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Schattenlord 2 - Stadt der goldenen Türme

Titel: Schattenlord 2 - Stadt der goldenen Türme
Autoren: Michael Marcus Thurner
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spiralförmig um das Gemäuer gelegt. Dieses Jahr allerdings wollten die Triebe nicht so richtig wachsen. Molehibbon konnte sie unter seinen Fingern spüren. Schwach und mickrig waren sie.
    Eine Fleisch-Mamsell zerbiss die Wurzelhaut und schlüpfte daraus hervor. Empört über die unerwartete Störung, begann sie vor seinen Augen hoch und nieder zu flattern und kräftig auf ihn einzuschimpfen. Die schmerzhaft hohen Töne ihres Gesangs waren selbst für ihn zu vernehmen; eine Gnomin, alt und gekrümmt, die eben am Turm vorbeihumpelte, reckte die Faust in Molehibbons Richtung und schrie ihm einen bösen Fluch zu, der wirkungslos im Abwehrgeflecht des Turms verpuffte.
    Er sprach einen Zauber, der ihm für wenige Sekunden Kraft geben würde. Kaum fühlte er neue Energien durch seinen Körper pulsen, griff er blitzschnell zu, fing die Fleisch-Mamsell aus der Luft - und zerquetschte sie.
    Blut troff zwischen seinen Fingern nach unten und platschte, von einer Windböe gefangen, gegen das Gemäuer.
    Molehibbon zog die Hand zurück. Eilig nahm er auf dem Wartestuhl Platz. Er würde für den kleinen Zauber teuer bezahlen müssen. Schon kam der Schmerz, schon erhielt er die Rechnung für seine Unvernunft. Blitze durchbohrten seinen Kopf. Bilder überschwemmten ihn, kaleidoskopartige Eindrücke, die ihm alles Schlechte zurückbrachten, was er in seinem langen Leben gesehen, getan und erlebt hatte. Die Arme fielen wie leblos von den Lehnen des Wartestuhls, die Beine zitterten.
    Er war sehr alt geworden. Mit ein wenig gutem Willen blieben ihm vielleicht noch achthundert Jahre, bevor sein Geist erstarrte und er von den Stadtwächtern entfernt wurde, um an einem der Geheimplätze der Nekromanten mit dem Gestein verbunden zu werden.
    Die Fleisch-Mamsellen - es gab zu viele von ihnen, und er war nicht mehr in der Lage, ihrer Herr zu werden.
    Er verfluchte seine Zögerlichkeit. Er hätte sich längst nach einem Lehrling umsehen müssen, der sein Werk irgendwann einmal fortführte. Doch jene Jungen, die weniger als fünfhundert Jahre Lebenserfahrung hinter sich hatten und Interesse für seine Arbeit zeigten, waren rar gesät. Er hatte niemals einen Städter gefunden, der seinen moralischen Vorstellungen entsprach. Da war bloß dieses eine Gör...
    Ein neues Erinnerungsgewitter überkam ihn. Es drohte, seine Sinne für die nächsten Stunden zu blockieren. Mit aller Kraft kämpfte er gegen diese Schwäche an, die mit der einsetzenden Versteinerung einherging - und blieb erfolgreich. Dieses Mal.
    Molehibbon blickte zum Weißen Fenster hinaus. Er entdeckte den kleinen schwarzen Fleck, der allmählich größer wurde. Die Bewohner des Turms hatten den Ruf der Ratschen gehört und kehrten zurück, gelenkt und geführt, durch jene magischen Tunnels, die sie vor den Fleisch-Mamsellen schützen und sicher in diese ganz besondere Behausung leiten würden.

l
    Die endlose
    Düne
     
    W eiter!«, rief Jack und bedeutete der Gruppe, zu ihm aufzuschließen. »Legt gefälligst einen Zahn zu!«
    Der Sky Marshal schritt munter aus. Zu munter für Lauras Geschmack. Es befanden sich Verletzte unter den Überlebenden des Flugs UP 512 von Nassau nach Miami und auch solche, die das Wandern nicht gewohnt waren. Schon gar nicht waren sie in der Lage, einen Gewaltmarsch, der ins Unbekannte führte, über Stunden und Tage hinweg durchzumachen.
    »Ich bringe ihn um!«, schimpfte Zoe. »Ich töte ihn mit der letzten verbliebenen Pedikür-Schere, wenn er noch einmal den Mund aufmacht! Und nachdem ich es getan habe, nehme ich all sein Geld an mich, um mir bei der erstbesten Gelegenheit eine anständige Fußpflege zu gönnen. Ich habe Hornhaut auf den Fußballen. Hornhaut! Niemand bucht ein hornhäutiges Modell!«
    »Ich glaube kaum, dass du dir in nächster Zeit Sorgen um Aufträge machen musst«, sagte Milt. Er schloss zu den beiden Freundinnen auf, drückte sich zwischen sie und passte sich ihrem Marschtempo an.
    »Und warum nicht?« Zoe, fast so groß wie der notorisch gut gelaunte Milton Keene, musterte den Mann mit einem Blick, der schon manches Männerherz zum Schmelzen gebracht hatte, wie Laura wusste.
    »Diese Gegend schreit nicht gerade nach jemandem, der mit seinem Aussehen Geld verdient.« Milt rümpfte die Nase. »Außerdem müffelst du.«
    »Ich ... Wie bitte?!«
    »Du riechst ein wenig streng. Wie wir alle.«
    Zoe blieb wie vom Donner gerührt stehen, während Milt grinsend seinen Marsch fortsetzte.
    »Er zieht dich bloß auf«, sagte Laura eindringlich
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