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Scherben der Ehre

Scherben der Ehre

Titel: Scherben der Ehre
Autoren: Lois McMaster Bujold
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führt Sie zu dieser Stunde hierher, Sir?«
    »Der Dienst. Was sind eigentlich Ihre Pläne für die nächsten paar Wochen, Fähnrich?«
    »Nun ja, man wird mich nächste Woche aus den Streitkräften entlassen. Ich werde eine Weile nach Hause gehen. Dann werde ich anfangen, mir Arbeit zu suchen, nehme ich an. Ich weiß allerdings noch nicht, was für eine.«
    »Zu schade«, sagte Vorkosigan und behielt ein ernstes Gesicht bei. »Ich stifte Sie nur sehr ungern dazu an, Ihre Pläne zu ändern, Leutnant Koudelka, aber Sie sind versetzt worden.« Und er legte auf das Nachttischtablett der Reihe nach, wie ein prächtiges Spielkartenblatt, Koudelkas neu erstellten Marschbefehl, seine Beförderung und ein Paar roter Kragenabzeichen.
    Cordelia hatte nie zuvor soviel Freude an Koudelkas ausdrucksvollem Gesicht gehabt. Es war eine Studie an Verblüffung und aufsteigender Hoffnung. Er nahm den Marschbefehl vorsichtig auf und las ihn durch. »O Sir! Ich weiß, das ist kein Scherz, aber es muss ein Irrtum sein! Persönlicher Sekretär des designierten Regenten – ich weiß überhaupt nichts über diese Arbeit. Es ist eine unmögliche Aufgabe.«
    »Wissen Sie, das ist fast genau das gleiche, was der designierte Regent zuerst über seine Aufgabe sagte, als man sie ihm anbot«, sagte Cordelia. »Ich nehme an, ihr beide müsst sie zusammen lernen.«
    »Wie kam er darauf, mich auszuwählen? Haben Sie mich empfohlen, Sir? Da fällt mir ein …«, er drehte den Marschbefehl um und las ihn nochmals durch, »wer wird überhaupt Regent?« Er hob seinen Blick zu Vorkosigan und begriff endlich. »Mein Gott«, flüsterte er. Er lächelte und gratulierte nicht, wie Cordelia erwartet hatte, sondern schaute ganz ernst drein. »Es ist – ein höllischer Job, Sir. Aber ich glaube, die Regierung hat endlich etwas Richtiges getan. Ich bin stolz, wieder unter Ihnen dienen zu dürfen. Danke!«
    Vorkosigan nickte zustimmend.
    Koudelka lächelte endlich, als er den Beförderungsbescheid in die Hand nahm. »Danke auch hierfür, Sir.«
    »Danken Sie mir nicht zu früh. Als Gegenleistung werde ich Sie Blut schwitzen lassen.«
    Koudelka grinste breit. »Das ist nichts Neues.« Er fummelte unbeholfen mit den Kragenabzeichen herum. »Darf ich das machen, Leutnant?«, fragte Cordelia. Er schaute abwehrend auf. »Zu meinem Vergnügen«, fügte sie hinzu.
    »Es wäre mir eine Ehre, Mylady.«
    Cordelia befestigte sie mit der größten Sorgfalt ordentlich an seinem Kragen und trat zurück, um ihr Werk zu bewundern. »Meine Glückwünsche, Leutnant.«
    »Sie können morgen neue, glänzende bekommen«, sagte Vorkosigan. »Aber ich dachte, diese würden für heute Abend ausreichen. Ich werde Sie jetzt hier rausholen. Wir bringen Sie heute Nacht in der Residenz meines Vaters, des Grafen, unter, weil die Arbeit morgen bei Tagesanbruch beginnt.«
    Koudelka fingerte an den roten Rechtecken herum. »Waren das Ihre, Sir?«
    »Ja, vor langer Zeit. Ich hoffe, Sie bringen Ihnen nicht mein Schicksal, das immer übel war, aber – tragen Sie sie immer bei guter Gesundheit.«
    Koudelka nickte ihm zu und lächelte. Er empfand Vorkosigans Geste offensichtlich als tief bedeutsam, mehr, als er in Worten ausdrücken konnte. Aber die beiden Männer verstanden einander auch ohne Worte vollkommen. »Kommen Sie nicht auf den Gedanken, dass ich neue Abzeichen möchte, Sir. Die Leute würden ja geradezu denken, ich sei gestern noch ein Fähnrich gewesen.«
    Später, als sie in der Dunkelheit in Vorkosigans Zimmer im Stadtpalais des Grafen lagen, erinnerte sich Cordelia an etwas, das sie hatte wissen wollen.
    »Was hast du dem Kaiser über mich gesagt?«
    Er bewegte sich neben ihr und zog die Bettdecke zärtlich über ihre nackte Schulter hoch, so dass sie beide wie unter einem Zelt geborgen waren.
    »Hm? Ach, das.« Er zögerte. »Ezar hatte mich über dich ausgefragt, bei unserem Streit über Escobar. Hatte angedeutet, dass du dich negativ auf meine Nerven ausgewirkt hättest. Ich wusste damals nicht, ob ich dich jemals wiedersehen würde. Er wollte wissen, was ich in dir sah. Ich habe ihm gesagt …«, er machte wieder ein Pause und fuhr dann fast schüchtern fort: »dass du Ehre ausströmst wie ein Brunnen, überall um dich herum.«
    »Das ist sonderbar. Ich fühle mich nicht voll von Ehre oder von irgend etwas anderem, ausgenommen vielleicht Verwirrung.«
    »Natürlich nicht. Brunnen behalten nichts für sich selbst zurück.«

 
EPILOG
SCHAURIGE ERNTE
     
    Das zerstörte Schiff hing
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