zeit“, würge ich hervor und presse das Logbuch gegen meinen Schritt.
     
    Heute Abend sitzen wir - wie immer - an einem kleinen Feuer und sehen zu, wie die Sonne untergeht und die Sterne aufblinken. Hier bricht die Dämmerung früh herein, heute schon gegen kurz nach sechs. Tomaso hat uns aus einer Konserve mit Linsensuppe ein exotisches Mahl gezaubert, von dem ich nicht wissen will, was er alles hineingetan hat. Geschmeckt hat es jedenfalls gut und nun bin ich zufrieden und lege mich auf den Rücken.
    Erste Sterne blitzen auf und schon bald ist der ganze Himmel bedeckt von den leuchtenden Punkten. Ein lauer Wind streift mich, der sich nachts zu einer kalten Brise entwickeln wird, so, wie bisher jeden Abend. Ich merke, dass ich mich darauf freue, Tomaso später in meinen Armen zu halten.
    „Was wird, wenn wir gerettet werden?“, fragt er leise und rupft spielerisch einen Grashalm aus.
    „Hm? Was soll schon sein? Wir kehren zurück und nehmen unser Leben wieder auf.“ Ich gucke zu ihm rüber.
    Er knickt den Halm und wirft ihn über die Schulter. Heute trägt er wieder dieses Röckchen und ich bin versucht, ihn auch um eines zu bitten, denn es muss schön sein, den ganzen Tag mit schwingendem Schwengel herumzulaufen. Warum ich mich nicht ausziehe und es einfach tue? Muss wohl ein Rest Schamgefühl sein…
    „Wirst du mich dann noch kennen, oder…“ Tomasos Stimme klingt ernst und er hält den Kopf gesenkt.
    „Klar kenne ich dich dann noch, warum sollte ich nicht? Vielleicht heuern wir ja zufällig wieder irgendwo auf dem gleichen Schiff an, wer weiß?“
    Der Kleine seufzt.
     
    Wir haben uns in den letzten Tagen schon gegenseitig unsere Lebensgeschichten erzählt. Während meine normal verlaufen ist, weist Tomasos einige grauenhafte Details auf. Durch Drogenbesitz einmal ins Gefängnis gekommen, wurde er dort missbraucht und hat erst spät einen Weg gefunden, sein Leben zu meistern. Nach einer Kochlehre heuerte er auf verschiedenen Schiffen an, da die ständige Reiserei ihm gefiel.
    Tomaso hat mir gestanden, dass er irgendwie immer noch auf der Flucht vor sich selber sei, obwohl er äußerlich einen ganz anderen Eindruck vermittelt. Beziehungen haben nie lang gehalten, allein schon wegen seiner Jobs. Auf die Frage hin, ob er einen festen Partner suche, hat er inbrünstig genickt.
    Natürlich hat er mich auch gefragt, ob ich eine Frau hätte, die auf mich warten würde. Ich konnte verneinen, denn auch ich habe bislang nur Gelegenheitsficks gehabt, nie etwas Festes. Inzwischen bin ich mir noch nicht einmal mehr darüber im Klaren, ob ich eine Frau will, mit der
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