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Scherben der Ehre

Scherben der Ehre

Titel: Scherben der Ehre
Autoren: Lois McMaster Bujold
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von der Haut picken? O nein. Ich glaube nicht.«
    Die Sechsfüßler erhoben sich mit Zischen und Pfeifen, krümmten ihre fetten Körper, als wollten sie sich aufbäumen, und glitten in den Fluss. Die Radiallebewesen blähten sich auf und entwichen in die Luft. Ihre Farbe erinnerte jetzt an Weingläser voller Burgunder. »Vampirballons?«, fragte Vorkosigan.
    »Anscheinend.«
    »Was für entsetzliche Kreaturen.«
    Cordelia musste fast lachen über seinen mit Abscheu erfüllten Blick. »Da Sie selbst ein Fleischesser sind, können Sie sie nicht wirklich verdammen.«
    »Verdammen nicht, vermeiden ja.«
    »Da bin ich Ihrer Meinung.«
    Sie gingen weiter flussaufwärts, vorbei an einem schäumenden, gelbbraun trüben Wasserfall. Nach etwa anderthalb Kilometern kamen sie zu den Einmündungen zweier Nebenflüsse und stolperten an den seichtesten Stellen, die sie finden konnten, hinüber. Bei der Überquerung des zweiten Nebenflusses verlor Dubauer den Halt, als sich ein Felsbrocken unter ihm drehte, und mit einem wortlosen Schrei sank er ins Wasser.
    Cordelia verstärkte krampfhaft den Griff an seinem Arm und fiel zwangsläufig mit ihm. Sie glitten in einen tieferen Bereich ab. Ein jäher Schrecken durchzuckte Cordelia, dass Dubauer flussabwärts getrieben würde, außerhalb ihrer Reichweite, dorthin, wo Gefahren drohten: die amphibienhaften Sechsfüßler, die scharfen Felsen – der Wasserfall! Ohne sich um das Wasser zu kümmern, das ihr in den Mund drang, packte sie Dubauer mit beiden Händen. Und da trieben sie schon davon – nein.
    Etwas zerrte an ihrem Körper mit enormer Gegenwirkung gegen die reißende Strömung des Wassers.
    Vorkosigan hatte Cordelia an der Rückseite ihres Gürtels gepackt und zog beide mit der Kraft und Geschicklichkeit eines Schiffsstauers ins Seichte.
    Cordelia rappelte sich hoch und schob Dubauer, der heftig hustete, auf das andere Ufer hinauf. Sie fühlte sich beschämt, empfand aber gleichzeitig Dankbarkeit. »Danke«, sagte sie keuchend zu Vorkosigan.
    »Was? Haben Sie etwa gedacht, ich ließe Sie ertrinken?«, fragte er sarkastisch und entleerte seine Stiefel. Cordelia zuckte verlegen die Achseln. »Nun ja – wenigstens würden wir Sie nicht aufhalten.«
    »Hm.« Er räusperte sich, sagte aber nichts mehr. Sie fanden einen felsigen Platz zum Sitzen, aßen ihren Hafer und ihr Salatdressing und ließen sich eine Weile trocknen, bevor sie sich wieder auf den Weg machten.
    Sie legten Kilometer um Kilometer zurück, während das Panorama des großen Berges zu ihrer Rechten sich kaum zu verändern schien. An einer Stelle peilte Vorkosigan die Richtung auf eine Weise, die nur er selber verstand, und führte sie dann mehr nach Westen, mit dem Berg in ihrem Rücken, und die Sonne begann sich jetzt in ihr Blickfeld zu neigen.
    Sie überquerten einen anderen Wasserlauf. Als sie über den Rand seiner Uferböschung hochkam, stolperte Cordelia fast über einen Sechsfüßler mit rotem Fell, der ganz still in einer Bodensenke lag und vollkommen mit seiner Umgebung verschmolz. Er war ein zart gebautes Wesen, so groß wie ein mittelgroßer Hund, und floh in graziösen Sprüngen über die rote Ebene davon.
    Cordelia wurde plötzlich hellwach. »Das Ding ist essbar!«
    »Den Betäuber, den Betäuber!«, rief Vorkosigan. Sie drückte ihm die Waffe hastig in die Hand. Er fiel auf ein Knie, zielte und fällte die Kreatur mit einem Schuss.
    »Oh, ein guter Schuss!«, rief Cordelia entzückt.
    Vorkosigan grinste sie über die Schulter an wie ein Junge und lief nach seiner Beute.
    »Oh«, murmelte sie, selbst betäubt durch die Wirkung dieses Grinsens, das diesen kurzen Augenblick lang sein Gesicht erhellt hatte wie die Sonne. Oh, machen Sie das noch mal, dachte sie; dann schüttelte sie den Gedanken ab. Pflicht! Halte dich an die Pflicht!
    Sie folgte ihm zu der Stelle, wo das Tier lag. Vorkosigan hatte sein Messer gezogen und überlegte, wo er beginnen sollte. Er konnte ihm nicht die Kehle durchschneiden, denn es hatte keinen Hals.
    »Das Gehirn liegt direkt hinter den Augen. Vielleicht können Sie es töten, indem Sie das Rückenmark durchbohren, wenn Sie zwischen dem ersten Paar Schulterblätter einstechen«, schlug Cordelia vor.
    »Das wäre schnell genug«, stimmte Vorkosigan zu und machte es so. Das Tier zitterte, ächzte und starb. »Es ist eigentlich noch zu früh, um schon das Lager aufzuschlagen, aber hier gibt es Wasser und Treibholz aus dem Fluss für ein Feuer. Das sind dann allerdings morgen etliche
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