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Schattenpferd

Titel: Schattenpferd
Autoren: Tami Hoag
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ZENE
     
    AUFBLENDE
     
    AUSSEN: REITERZENTRUM PALM BEACH – SONNENUNTERGANG
     
    Flache, offene Koppeln erstrecken sich nach Westen. Ein Feldweg führt nördlich auf das Gelände des Reiterzentrums und südlich zu kleinen, weiter entfernt liegenden Reitställen. Weit und breit ist niemand zu sehen. Die Koppeln sind leer. Keine Menschen, keine Pferde. Sonntagnacht: alle sind nach Hause gegangen.
     
    Erin steht am hinteren Tor. Sie wartet auf jemanden. Sie ist nervös. Sie glaubt, dass sie aus einem geheimen Grund hier ist. Sie glaubt, heute Nacht wird sich ihr Leben ändern.
     
    Das wird es.
     
    Sie schaut auf die Uhr. Ungeduldig. Hat Angst, dass er nicht kommt. Sie weiß nicht, dass die Kamera sie aufnimmt. Sie glaubt, sie sei allein.
     
    Sie denkt: Vielleicht kommt er nicht, vielleicht hab ich mich in ihm getäuscht.
     
    Von Süden nähert sich ein rostiger weißer Kleinbus. Sie sieht ihn auf sich zukommen. Sie schaut verärgert. Niemand benutzt diesen abgelegenen Weg um diese Uhrzeit. Das Tor zum Turniergelände ist für die Nacht bereits mit einer Kette verschlossen worden.
     
    Der Kleinbus hält. Ein maskierter Mann springt heraus.
     
    ERIN
    Nein!
     
    Sie rennt auf das Tor zu. Er packt sie von hinten am Arm und wirbelt sie herum. Sie tritt nach ihm. Mit dem Handrücken versetzt er ihr einen Schlag ins Gesicht, der sie taumeln lässt. Im Stolpern reißt sie sich los und will wieder weglaufen, kommt aber nicht auf die Füße. Der Mann schlägt sie von hinten nieder, stürzt sich auf sie, das Knie in ihrem Rücken. Er zieht eine Spritze aus der Jackentasche und rammt ihr die Nadel in den Arm. Sie stößt einen kleinen Schmerzensschrei aus und beginnt zu weinen.
     
    Er zerrt sie hoch und schiebt sie in den Bus. Er knallt die Tür zu, steigt vorne ein, der Bus wendet und fährt davon.
     
    Das Leben ändert sich innerhalb eines Herzschlags.
     
    ABBLENDE

1
    Das Leben kann sich innerhalb eines Herzschlags ändern .
    Ich hab das schon immer gewusst und buchstäblich vom Tag meiner Geburt an gemerkt , wie wahr dieser Spruch ist . Manchmal sehe ich diese Augenblicke kommen , spüre sie , erwarte sie , als hätten sie eine Aura , die ihnen vorausgeht . Jetzt sehe ich einen kommen . Adrenalin schießt durch meine Adern wie Raketentreibstoff . Mein Herz hämmert wie ein Kolben . Ich bin zum Abschuss bereit .
    Man hat mir befohlen zu warten , aber ich weiß , dass es nicht die richtige Entscheidung ist . Wenn ich als Erste losgehe , wenn ich jetzt reingehe , kann ich mir die Golam-Brüder schnappen . Sie glauben mich zu kennen . Mir gegenüber werden sie nicht wachsam sein . Ich arbeite seit drei Monaten an diesem Fall . Ich weiß , was ich tue . Ich weiß , dass ich Recht habe . Ich weiß , dass die Golam-Brüder bereits nervös sind . Ich weiß , dass ich diese Verhaftung vornehmen will und sie mir zusteht . Ich weiß , dass Lieutenant Sikes nur zur Schau hier ist , um sich eine Feder an den Hut zu stecken , wenn die Fernsehleute kommen , damit er gut dasteht und ihn das beeindruckte Publikum bei der nächsten Wahl zum Sheriff wählt .
    Er hat mich neben dem Wohnwagen platziert und mir befohlen zu warten . Der findet doch im Dunkeln sein eigenes Arschloch nicht . Er weiß nicht mal , dass die Brüder meistens die Seitentür benutzen . Während Sikes und Ramirez die Vordertür bewachen , stopfen die Brüder das Geld in Reisetaschen und machen sich bereit , aus der Seitentür abzuhauen . Billy Golams Truck steht nur drei Meter entfernt , mit Schlamm bespritzt . Wenn sie türmen , nehmen sie den , nicht die vorne geparkte Corvette . Der Truck hat Allradantrieb und ist geländegängig .
    Sikes verplempert kostbare Zeit . Die Golam-Brüder haben zwei Mädchen bei sich im Wohnwagen . Die Sache könnte leicht zu einem Geiseldrama werden . Aber wenn ich jetzt reingehe , solange sie nicht auf der Hut sind …
    Sikes kann mich mal . Ich geh rein , bevor diese Zappelphilippe ausrasten .
    Es ist mein Fall . Ich weiß , was ich tue .
    Ich stelle mein Funkgerät an .» Das hat keinen Zweck . Die werden mit dem Truck abhauen . Ich geh rein .«
    » Verdammt noch mal , Estes – «
    Ich mache das Funkgerät aus und lasse es ins Unkraut ne ben dem Wohnwagen fallen . Es ist mein Fall . Es ist meine Ver haftung . Ich weiß , was ich tue .
    Ich gehe zur Seitentür und klopfe , wie alle Kunden der Golam-Brüder klopfen : zweimal , einmal , zweimal .» Hey , Billy , ich bin’s , El . Ich brauch was .«
    Billy Golam reißt die Tür
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