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Schicksal aus zweiter Hand

Schicksal aus zweiter Hand

Titel: Schicksal aus zweiter Hand
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Fahrzeug vorsichtig aus der Ausfahrt hinaus … auf der Chaussee aber drückte er den Gashebel hinab, daß der Wagen einen Satz machte, als spränge er mit allen vier Rädern in die Luft. Dann raste er über das glatte Band der Straße, schob sich an den Wagen Dr. Werners heran und folgte ihnen in Sichtweite nach.
    Renate von Buckow saß neben ihrem Mann und starrte auf die Straße. Das Radio im Armaturenbrett spielte leise. Sie hörten nicht darauf, erst als eine Stimme sprach, wurden sie aufmerksam. »Die kleine Rita von Buckow ist noch nicht gefunden worden. Wie bekannt wird, leidet sie an einer Erkrankung, die täglich behandelt werden muß. Es steht zu erwarten, daß der Entführer dies nicht weiß und das Kind damit verloren ist, wenn er es nicht sofort den Eltern zurückbringt.«
    Der Reeder stellte mit einem Fausthieb das Radio ab, aber Renate stieß den Knopf wieder herab und drehte es lauter. Die Stimme des Ansagers dröhnte durch den rasenden Wagen.
    »Wie soeben bekannt wird, hat eine Gruppe Spaziergänger bei Schneisen, in einer Waldschneise …«
    »Abstellen!« schrie von Buckow. Er wollte wieder auf den Knopf schlagen, aber Renate hielt ihm mit beiden Händen die Faust fest. Ihre Augen flatterten. Um ihren Mund zuckte es, als wolle er jeden Augenblick irre Schreie ausstoßen.
    »Laß!« sagte sie mit schriller Stimme. »Laß … laß …«
    »… eine nackte Kinderleiche gefunden. Bis zur Stunde ist noch nicht bekannt, ob es sich um die geraubte Rita handelt. Die Polizei hat eine Großfahndung eingeleitet, die sich über ganz Deutschland und alle Grenzübergänge erstreckt.«
    Renate von Buckow saß vor dem Radio. Um ihre Lippen spielte ein starres Lächeln.
    »Nackt«, sagte sie stockend. »Sie wird sich erkälten, meine Rita. Sie hat doch nur ein Hemdchen an und ein Strampelhöschen. Fahr schneller, Werner … schneller … sie friert ja so …«
    »Renate!« Von Buckow warf einen schnellen Seitenblick auf seine Frau. Sie sah ihn aus Augen an, in denen der helle Wahnsinn stand. Sie lächelte sogar … die Lippen waren emporgeschoben, sie bleckte die Zähne. Ein Frieren überzog den Rücken des Reeders. »Renate«, sagte er mühsam. »Es wird alles gut. Es wird alles gut. Glaub es mir.« Und während er es sagte, verminderte er die Geschwindigkeit und fuhr in eine Seitenstraße, um zu wenden und sofort zurückzurasen. Einen Arzt, durchjagte es ihn. Sie wird ja irrsinnig … sie weiß ja nicht mehr, was sie sagt.
    Er raste aus der Seitenstraße hinaus, die Elbchaussee zurück. Der Motor des Maybachs heulte auf wie ein Flugzeug … er ließ den schweren Wagen vorwärts schießen. Von Buckow wagte nicht, auf die Nadel des Tachometers zu sehen … er starrte auf die Straße, die unter ihm hinwegflog.
    »Wohin fährst du?« fragte neben ihm Renate.
    Er schwieg. Sie legte die Hand auf seinen Arm.
    »Die Polizeiwagen sind ja fort. Wir fahren falsch.«
    Er schwieg. Der Druck ihrer Hand auf seinem Arm wurde stärker.
    »Du fährst ja zurück.« Ihre Stimme war tonlos. »Kehre um, Werner … sofort! Kehre um! Ich will Rita sehen … sie friert ja … Hörst du … Sie hat nichts an im Wald … Zurück, Werner …«
    Sie riß plötzlich an seinem Arm. Sie griff in das Steuerrad und riß es herum. Der schwere Wagen schleuderte … Hundertzehn Kilometer … das war es noch, was von Buckow sah, als die Hand Renates ihn zur Seite stieß.
    »Renate!« schrie er grell. Das Ufer kam näher, rasend, schemenhaft … die Uferböschung … er versuchte, das Steuer herumzureißen, aber Renate umklammerte es und stieß mit dem Kopf gegen seine Brust und seinen Magen.
    Das Ufer … die Elbe … der Hang. Von Buckow schloß die Augen. Der schwere Wagen schoß wie eine Rakete über die Uferböschung hinaus, schwebte einen Augenblick frei über dem Abgrund, bis er krachend aufschlug und sich mehrmals überschlagend den Hang hinabrollte. Nahe dem Wasser, auf den Steinen der Uferbefestigung blieb er, die Räder nach oben, liegen. Nur der Motor dröhnte noch weiter, bis er den letzten Tropfen der versagenden Benzinpumpe aufgesaugt hatte.
    Kriminalkommissar Dr. Werner stand an den Trümmern des Wagens und beobachtete, wie man den toten von Buckow und die schwerverletzte, im Wahnsinn lachende Frau in den Sanitätswagen lud. Kriminalassistent Sengelke wischte sich über die Augen.
    »Ob sie das beide gewollt haben?«
    »Wer kann das jetzt sagen, Sengelke? Vielleicht wäre es nicht geschehen, wenn ich den Mund gehalten hätte. Man
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