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Schattenkrieg

Schattenkrieg

Titel: Schattenkrieg
Autoren: Andreas Saumweber
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schon mehrere Techniker auf sie, die der Ingenieur der Reihe nach vorstellte. Lars vergaß die Namen sogleich wieder. Er hatte noch nie ein Talent für Namen gehabt, und außerdem waren seine Gedanken schon mit dem bevorstehenden Tauchgang beschäftigt. Nachdem sie sich gesetzt hatten, bot ihnen der Ingenieur ein Frühstück an. Sven nickte wortkarg.
    »Für mich bitte nur einen Kaffee«, meinte Lars. Vor der Arbeit aß er nie. Er hasste das Gefühl, mit vollem Bauch im Taucheranzug zu stecken. Außerdem hatte er sich einmal die Maske vollgekotzt, weil er frühmorgens unbedingt die Reste der Pizza vom Vorabend hatte essen müssen. Er wäre damals beinahe erstickt – seitdem tauchte er nüchtern.
    Erik gab die Bestellung an einen der Arbeiter weiter. Nachdem die beiden Taucher versorgt waren, kam er schnell zur Sache: »Vor zwei Tagen registrierten wir um 0:32 Uhr ein Seebeben der Stärke drei auf der Richterskala. Ab diesem Zeitpunkt begann die Station,instabil zu werden. Ihr spürt das Schwanken, wenn ihr darauf Acht gebt.«
    Er wartete, sah sie auffordernd an. Lars nickte nachdenklich. Nun, da Erik es erwähnt hatte, war es tatsächlich zu spüren.
    »Stärke drei kann doch einer Plattform nichts ausmachen!«, erwiderte Sven.
    »Das dachten wir auch, aber die Tatsachen sehen anders aus. Jedenfalls habe ich sofort veranlasst, die Bohrer zu stoppen. Unsere Pumpen stehen still.«
    Er wartete für einen kurzen Moment, und Lars war sich fast schon sicher, dass nun ein Satz »Ich muss euch kaum erzählen, welche Kosten hier für die Gesellschaft entstehen!« folgen würde.
    Doch Erik ersparte ihnen einen solchen Kommentar. Er sprach weiter, nun jedoch nicht mehr mit der Touristenführer-Stimme, sondern ernster, hörbar bedrückt: »Laut den Geräten liegt das Problem an der Nordwest-Säule, die Nummer drei. Ich habe gleich ein Team nach unten geschickt, um sich die Sache einmal anzusehen.« Sein Blick ging zu Boden. Lars war schon fast klar, was nun kommen würde. »Der Kontakt ist zu beiden Tauchern abgerissen, beinahe gleichzeitig. Wir haben keinen Notruf bekommen, nichts. Sie waren auf einmal –
weg

    »Was ist mit den Schlitten?«, fragte Sven scharf.
    Lars’ Kollegen war einmal bei einem Tauchgang der Schlitten mit sämtlichem Arbeitsgerät durchgegangen, zum ungünstigsten Zeitpunkt, der möglich gewesen war: Sven war gerade dabei gewesen, sich das Schweißgerät anzulegen, als der Schlitten plötzlich mit voller Kraft angefahren war und ihn in die Tiefe gezerrt hatte. Sven hatte sich mit größter Mühe losgeschnitten; wenn es ihm nicht gelungen wäre, hätte ihn der Unfall das Leben gekostet. Seitdem misstraute er den Tauchgefährten und vermied sie, wann immer es ging.
    »Sie sind intakt«, antwortete Erik, »und senden immer noch ihre regulären Peilzeichen. Ich habe daraufhin die zweite Schicht geweckt und sie hinuntergeschickt.«
    Lars nickte grimmig. Seit den neuesten Sparmaßnahmen der Gesellschaft gab es nur noch zwei Tauchteams auf jeder Bohrinsel. Da über den Tag verteilt immer wieder Tauchgänge anfielen, konnte so nicht ständig ein Reserveteam bereitstehen. Erik war hier jedenfalls kein Vorwurf zu machen.
    »Es dauerte etwa eine halbe Stunde, bis die beiden Taucher so weit waren.«
    Auch das war eine normale Zeitspanne. Taucher in hundert Metern unter der Wasseroberfläche benötigten einen besonderen Druckschutz. Es dauerte eine Weile, bis man in die speziellen Anzüge geschlüpft war. Und natürlich kostete es auch wertvolle Minuten, bis die Psyche eines Mannes von
Tiefschlaf
auf
Tauchklar!
geschaltet hatte.
    »Mit Hilfe der Peilzeichen haben sie die Schlitten problemlos gefunden, aber von den Männern selbst gab es keine Spur. Ich habe angeordnet, die Kameras an den Schlitten auf Dauerbetrieb zu stellen und die Taucher etwa eine halbe Stunde lang suchen zu lassen. Dann habe ich abbrechen lassen und sie zu dem Schaden geschickt. Was dann kam, ist für mich
völlig
unverständlich, aber vielleicht versteht ihr das als Taucher besser als ich. Wenn ihr mit dem Frühstück fertig seid, könnt ihr euch in der Zentrale die Aufzeichnungen ansehen.«
    »Wir sind so weit«, meinte Sven, dessen Heringsschnitte kaum angerührt war.
    Kein gutes Zeichen,
befand Lars. Sein Kollege war normalerweise ein guter Esser, zu jeder Tages- und Nachtzeit. Das Einzige, was ihn davon abhalten konnte, war eine durchsoffene Nacht. Doch erstens war das schon seit Jahren nicht mehr passiert, und zweitens wusste Lars
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