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Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen

Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen

Titel: Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen
Autoren: Tanja Heitmann
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er sich unsere Unterlagen durchsah. »Er strengt sich bestimmt an, aber er packt es falsch an. Immer im Kreis dieselben Erklärungen scheinen es nicht zu bringen - ich schaue mir euer Drama schon etwas länger an.« Bevor ich eine weitere Entschuldigung für Bjarne platzieren konnte, lächelte Sam erneut. Hinter meiner Stirn begann es zu rauschen und ich brachte kein Wort über die Lippen.
    »Rufus kommt heute Abend bei mir vorbei. Wenn du möchtest, kannst du mitkommen und dann versuchen wir es auf eine andere Weise. Nicht dass du denkst, ich möchte Bjarnes Stunden übernehmen, aber ich glaube, du brauchst dringend mal ein Erfolgserlebnis.«
    Ich nickte zustimmend, immer noch unfähig, einen Ton herauszubringen.
    Anstatt aufzustehen und wieder zu den Roger-Zwillingen zurückzukehren, die beide schon ungeduldig zu uns herüberstarrten, blieb Sam bei mir sitzen. Kurz trommelte er mit den Fingern auf die Tischplatte, dann schaute er hoch und blickte mir in die Augen.
    Wie oft hatte ich schon heimlich seine blaugrünen Augen bewundert, die schillerten wie das Meer, wenn sich das Sonnenlicht darauf brach? Die Iris war dunkel umkreist, als würde einen das Wasser in die Tiefe ziehen. Ich kannte Sams Augen ganz genau, und doch blickte ich das erste Mal direkt hinein. Bevor ich darin verloren gehen konnte, brach Sam den Zauber, indem er den Blick senkte. Seine Mundwinkel hoben sich leicht, während er aufstand.
    »Ich mag übrigens deinen neuen Haarschnitt, lässt dich irgendwie ganz anders wirken«, sagte er über seine Schulter hinweg.

    »Natürlich nimmst du mich mit!«
    Rufus warf mir einen verächtlichen Blick zu, während er die Treppe runterstürmte, dicht gefolgt von mir.
    »Vergiss es«, sagte er zum hundertsten Mal, seit ich ihm von meiner Unterhaltung mit Sam berichtet hatte.
    Im Vorbeieilen schnappte er sich seine Lederjacke und hielt auf die Eingangstür zu, doch so leicht ließ ich mich nicht abschütteln. Dann würde ich eben ohne Jacke aus dem Haus gehen, selbst wenn die Abende im Frühjahr noch sehr kühl waren. Es gab einen kurzen Ringkampf, ehe Rufus mir die Tür vor der Nase zuschlug. Doch ich überraschte ihn in dem Moment, als er die Fahrertür seines alten Fords aufzog, indem ich plötzlich hinter ihm auftauchte und so schnell unter seinem Arm auf den Beifahrersitz rüberkletterte, dass er nicht einmal fluchen konnte.
    »Raus mit dir!«
    Rufus packte mich am Arm, um mich wieder rauszuziehen. Doch damit hatte ich gerechnet und mich bereits angeschnallt. Als er nach dem Verschluss greifen wollte, haute ich ihm entschlossen auf die Finger. Mehr überrascht als verletzt zog Rufus seine Hand zurück.
    »Bist du jetzt vollkommen verrückt?« »Nein, aber ich werde es, wenn ich am Freitag in Mathe eine Fünf schreibe. Du kennst meine Physiknote, das wird eh schon verdammt eng.«
    Rufus lutschte an seinen Fingerknöcheln und ich erkannte, dass seine Abwehrhaltung bröckelte. Die Naturwissenschaften lagen ihm genau so gut wie mir - nämlich gar nicht. Ein Erbe unserer schöngeistigen Mutter, deren Welt auch ohne Zahlen wunderbar funktionierte. Aber sie brauchte sich über ihre Versetzung ja auch keine Gedanken mehr zu machen.
    »Komm schon«, bettelte ich. »Sam hat es mir doch von sich aus angeboten. Wie sieht es denn auch aus, wenn du jetzt ohne mich auftauchst?«
    »Du hast bei Sam einfach nichts zu suchen. Er ist mein Kumpel. Ich mische mich doch auch nicht in deine Freundschaften ein.«
    Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. »Lena hätte bestimmt nichts dagegen.«
    Wie erwartet verdrehte Rufus die Augen, weil ihm die Schwärmerei meiner engsten Freundin für ihn nicht entgangen war. Dann schnallte er sich ebenfalls an und startete den Wagen. Er hatte gerade erst den Führerschein gemacht und war enorm stolz auf seinen fahrbaren Untersatz. Schließlich hatte er unseren Vater in den letzten zwei Jahren mit Vorschlägen überhäuft, was für ein Auto man ihm kaufen könnte, wenn er erst einmal fahren durfte. Natürlich hatte Rufus nicht eine Sekunde lang gedacht, dass er sich vielleicht den Citroën mit meinen Eltern würde teilen müssen. Das wäre problemlos möglich gewesen, denn sie waren beide keine begeisterten Autofahrer, vor allem mein Vater nicht, der, sportlich, wie er war, fast alles mit dem Fahrrad machte. Dass Rufus trotzdem einen Wagen bekommen hatte, wenn auch nur einen ziemlich schrottigen, lag wahrscheinlich in der Hoffnung meiner Eltern begründet, ihm damit etwas
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