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Schattenkuss

Schattenkuss

Titel: Schattenkuss
Autoren: Inge Loehnig
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vergangen, seit er sich aus dem Schuppen befreit hatte.
    »Wo sollen wir zu suchen anfangen?«, fragte Daniel. »Hat dein Vater einen Lieblingsplatz am See oder im Wald?«
    »Keine Ahnung! Eigentlich mag er den See nicht. Sein Vater ist darin ertrunken!« Florian bremste und ließ den Gegenverkehr passieren, bevor er auf den Weg zum See abbog und hinter der Staubfahne herfuhr, die der Kombi aufwirbelte. Sie passierten die alte Villa. Abrupt trat Florian auf die Bremse. »Die alte Villa. Da ist er früher oft hin, mit seiner Freundin und später mit meiner Mutter.« Er gab Lichthupe. Der Kombi hielt, setzte zurück. Florian bog in den Weg hinter der Villa ein. Das Scheinwerferlicht fiel auf den Geländewagen seines Vaters. Im Halbdunkel bewegte sich eine Gestalt.

36
    Bunte Lichtpunkte tanzten vor ihren Augen. Lena krallte ihre Hände in Bennos, versuchte, sie von ihrem Hals zu lösen. Doch sie spürte, wie ihre Kraft sie mehr und mehr verließ. Ein dunkler Schleier wollte sich über sie legen. Plötzlich krachte es. Etwas splitterte. Ein Hund bellte. Eine Hand riss an Bennos Haaren. »Lass sie los! Sofort!« Die Stimme eines Mannes. Der durchdringende Geruch von Schweiß und ungewaschenen Klamotten. Durch die geborstene Seitenscheibe steckte ein Hund seinen Kopf, fletschte knurrend die Zähne. Tadi!
    Benno lockerte seinen Griff, ließ die Hände dann sinken und drehte sich zum Fenster.
    Lena rang keuchend nach Luft. Sie hustete. Tränen liefen über ihre Wangen. Der Hals schmerzte, alles drehte sich.
    Benno rutschte auf den Fahrersitz. Reglos blieb er sitzen, während Odakota die Tür entriegelte, sie aufriss und ihn aus dem Wagen zerrte.
    Mit zitternden Fingern öffnete Lena die Beifahrertür, stolperte hinaus und direkt in Steffis Arme. Wo kam die denn her? »Lena! Mein Gott!« Steffi starrte auf Lenas Hals und zog ihre Tochter an sich.
    Das Licht von zwei Fahrzeugen beleuchtete die Szene. Benno stand neben Odakota. Tadi knurrte noch immer. Tom tauchte aus der Dunkelheit auf. Die Lippen fast weiß, seine Augen schienen Funken zu sprühen. »Du Saukerl!« Er holte aus. Ein Faustschlag traf Benno, der schützend die Hände hob, am Kinn. Dann noch einer und ein weiterer. »Drecksau! Arschloch! Du verdammtes Arschloch!« Benno wehrte sich nicht. Odakota ging dazwischen. »Das genügt. Es ist gut. Hör auf!« Er drängte Tom zurück.
    »Das finde ich auch.« Die Stimme kam aus dem Garten der Villa. Babette Leitner kam auf die Gruppe zu, das Jagdgewehr auf Tom gerichtet. Ihre Frisur war zerrauft, in ihrem Blick lag eine Mischung aus Panik, Wahn und Entschlossenheit. »Benno, komm her! Alle anderen setzen sich in den Geländewagen.« Mit dem Gewehr wies sie zum Fahrzeug. »Florian! Daniel! Ihr auch.«
    Lena zitterte noch immer oder schon wieder. Sie wusste es nicht. Das Atmen tat weh. Ein stechender Schmerz fuhr durch Hals und Lunge. Wo kamen plötzlich alle her? Was machte Florians Oma hier? Warum hatte sie ein Gewehr dabei? Ich bin im falschen Film, dachte Lena. Das ist nicht echt. Das kann nicht wahr sein.
    »Na los. Rein mit euch.« Babettes Schultern waren gestrafft, ihre ganze Haltung verriet, dass sie es ernst meinte. Tadis Knurren wurde lauter.
    »Mutter. Hör auf damit.« Benno ging auf sie zu. »Einmal muss das ein Ende haben.«
    »Halt den Mund!«, herrschte sie ihn an. »Du Waschlappen, du Nichtsnutz. Ein Leben lang habe ich hinter dir hergeräumt, hab mich um deinen Dreck gekümmert. Und das werde ich jetzt wieder tun …«
    Lena hörte ein leises Schnalzen. Es kam von Odakota. Ein verhaltenes Zucken durchlief Tadis Körper, als sie alle Muskeln spannte. Aus dem Stand schnellte der Husky hoch, sprang Babette Leitner an, die von Benno abgelenkt war und deren Schimpfkanonade noch immer auf ihren Sohn niederprasselte. Der Hund riss sie zu Boden. Ein Schuss löste sich, schlug splitternd in den Stamm eines Baumes. Dann geschah alles gleichzeitig. Steffi schrie. Lena keuchte. Benno warf sich zu Boden. Florian und Daniel hechteten in Omas Auto. Odakota und Tom stürzten sich auf Bennos Mutter und entrissen ihr das Gewehr. Mit geübten Griffen sicherte Odakota die Waffe, entfernte die Patronen und steckte sie in die Hosentasche. Alle atmeten auf. Tom griff nach seinem Handy und wählte zum zweiten Mal innerhalb weniger Minuten die Nummer der Polizei. Während er sprach, rappelte Benno sich auf. Seine Mutter war auf einem am Wegrand liegenden Baum­stamm zusammengesunken, vor ihr stand Tadi und beobachtete knurrend
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