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Schieß, wenn du kannst Kommissar Morry

Schieß, wenn du kannst Kommissar Morry

Titel: Schieß, wenn du kannst Kommissar Morry
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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seinen", erwiderte Howard, der an dem Glas nippte und dabei genießerisch die Augen schloß.
    „Zum Wohl", sagte Graham und hob sein Glas.
    Ray nahm einen tüchtigen Schluck.
    Graham stellte sein Glas beiseite und wandte sich an Ray.
    „Howards Frau hat Selbstmord begangen . . . das sagt er jedenfalls."
    „Ich weiß. Es war Selbstmord", bestätigte Ray.
    Howard war überrascht.
    „Woher wissen Sie das?"
    „Zufällig übernachtete ich in der fraglichen Ruine."
    „Sie haben sie hängen sehen?" fragte Howard.
    „Ja . . . und ich habe auch Sie bemerkt. Leider konnte ich in jener Nacht Ihr Gesicht nicht erkennen. Ich machte mich nach Ihrem Auftritt schnell aus dem Staub, weil ich vermeiden wollte, von der Polizei aufgestöbert zu werden."
    „Ich ging nicht zur Polizei, das dürfte Ihnen ja wohl inzwischen klargeworden sein."
    „Allerdings."
    „Sie müssen zur Kenntnis nehmen", bemerkte Graham, den die ganze Situation zu belustigen schien, „daß Howard einen Brief an sich nahm . . . einen Brief, der den letzten Gruß der Toten enthielt. Natürlich nicht nur diesen Gruß, sondern auch eine umfassende Erklärung für ihr Handeln. War es nicht so, Howard?"
    „So war es."
    „Der Brief ist jetzt in meinem Besitz", sagte Graham.
    Howard schwieg.
    „Sie holten die Leiche Ihrer Frau mit dem Wagen ab?" fragte Ray.
    „Ja, Sir, nur wenige Minuten später. Ich, brachte sie zunächst in meinem Zimmer unter. Mr. Graham merkte nichts davon. Ich nahm mir vor, ihm zu erklären, daß meine Frau überraschend nach Cornwall gereist sei . . . und ich sagte ihm auch so etwas Aehnliches. Aber dann verlor ich den Abschiedsbrief meiner Frau. Mr. Graham fand und las ihn."
    „Inzwischen", ergänzte der Hausherr, „war das Unglück mit Ann passiert."
    „Unglück ist keine passende Bezeichnung für Mord", meinte Ray.
    Graham achtete nicht auf den Einwurf, sondern wandte sich dem Butler zu.
    „Wo ist Ann?" fragte er.
    „Sie lebt, Sir."
    Graham traten fast die Augen aus dem Kopf.
    „Sie lebt?"
    „Ja, Sir."
    „Willst du mich zum Narren halten?"
    „Keineswegs, Sir. Die gnädige Frau schwebte freilich zwischen Leben und Tod. Obwohl sie zwei Durchschüsse hat, wurde keines der lebenswichtigen Organe getroffen. Doch trennte sie nur eine hauchdünne Wand vom Tod, denn der Blutverlust war groß. Sie können sich gewiß erinnern, daß wir sie damals gemeinsam aus dem Zimmer brachten und in den Kombi legten, weil es unsere ursprüngliche Absicht war, sie sofort aus dem Haus zu bringen. Dabei fiel mir auf, daß sie noch atmete. Nachdem Sie sich schlafen gelegt hatten, fuhr ich mit ihr zu einem gewissen Arzt, der wegen Trunkenheit seine Praxis verloren hat und nun dafür bekannt ist, in Fällen, von denen die Polizei nichts wissen darf, seinen Mann zu stehen. Er nahm sofort eine Bluttransfusion vor."
    „Ann lebt?“ flüsterte Graham. Er schien es noch immer nicht begreifen zu können.
    „Ich dachte in Ihrem Sinn zu handeln, Sir."
    „Natürlich", erwiderte Graham. „Selbstverständlich."
    Er hob das Glas.
    „Trinken wir auf Anns Gesundheit!"
    „Nach allem, was vorgefallen ist, ein makabrer Trinkspruch", bemerkte Ray, aber er trank mit.
    „Ja, mein Lieber", sagte Graham aufatmend zu Ray. „Jetzt sind Howard und ich entlastet. Zwar habe ich mich der schweren Körperverletzung, vielleicht sogar des versuchten Totschlages schuldig gemacht, und auch Howards Handeln dürfte nicht ganz im Sinne des Gesetzgebers gewesen sein . . . aber Tatsache bleibt, daß Sie der einzige sind, der nach wie vor den Henker zu fürchten hat."
    „Eines verstehe ich nicht", meinte Ray und blickte dem Butler in die Augen. „Weshalb waren Sie so versessen darauf, den Leichnam Ihrer Frau verschwinden zu lassen? Es war doch Selbstmord . . . niemand hätte Ihnen etwas anhaben können."
    „Ich holte sie in der ersten Panik ab, Sir, und dann blieb mir nichts weiter übrig, als die Konsequenzen zu ziehen. Vielleicht bin ich ein Opfer meiner allzu konservativen Einstellung. Ich hätte es als weniger ehrenrührig empfunden, wenn meine Frau mir einfach davongelaufen wäre, statt Selbstmord zu begehen. Jedenfalls war es meine ursprüngliche Absicht, der Polizei dies zu sagen."
    „Aber Sie haben bis jetzt die Version verbreitet, Ihre Frau sei in Cornwall, nicht wahr?"
    „Das ist kein Widerspruch. Sie kann ja unter diesem Vorwand abgereist sein."
    „Glauben Sie wirklich, die Polizei hätte es Ihnen abgekauft, daß gleich zwei Frauen aus einem Haus so plötzlich und
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