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Schattenkrieg

Schattenkrieg

Titel: Schattenkrieg
Autoren: Andreas Saumweber
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zufälligerweise ganz genau, dass Sven am Vortag nichts getrunken hatte. Sie waren mit den Kollegen auf der
Odin
im Videoraum gewesen und hatten gemeinsam einen Actionfilm aus der Videothek der Plattform angesehen.
    Sven hatte nicht etwa keinen Hunger, weil er einen Kater hatte. Er hatte
Angst
.
    Sie schwiegen, während sie der Ingenieur in den Kontrollraum brachte. Lars spürte das leichte Schwanken der Bohrplattform nicht mehr, dafür befanden sie sich nun zu tief in der Station. Dafür spürte er umso deutlicher, wie auch in ihm selbst die Nervosität wuchs. Dass ein einzelnes Tauchteam verschwand, war schon oft passiert. Einmal hatte er selbst nach einem solchen Unfall die Leichen bergen müssen, damals noch mit seinem früheren Kollegen Albert, der inzwischen mit einem Hirnschaden in einem Heim für Schwachsinnige lebte. Lars hatte jedoch noch nie davon gehört, dass hintereinander gleich
zwei
Teams verlorengingen. Er hielt es für leichtsinnig, nun noch ein drittes hinunterzuschicken, ohne zusätzliche Vorsichtsmaßnahmen einzuleiten.
    Schließlich erreichten sie die Tauchzentrale. Sie befand sich in einem der untersten Stockwerke, nahe dem Taucherlift und einer Gitter-Anlegestelle für kleinere Motorboote. In einem Nachbarraum befand sich die Druckausgleichskammer, die für Tauchunfälle benötigt wurde.
    Die Zentrale war kleiner als die der
Odin,
ansonsten jedoch genauso aufgebaut. Auf einer Seite befand sich eine Reihe von Bildschirmen über einem großen Kontrollpult. Darunter surrten zahlreiche Rechner leise vor sich hin. Auf der anderen Seite befanden sich große Aktenschränke, in denen vermutlich auch das allerletzte Baudetail der Bohrplattform verzeichnet war. Ein blondes Mädchen und eine dunkelhaarige ältere Frau mit Kopfhörern saßen auf Drehstühlen. Sie nickten ihnen zu, als sie eintraten. Die Ältere nahm den Kopfhörer ab.
    »Irgendetwas Besonderes?«, fragte Erik.
    Sie schüttelte den Kopf, zeigte auf zwei flimmernde Bildschirme. »Wir registrieren immer noch Peilzeichen von drei der vier Schlitten, aber wir bekommen weder Kamerabilder noch Funkkontakt.«
    »Scheiße«, murmelte Sven. Lars nickte.
    »Was ist mit dem vierten Schlitten?«, fragte Erik.
    Die Frau zuckte mit den Schultern.
    »Kannst du die Aufzeichnungen vom letzten Tauchgang abspielen?«
    »Natürlich.«
    Die Frau nahm zwei Videokassetten vom Pult und legte sie in entsprechende Rekorder. Ihre Kollegin drehte sich auf dem Drehstuhl herum und wandte sich ab, als die Monitore aufflackerten – Lars fragte sich, ob aus Horror oder nur, um nicht in ihrer Konzentration gestört zu werden.
    Die beiden Aufnahmen waren völlige Routine. Lars hatte solche Bilder schon Dutzende Male gesehen, wenn er als Reserveschicht einen Tauchgang beobachtet hatte. Die Kamera des Führungstauchers zeigte die monströse Betonsäule, an der sie entlang auf Tiefe gingen, während die des Hintermannes auf den Vordermann gerichtet war. Er trug einen roten Taucheranzug, Flossen in der gleichen Farbe und auf dem Rücken zwei neongelbe Sauerstoffflaschen. Mit den Armen hielt er sich an seinem Tauchschlitten fest, dessen Schraube nur als undeutliches Flackern zu erkennen war. Eine rote Sicherungsleine war an seinem Gürtel befestigt und verschwand nach oben.
    »Hatte die erste Gruppe Sicherungsleinen?«, fragte Sven.
    Die Frau schüttelte den Kopf.
    Die vorbeiziehenden Markierungen an der Säule ließen Lars darauf schließen, dass sich die beiden Taucher nicht beeilt hatten. Man konnte zwar auch schneller, direkter runtergehen, doch das erhöhte die Gefahr eines Tiefenrauschs. Kein Wunder, dass die Kollegen bei einem so gefährlichen Tauchgang kein Risiko eingehen wollten.
    Nicht, dass es ihnen etwas genutzt hätte …
Lars fröstelte.
    Die Lautsprecher gaben ein einzelnes, schnell auf- und abschwellendes Geräusch aus –
wischwischwischwischwisch – ,
das von den Schrauben der Tauchschlitten stammte. Immer wieder war ein fernes, metallenes Ächzen zu hören, das vermutlich mit dem Schwanken der Station zusammenhing.
    Erik ließ vorspulen, bis zu der Stelle, an der die Taucher auf dieTauchschlitten ihrer Vorgänger stießen. Offenbar waren beide noch völlig in Ordnung. Die Kameras waren zum Zeitpunkt des …
Vorfalls …
jedoch abgeschaltet gewesen, so dass es vom ersten Team keine Aufnahmen gab.
    »Die Taucher haben eine halbe Stunde lang herumgesucht«, erklärte Erik, während er erneut auf Schnelldurchlauf schalten ließ, »und nichts gefunden. Wir
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