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Schattenmenagerie

Schattenmenagerie

Titel: Schattenmenagerie
Autoren: Dieter Buehrig
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Krolls
Lippen. »Er lebt hier, aber er ist heute leider nicht anwesend. Es handelt sich
um Herrn Romanowsky, den allseits geachteten Pächter der Fasaneninsel und ehrenwertes
Mitglied des Stiftungsrats.«
    Der Herzog stieß vor Verblüffung
sein Gott sei Dank leeres Aperitifglas um. »Das darf doch nicht wahr sein! – Ich
kenne den Mann gut und stehe zu ihm. Er ist ein erwiesener Fachmann und wir sind
stolz, seine Fähigkeiten demnächst in den Dienst unseres Stiftungsrats zu stellen.
– Jetzt schießen Sie aber über Ihr Ziel hinaus, Herr Inspektor. – Es wird Ihnen
schwerfallen, Ihre ungeheuerlichen Anschuldigungen zu beweisen.«
    Kroll entgegnete
in betont ruhigem Ton: »Nein, es tut mir leid, Sie enttäuschen zu müssen. Die Beweislage
ist eindeutig. – Fangen wir bei seinem Namen an. Er hat ihn sich dem Familiennamen
des russischen Zarengeschlechts entlehnt, den ›Romanows‹. Diese kleine Eitelkeit
brachte meine Mitarbeiter erst auf die richtige Spur. – Dann das Bernsteinmedaillon.
Es lag auf dem Schreibtisch in seinem Arbeitszimmer.«
    Kroll wechselte einen kurzen Blick
mit Noël, der verlegen auf seinem Stuhl herumdruckste. »Wie wir daran gekommen sind,
spielt jetzt keine Rolle. Aber dass wir Romanowskys Fingerabdrücke daran feststellen
konnten, sehr wohl. – Und dort fanden wir auch uralte Notizen, die belegen, dass
einer seiner Vorfahren, der es unerkannt zu einem Vertrauten des Zaren gebracht
hatte, das Stück heimlich aus einer Wand des Bernsteinzimmers herausgebrochen hatte.
Es sollte seiner Sippe als Beleg für ihren Anspruch auf den Zarenthron dienen.«
    »Selbst wenn
dem so wäre«, schaltete sich Diabelli ein, der den ganzen Abend lang unbewegt und
mit eiskalter Miene dem Gespräch teilnahmslos gefolgt war. »Wenn das stimmt, so
beweist das noch überhaupt nichts über einen Zusammenhang mit den Todesfällen, die
Sie hier – meiner bescheidenen Meinung nach in völlig absurder Weise – aufzudecken
gewillt sind. Im Gegenteil: Wir sollten stolz sein, eine derart illustre Persönlichkeit
unter uns zu wissen.«
    »Bitte noch einen Augenblick Geduld,
verehrter Herr Diabelli. Aber alles braucht seine Zeit. Auch meine Beweisführung.
Sie werden noch früh genug die Lösung erfahren, – auch wenn sie Ihnen nicht passen
sollte.« Kroll leerte sein Glas. Dann schlug er mit der Hand schwer auf den roten
Aktenordner. »Hier befinden sich weitere Beweise. Schwerwiegende Beweise, die wir
der Staatsanwaltschaft nicht vorenthalten dürfen.
    Erstens. Wir sind über eine hohe
Geldüberweisung informiert, die Romanowsky zugunsten eines uns wohl bekannten Berufskillers
aus den Kreisen der russischen Mafia tätigte. Eben genau des Mannes, der dem Grafen
von Stolberg nach Mallorca hinterhergereist war, um ihn dort kaltblütig zu ermorden.
Heute wissen wir dank der Recherchen unserer spanischen Kollegen fast alles über
den Tathergang.
    Zweitens. In Romanowskys Arbeitszimmer
fanden wir ein Dossier, das in seinem Auftrag von der in Lübeck in der Stadtvilla
des Herzogs ermordeten Mitarbeiterin des Archivs erstellt wurde. Ihre Handschrift
sowie seine und ihre Fingerabdrücke wurden einwandfrei identifiziert. – Und der
Inhalt des Dossiers bestätigt alle unsere Vermutungen über Romanowskys Herkunft.
    Drittens. In einem Schuppen seines
Anwesens auf der Fasaneninsel entdeckten wir ein Fangeisen genau von der Sorte,
die dem Wilderer zum Verhängnis wurde. Also eine der verbotenen Fallen, die er offenbar
aus der Alten Schäferei entwendet hatte. Und mehr noch. Es gelang den Eutiner Kollegen,
Zeugen ausfindig zu machen, die aussagten, dass am Abend vor diesem Mord Romanowsky
an einem Nebentisch gesessen hat, während der arme Kerl lauthals von einem angeblichen
Jagdausflug des Herzogs redete. Mit anderen Worten, Romanowsky musste davon ausgehen,
dass dieser in der Folgenacht durch sein Jagdrevier streifen würde. Das tat aber
nicht er, sondern eben der Wilderer. Und weil er die abgetragene Kleidung des Herzogs
trug, verwechselte Romanowsky ihn mit dem, den er eigentlich schon lange im Visier
seiner finsteren Absichten hatte.«
    »Und die wären?«, ließ sich erneut
Diabelli vernehmen.
    »Mit Ihrer Frage kommen wir auf
den Punkt. Wir wissen – das bestätigen übrigens auch Berichte der russischen Geheimpolizei
über die dortigen Aktivitäten einer verschwörerischen Monarchistenpartei –, dass
Romanowsky plante, seinen Anspruch auf den russischen Thron mit allen Mitteln durchzusetzen.
Falsche Zaren, die sich als
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