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Schattenkrieg

Schattenkrieg

Titel: Schattenkrieg
Autoren: Andreas Saumweber
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Funkgerät tun werde und du auf deinem Kahn. Bring ihn in einen der Fjorde, wenn du da draußen nasse Füße bekommst. Die meisten Schiffe in unserem Bereich sind schon wieder eingelaufen, und wer noch draußen ist, fährt auf den Schleichwegen. Also hör in Gottes Namen auf, Gift und Galle zu spucken!#«
    »In Ordnung … aber wenn du dir den Wetterfrosch nicht krallst, der das versaut hat, werde ich es tun, verlass dich darauf.«
    Damit unterbrach er die Verbindung. Sein Zorn hatte sich allerdings etwas beruhigt – die Aussicht, aus diesem Schweinewetter herauszukommen, war sehr verlockend. In Viktors Augen gab es nur wenige Momente, an denen Gott – oder wer auch immer für so was verantwortlich war – den Menschen spüren ließ, dass er nicht für das Meer bestimmt war, doch dies war so einer. Er war heilfroh, dass niemand da draußen in Gefahr war. Zum Glück tendierten viele Kapitäne dazu, sich lieber früher als später auf die Schleichwege zurückzuziehen, wenn ein Sturm aufzog. Kein Wunder, wenn man bedachte, wie viele Seelenverkäufer heute vor der Küste Norwegens unterwegs waren.
    Um sein eigenes Schiff machte sich Viktor allerdings keine Sorgen. Es gab kaum ein Schiff, das so seetüchtig war wie ein Seenotkreuzer – außer einem U-Boot vielleicht, und das zählte nicht –, aber wenn er nun einen der vielen rostigen Frachter oder dünnhäutigen Tanker kommandieren würde, würde er auch lieber hinter dem Inselschutzwall Verstecken spielen, als sich diesen Elementen auszusetzen.
    So aber konnte das Wetter fast noch Spaß machen! Eine kindische Jungenfreude befiel Viktor, während sich sein Schiff durch einen Brecher nach dem anderen fraß. Die Seen, die dabei in die Luft gewirbelt wurden, klatschten hart gegen die Sichtfenster der Brücke, so dass die Scheibenwischer kaum noch mit der Arbeit nachkamen. Der Kampf gegen die Elemente hatte fast schon etwas Heroisches, fand er. Er stauchte seinen Stellvertreter zusammen, als er bemerkte, dass der Angsthase direkten Kurs auf eine Lücke zwischen zwei Inseln gesetzt hatte, um sich auf einen Schleichweg zurückzuziehen. Stattdessen ordnete er an, nach Norden zu kreuzen, um wenigstens noch ein bisschen mehr von diesem Sturm zu erleben. Das war wirklich ein Wetter, das man nicht alle Tage erlebte!
    Er stand auf, weil ihm das ständige Hin- und Hergerutsche auf dem Stuhl auf die Nerven ging. Lieber balancierte er die Höhenund Tiefen des Seegangs in den Knien aus. Auf der Seekarte deutete er für Leif mit dem Finger einen Kurs an, den er einschlagen sollte. In dem ruhigen Gewässer des Fjords konnten sie dann in aller Ruhe das letzte Stück nach Bergen gondeln.
    »Ich mache noch einmal’nen Rundgang!«, meinte Viktor und griff nach seiner Regenjacke.
    Grinsend trat er nach draußen in das Wetter, wohl wissend, dass sich seine Männer hinter seinem Rücken vielsagend an die Stirn tippen würden. Sofort griff der Sturm nach ihm. Viktor hielt sich eng an den Wänden, um nicht vollends von den Böen erfasst und davongeblasen zu werden. Die Temperatur war eisig. Mühsam arbeitete er sich nach vorn zum Bug und war fasziniert davon, dass das meiste Spritzwasser, das der Bug aus den Wellen riss, über seinen Kopf hinweg gegen die Vorderaufbauten und die Brücke des Schiffs schoss.
    »Mensch, alter Wladimir, das hättest du dir nie träumen lassen, dass dein Sohn einmal ein echter Wikinger wird, was?«, rief er laut in den Sturm. Sein Vater stammte aus der russischen Hafenstadt Murmansk und war vor einem halben Jahrhundert über die Grenze nach Norwegen geflohen. Viktor war äußerst stolz darauf, dass er es nur eine Generation später geschafft hatte, einen angesehenen Posten als Schiffskommandant in der Küstenwache zu ergattern. Natürlich war er trotzdem Russe, wenn nicht dem Ausweis, dann zumindest dem Blute nach, doch in diesem Augenblick wusste er, was die alten Norweger dazu gebracht hatte, in diese trostlose Fjordlandschaft zu ziehen und zu Seeleuten zu werden.
    »Käptn!«
    Der Schrei riss Viktor aus seinen Gedanken. Wer wagte es –
    »Käptn, Funkspruch!«
    Seine üble Laune kehrte zurück. Warum verstanden es seine Männer nicht, wenn ein Mann einmal alleine sein wollte? Dieser eine Augenblick im Bug des Seenotkreuzers war so gut gewesen … Wütend stapfte er zurück zu seiner Brücke.
    »Was?«, meinte er, als er zur Tür hereinkam, doch das Wort warmehr Fluch als Frage. »Hätte das nicht noch fünf Minuten Zeit gehabt?«
    Leif hielt ihm wortlos die
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