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Scherben der Ehre

Scherben der Ehre

Titel: Scherben der Ehre
Autoren: Lois McMaster Bujold
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Kilometer extra«, warnte er.
    Cordelia beäugte den Kadaver und dachte an gebratenes Fleisch. »Das geht schon in Ordnung.« Vorkosigan hob die Jagdbeute auf die Schultern und stand auf. »Wo ist Ihr Fähnrich?«
    Cordelia blickte sich um. Dubauer war nicht zu sehen. »O Gott«, sie holte tief Luft und lief zu der Stelle zurück, wo sie gestanden waren, als Vorkosigan das Abendessen geschossen hatte. Dort war er nicht. Sie trat an den Rand der Uferböschung.
    Dubauer stand mit herabhängenden Armen am Fluss und blickte nach oben, verdutzt und hingerissen. Auf sein aufwärts gerichtetes Gesicht schwebte ein großes durchsichtiges Radialwesen sanft herab.
    »Dubauer, nein!«, kreischte Cordelia und kletterte das Ufer zu ihm hinab.
    Vorkosigan sprang an ihr vorbei und sie eilten an das Wasser. Das Radialwesen ließ sich auf Dubauers Gesicht nieder und begann, sich flachzumachen; der Fähnrich warf mit einem Schrei seine Hände hoch.
    Vorkosigan kam als erster an. Er packte das halb erschlaffte Ding mit seiner bloßen Hand und zog es von Dubauers Gesicht weg. Ein Dutzend dunkler, rankenartiger Fortsätze hatten sich in Dubauers Fleisch verhakt, sie dehnten sich und rissen durch, als die Kreatur von ihrer Beute weggezogen wurde. Vorkosigan schleuderte das Ding in den Sand und stampfte darauf herum, während Dubauer zu Boden fiel und sich auf der Seite liegend zusammenkrümmte. Cordelia versuchte, seine Hände von seinem Gesicht wegzuziehen. Er gab seltsame, heisere Laute von sich, und sein Körper schüttelte sich. Ein neuer Anfall, dachte sie – aber dann erkannte sie mit einem Schock, dass er weinte.
    Sie hielt seinen Kopf in ihren Schoß, um das wilde Schütteln zu unterdrücken. Die Stellen, wo die Ranken in seine Haut eingedrungen waren, waren in der Mitte schwarz und von Ringen rohen Fleisches umgeben, das alarmierend anzuschwellen begann. Eine besonders hässliche Stelle war am Winkel des einen Auges. Sie zupfte eine der verbliebenen eingehakten Ranken aus seiner Haut und stellte fest, dass diese ihre Finger ätzend brannte. Anscheinend war die Kreatur gänzlich mit dem gleichen Gift überzogen gewesen, denn Vorkosigan kniete am Fluss und hielt seine Hand ins Wasser. Sie zog schnell die restlichen Ranken heraus und rief den Barrayaraner an ihre Seite.
    »Haben Sie etwas in Ihrem Beutel, was dagegen hilft?«
    »Nur das Antibiotikum.« Er reichte ihr eine Tube, und sie schmierte etwas davon auf Dubauers Gesicht. Es war keine richtige Brandsalbe, aber es musste im Augenblick genügen. Vorkosigan starrte Dubauer einen Augenblick lang an, dann holte er widerstrebend eine kleine weiße Pille hervor.
    »Das ist ein starkes Schmerzmittel. Ich habe nur vier davon. Es könnte ihn über den Abend bringen.« Cordelia legte die Pille auf Dubauers Zunge. Sie schmeckte offensichtlich bitter, denn er versuchte sie auszuspucken, aber Cordelia fing die Pille auf und zwang ihn, sie zu schlucken. Nach ein paar Minuten gelang es ihr, ihn auf die Beine zu bringen und zu dem Lagerplatz mitzunehmen, den Vorkosigan ausgewählt hatte. Von dort aus hatten sie einen guten Ausblick auf das sandige Flussbett. In der Zwischenzeit sammelte Vorkosigan eine hübsche Menge Treibholz für ein Feuer.
    »Wie werden Sie das anzünden?«, wollte Cordelia wissen.
    »Als ich ein kleiner Junge war, musste ich lernen, wie man ein Feuer durch Reiben entzündet«, erinnerte sich Vorkosigan. »Militärisches Sommerschullager. Es war nicht einfach. Man brauchte den ganzen Nachmittag dazu. Wenn ich mich recht erinnere, habe ich es nie auf diese Weise zum Brennen gebracht. Ich habe es angezündet indem ich einen Kommunikator zerlegte, um an die Energiezellen zu kommen.« Er durchsuchte seinen Gürtel und seine Taschen. »Der Instruktor war wütend. Ich glaube, es muss sein Kommunikator gewesen sein.«
    »Keine chemischen Zünder?«, fragte Cordelia und nickte in Richtung auf seinen Mehrzweckgürtel, den er gerade einer Inventur unterzog.
    »Angeblich feuert man seinen Plasmabogen ab, wenn man Hitze haben möchte.« Er klopfte mit seinen Fingern auf das leere Halfter. »Ich habe eine andere Idee. Ein bisschen drastisch, aber ich denke, es wird funktionieren. Sie sollten sich lieber zu Ihrem Botaniker setzen. Es wird laut werden.«
    Er nahm eine der bisher nutzlosen Energiepatronen für den Plasmabogen aus einer Munitionstasche an der Rückseite seines Gürtels.
    »O je«, sagte Cordelia und zog sich zurück. »Ist das nicht zuviel? Und was machen Sie mit dem
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